Agnieszka Martowicz, PhD
Pathologielabor Dr. Obrist & Dr. Brunhuber, Zams
Das Mammakarzinom manifestiert sich als sehr heterogene Erkrankung mit verschiedenen histologischen Subtypen, welche sich in ihrem Malignitätsgrad und ihrer Therapie stark unterscheiden können.
Neben der rein histologischen WHO-Klassifizierung (invasiv oder in situ, duktal oder lobulär) gibt es eine detailliertere molekulare Unterteilung aufgrund der unterschiedlichen Genexpressionsprofile und Entwicklungsstufen des Epithels in Luminal A (ER+ und/oder PR+ und HER2–), Luminal B (ER+ und/oder PR+ und HER2+), HER2-positiv (ER– und PR– und HER2+), basal-like triple-negativ (ER–, PR–, HER2– und (CK5+ und/oder EGFR+) sowie Claudin-low (ER–, PR–, HER2– und Claudin 3/4/7 niedrig).1–3
Therapeutische Konsequenzen: Luminale Subtypen haben eine starke Expression von Hormonrezeptoren (HR) und lassen sich mit antihormonalen Therapien behandeln. HER2-positive Tumoren profitieren von einer gezielten HER2-Antikörpertherapie. Triple-negative Subtypen des Mammakarzinoms zeigen eine präferenzielle Expression von Genen von undifferenzierten Epithelzellen. Im Vergleich zu den anderen Subtypen mit molekularen Target-Strukturen gibt es bei triple-negativen und Claudin-low-Patientinnen eingeschränkte Behandlungsmöglichkeiten.
Neben der intertumoralen Heterogenität gibt es auch noch weitere Klonalitäten innerhalb des einzelnen Tumors (intratumorale Heterogenität). Das heißt, es gibt mehrere Subpopulationen von Tumorzellen mit unterschiedlichen Spektren von Mutationen, chromosomalen Veränderungen, Wachstumsraten und Metastasierungseigenschaften, die schlussendlich nach Selektionsdruck unter Therapie für das Auftreten von neuen Fernmetastasen verantwortlich sind.4 Folglich muss eine Analyse vom Primärtumor nicht für den gesamten Tumor und seine assoziierten Metastasen repräsentativ sein.5 Beim fortgeschrittenen Mammakarzinom können sich die Metastasen in ihren Eigenschaften und molekularen Profilen oft wesentlich vom Primärtumor unterscheiden. Verstärkt wird diese Heterogenität noch durch die zelluläre Umgebung der Tumorzellen, das sogenannte „Tumor-Mikroenvironment“. Die Bindegewebszellen, Blutgefäße und Immunzellen in der Umgebung, in der die Tumorzellen sich befinden oder metastasieren, können einen unterschiedlichen Einfluss auf die Entwicklung und Progression des Tumors ausüben.6 Durch die immer bessere Charakterisierung der klonalen Struktur und der molekularen Subgruppen des Mammakarzinoms wird es erst möglich, die Brustkrebstherapie zunehmend individueller zu gestalten – mit schlussendlich auch besseren Therapieergebnissen.
