Ausbildungsreform in der Pflege: zwischen Hoffen und Bangen

„Die Chance sollten wir unbedingt nutzen“

… Kompetenzausweitung der Pflege:

„Wir müssen unsere Versorgungsstrukturen zukünftig viel mehr aufspannen, über die derzeit vor allem krankenhauslastige ­Versorgung hinauskommen. Dazu müssen wir uns neue Versorgungsmodelle ansehen und diese auch umsetzen. Und wir ­müssen die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe darin entsprechend ihren Kompetenzen verankern. Ein wichtiger erster Schritt auf diesem Weg ist mit der Entwicklung des Konzeptes für die Primärversorgung schon passiert, wo der ­ÖGKV in die Entwicklung des Grundkonzeptes eingebunden war. Es ist ein sehr klar strukturiertes Papier herausgekommen, wo für die ­Pflegeberufe jetzt eine Chance auf dem Tisch liegt, die sie ­unbedingt nutzen sollte. Leider zeigt sich jetzt in der nächsten Bearbeitungsphase wieder einmal die standespolitische Un­beweglichkeit seitens der Ärzte. Daher ist die Einbeziehung der Pflege besonders wichtig.“

… fehlende Mosaiksteine:

„Die Pflegeberufe sind bildungswillig und auch bereit, neue ­Aufgaben anzunehmen. Ebenso wird sich die Pflege in den neuen Strukturen zurechtfinden. Es fehlen dafür aber noch einige wesentliche Mosaiksteine. Einer dieser Steine ist, dass man sich nicht nur überlegt, wie wir in den neu entstehenden Versorgungsstrukturen die Kompetenz der Pflege besser nutzen können, sondern dafür auch angemessene Honorierungssysteme schafft. Dazu braucht es eine Bewertung der Pflegeleistungen und jedenfalls eine Bewertung des medizinischen Leistungs­anteils durch die Gesundheits- und Krankenpflege. Ein nächster Punkt ist die Erstellung von bedarfsorientierter Erbringung von Gesundheitsleistungen durch die Pflege. Es gibt eine ganze Reihe von Ländern, wo es selbstverständlich ist, Pflegekompetenz in die Gesundheitsversorgung einzubinden und wo diese ewigen Diskussionen – Wer darf was? Ich bin besser als du! Mein Gesundheitsberuf ist mehr wert als deiner! – nicht mehr geführt werden.“

… eine bessere Bedarfsplanung:

„Im Gegensatz zur Ärzteschaft haben die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe noch immer kein Berufsregister. Ich denke, mit diesem Thema müssen wir uns dringend auseinandersetzen. Für die zukünftigen Bedarfsplanungen müssen wir genau wissen, in welchem Qualifikationslevel wie viel Pflegepersonen zur Verfügung stehen. Das ist für die Planung von essenzieller Bedeutung. Wir hantieren derzeit mit ‚Ungefähr-Zahlen‘. Wenn wir aber zukünftig tatsächlich neue Versorgungssysteme aufspannen wollen und vielleicht auch als Pflege neue Leistungsangebote zur Verfügung stellen, brauchen wir ein Berufsregister, welches die Leistungen auch für die Nutzer transparent macht.“

… den Unterschied zwischen formalem Rahmen und gelebter Praxis:

„Viele der durchaus sinnvollen Vorschläge und guten ­Konzepte, die wir als Gesundheits- und Krankenpflege schon in der Ver­gangenheit immer wieder in den klinischen Alltag eingebracht haben, funktionieren heute in der Praxis ja bereits. Aber das sind alles sehr informelle Wege. Wir brauchen jetzt endlich auch auf der berufs- und gesundheitspolitischen Ebene Lösungen, an denen sich alle Prozessbeteiligten orientieren können.“

 

AutorIn: Ursula Frohner

Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes (ÖGDV)

Foto: ÖGKV


Klinik 05|2015

Herausgeber: MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH
Publikationsdatum: 2015-11-11