Bei HER2 handelt es sich einen Wachstumsfaktor, ein sogenanntes „Proto-Onkogen“, das die Zellteilung antreibt und bei ca. 15 bis 20 % der Patientinnen mit Mammakarzinom verstärkt gebildet wird. Dies erfolgt in den meisten Fällen durch eine Veränderung im Chromosom der Tumorzellen, sodass das dafür kodierende Gen (ERBB2) in mehrfachen Kopien vorliegt. HER2-überexprimierende Tumorzellen können gezielt mit Anti-HER2-Antikörper-Therapien behandelt werden, sobald der HER2-Status in der Patientin bestimmt wurde. Dies erfolgt durch einen sogenannten „Score-Wert“, welcher von 0 (nichts) bis 3+ (hoch) reichen kann. Dieser Score wird mittels „Immunhistochemie“ (IHC) bestimmt, aber auch mit Hilfe von „Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung“ (FISH). Diese molekulare Untersuchung gibt Aufschluss über eine Polysomie vom Chromosom 17, wo das Gen für ERBB2 lokalisiert ist. Für die akkurate Untersuchung verwendet man in der molekularen Pathologie einen diagnostischen Test, der sowohl eine Probe für das Target-Gen ERBB2 als auch für die Zentromerregion (CEP17) beinhaltet. Nach den Empfehlungen der American Society of Clinical Oncology (ASCO) und dem College of American Pathologists (CAP) sollte die ERBB2/CEP17-Signal-Ratio ≥ 2,0 sein (bzw. ≥ 6 ERBB2-Signale/Zellkern), damit man von einer wirklichen HER2-Amplifikation sprechen kann. Die Entscheidung über einen positiven oder negativen HER2-Status sollte immer im Hinblick auf die Resultate beider Analysen, ISH und IHC, erfolgen.7–9
Die Biologie der Tumorerkrankung lässt sich auch mit Genexpressionsanalysen abbilden, woraus sich eine personalisierte Brustkrebstherapie erstellen lässt. Beim Mammakarzinom werden solche Untersuchungen primär im Frühstadium von HR-positiven und HER2-negativen Patientinnen gemacht, um eine Risikoeinschätzung für die nächsten 5 bis 10 Jahre nach Diagnose zu treffen.10 Hierzu werden kommerzielle Tests – wie EndoPredict®, Oncotype DX®, MammaPrint® oder Prosigna® – auf Basis von vorhergehenden Studiendaten angeboten, die sich im Spektrum und in der Anzahl der Biomarker voneinander unterscheiden.
Auf einer gezielten Genexpressionsanalyse von 16 Biomarkern beruht der Oncotype-DX®-Test, der für Patientinnen infrage kommt, deren Tumor HR-positiv und HER2-negativ ist und bei denen kein oder ein geringer Lymphknotenbefall (N0/N1) vorliegt. Aus dem Test-Score kann für die Patientinnen das Risiko errechnet werden, innerhalb der nächsten zehn Jahre nach einer Operation und anschließenden antihormonellen Therapie erneut zu erkranken.
Der Einsatzbereich des EndoPredict®-Tests, der auf einer Genexpressionsanalyse von nur 8 Biomarkern beruht, liegt auch in der Risikoanalyse, das Auftreten von Rezidiven bei HR-positiven und HER2-negativen Patientinnen im Frühstadium der Erkrankung zu berechnen. Hierbei wird ein Risiko-Score errechnet, der auch die Tumorgröße und den Lymphknotenstatus mit einberechnet. Damit ist eine Aussage über das individuelle 10-Jahres-Rezidivrisiko möglich, was den behandelnden Ärzten erlaubt, zu entscheiden, ob eine zusätzliche Chemotherapie sinnvoll ist oder nicht.
Für den Prosigna®-Test wurde eine ursprünglich auf 456 Genen beruhende Expressionsanalyse auf 50 Gene reduziert (PAM50) und schließlich auf die Nanostring-nCounter-Plattform transferiert. Die nCounter-Technologie arbeitet mit spezifischen Hybridisierungssonden, welche die Zielmoleküle einfangen, um sie anhand eines spezifischen, fluoreszierenden Farb-Barcodes einzeln zu zählen. Der Prosigna®-Test errechnet, wie andere PCR-Genexpressionstests auch, einen prognostischen Score für das Fernmetastasierungsrisiko innerhalb von 10 Jahren.
Der MammaPrint®-Test analysiert die Expression von 70 Genen im Tumorgewebe von Patientinnen mit HR-positivem und HER2-negativem Brustkrebs und 1 bis 3 positiven Lymphknoten, die ein hohes klinisches Risiko für ein Rezidiv haben. Mit dem Ergebnis der Genanalyse wird den betroffenen Patientinnen ein niedriges oder hohes Risiko zugewiesen, in den kommenden 5 bzw. 10 Jahren Fernmetastasen zu entwickeln. Zudem hilft er bei Patientinnen mit klinisch hohem Risiko, zwischen dem Pro und Contra für eine adjuvante Chemotherapie zu entscheiden.
Sowohl die Zusammensetzung als auch Anzahl von TILs können einen starken Einfluss auf die Prognose und den Therapieerfolg beim Mammakarzinom haben. Die gezielte Expression von PD-L1 kann zur Unterdrückung einer T-Zell-vermittelten Immunantwort gegen den Tumor beitragen, dadurch die Zellteilung (Ki-67-Positivität) begünstigen und zur verstärkten Metastasierung beitragen.11
Während HR-positive Mammakarzinome regelmäßig keine starken Lymphozyten-Infiltrate aufweisen, zeigen insbesondere HR-negative Subtypen häufig einen proinflammatorischen Phänotyp mit vielen TILs.12, 13 Dadurch eignen sie sich für den gezielten Einsatz von immunonkologischen Therapieansätzen, die auf Immuncheckpoint-Inhibitoren (CI) beruhen, um T-Zellen wieder gegen Tumorzellen zu mobilisieren.13 Immuntherapien, die sich gegen PD-1/PD-L1 richten, rücken deshalb immer mehr in den Fokus von Therapiekonzepten, insbesondere bei Patientinnen mit einem fortgeschrittenen oder metastasierten triple-negativen Mammakarzinom. In dieser Gruppe konnte bei vorhandener PD-L1-Expression ein signifikant höheres Überleben durch die Kombination von Atezolizumab mit Nab-Paclitaxel erzielt werden.14 Im Hinblick auf die ICH-Befundung des PD-L1-Status der Patientinnen spielt die Sensitivität und Spezifität der PD-L1-Färbung eine wichtige Rolle, da anhand der Färbung die Bewertung des PD-L1-Status für die Therapie erfolgt.15 Neben der Validierung der PD-L1-Antikörper und des benutzten Scoring-System für die Befundung sollten auch das entsprechende Tumor-Mikroenvironment in die Analyse einfließen.
Immuncheckpoint-Inhibitoren (CI) können nur im Zusammenspiel mit intra- bzw. peritumoralen Lymphozyten ihre optimale Wirkung entfalten. Vor kurzem konnte eine prognostische und prädiktive Rolle der TILs beim Mammakarzinom mit neoadjuvanter Therapie gezeigt werden.16 Die Studie konnte bei Patientinnen mit triple-negativen und HER2-positiven Mammakarzinomen eindeutig zeigen, dass ein hoher TIL-Spiegel mit verbessertem Ansprechen auf die Therapie und guten Überlebenschancen einhergeht. Eine hohe Anzahl von TILs verbesserte die Wirkung der adjuvanten Chemotherapie in allen molekularen Subtypen – sowohl luminal-HER2-negativ, HER2-positiv als auch triple-negativ. Durch eine weiter Subtypisierung in CD3+-, CD8+- und CD4+-T-Zellen, FoxP3+-regulatorische T-Zellen und CD20+-B-Zellen kombiniert mit der PD-L1-Expression können in Zukunft Mammakarzinome immunologisch noch besser beschrieben werden.16–19 Mittels moderner Multiplex-Methoden können mittlerweile bis zu 7 verschiedene Lymphozyten-Marker auf einem Schnitt durch Immunfluoreszenz dargestellt und durch Algorithmen automatisiert ausgewertet werden (Abb.).
Bei HR-positiven fortgeschrittenen Mammakarzinomen spielt der Phosphatidylinositol-3-Kinase-(PI3K-)Weg der Signalübermittlung eine wichtige Rolle. Bei 20 bis 40 % der Patientinnen können mittels Next-Generation Sequencing (NGS) somatische Mutationen im PIK3CA-Gen nachgewiesen werden, die zu einer permanenten Aktivierung der Kinase führen. Solche Patientinnen zeigen ein signifikant verlängertes progressionsfreies Überleben, wenn sie zusätzlich zum Östrogen-Antagonisten Fulvestrant noch mit dem PI3K-Inhibitor Alpelisib behandelt werden.20 PI3K aktiviert insbesondere die Survival-Kinase AKT, die mittlerweile auch pharmakologisch gehemmt werden kann. Durch Hinzunahme des AKT-Inhibitors Capivasertib bei HR-positiven Patientinnen konnte das progressionsfreie Überleben signifikant verlängert werden.21 Auch bei fortgeschrittenem triple-negativem Mammakarzinom führen AKT-Inhibitoren zu einem verbesserten progressionsfreien Überleben, und behandelte Patientinnen zeigen sogar eine Verlängerung des Gesamtüberlebens.22 Diese Veränderungen waren bei Tumoren mit Alterationen im PIK3CA/AKT1/PTEN-Weg am deutlichsten, sodass eine genauere molekularbiologische Charakterisierung durch NGS immer wichtiger wird. Die meisten NGS-Panel analysieren mittlerweile bei Mammakarzinomen noch PI3K-, AKT1- und PTEN-Mutationen neben den etablierten Biomarkern BRCA1/2, ERBB2, CDK4/6 und ESR1.
Neben den klassischen Antihormon-, Chemo- und Radiotherapien werden in Zukunft immer mehr neue zielgerichtete Therapien und immunonkologische Konzepte in der Behandlung des Mammakarzinoms an Bedeutung gewinnen. Das heißt, die molekulare Pathologie wird zunehmend gefordert, eine tiefreichende Befundung des Mammakarzinoms abzuliefern. Deshalb werden moderne Methoden – wie Exom-, Methylom- und Transkriptom-Analysen von Tumoren oder Multiplex-Antikörper-Analysen des entsprechenden Tumor-Mikroenvironments – für die Stratifizierung von Patientinnen und personalisierte Therapieentscheidungen immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Referenzen: (1) Updated 2019 WHO classification of tumors of the breast (https://www.pathologyoutlines.com/topic/breastmalignantwhoclassification.html) (2) Sorlie T et al., Proc Natl Acad Sci USA 2001; 98(19):10869–74 (3) Perou CM. et al., Nature 2000; 406(6797):747–52 (4) Saha A et al., Breast Cancer Res Treat 2018; 172(1):123–32 (5) Ellsworth RE et al., Semin Cell Dev Biol 2017; 64:65–72 (6) Cajal SR et al., J Mol Med (Berl) 2020; 98(2):161–77 (7) Bempt IV et al., JCO 2008; 26(30):4869–74 (8) Wolff AC et al., JCO 2018; 36(20):2105–22 (9) Halilovic A et al., Sci Rep 2019; 9:11679 (10) www.breastcancer.org (11) Ren X et al., Cancer Biol Ther 2018; 19:373–80 (12) Gonzalez-Ericsson P et al., J Pathol 2020; 250(5):667–84 (13) Kwa JM et al., Cancer 2018; 124(10):2086–103 (14) Atezolizumab Combo Approved for PD-L1-positive TNBC. Cancer Discov 2019; 9(5):OF2 (15) Patel SP, Kurzrock R. Mol Cancer Ther 2015; 14(4):847–56 (16) Denkert C et al., Lancet Oncol 2018; 19(1):40–50 (17) Dieci MV et al., Semin Cancer Biol 2018; 52(Pt 2):16–25 (18) Arias-Pulido H et al., Breast Cancer Res Treat 2018; 171(2):273–82 (19) Pulsawatdi AV et al., Mol Oncol 2020; 14(10):2384–402 (20) André F et al., NEJM 2019; 380(20):1929–40 (21) Jones RH et al., Lancet Oncol 2020; 21(3):345–57 (22) Schmid P et al., JCO2020; 38(5):423–33