Lungenkrebs: die zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern und Frauen

Die Entwicklung von Lungenkrebs in Österreich erwies sich im vergangenen Jahrzehnt für Frauen als äußerst ungünstig: Bei ihnen stiegen sowohl die altersstandardisierte Inzidenz- als auch die Mortalitätsrate, während die entsprechenden Werte bei Männern deutlich sanken. Nun zeichnet sich bei Frauen jedoch eine Stabilisierung der Neuerkrankungen ab.

Lungenkrebs (bösartige Neubildungen der Luftröhre, Bronchien und Lunge, ICD-10: C33–C34) ist nach wie vor eine der häufigsten malignen Erkrankungen in Österreich und steht mit knapp 5.000 Neuerkrankungen pro Jahr, hinter Prostata- bzw. Brustkrebs, an zweiter Stelle bei beiden Geschlechtern. Im Jahr 2020 erkrankten insgesamt 2.011 Frauen und 2.788 Männer daran. Mit etwa jedem fünften Krebssterbefall (21 %) nahm Lungenkrebs bei Männern den ersten Rang unter den krebsbedingten Todesursachen ein, bei Frauen stand er nach Brustkrebs an zweiter Stelle (17 %). Im Jahr 2020 verstarben insgesamt 4.074 Menschen an Lungenkrebs, davon 2.412 männliche und 1.635 weibliche Patient:innen.

Starker Inzidenzanstieg bei Frauen stagniert

Die Entwicklung des Lungenkarzinoms zeigte im vergangenen Jahrzehnt einen äußerst ungünstigen Trend bei Frauen: Bei ihnen stiegen sowohl die altersstandardisierte Neuerkrankungs- als auch die Sterberate (von 37 im Jahr 2010 auf 41 im Jahr 2020 bzw. von 29 auf 33 je 100.000 Frauen), während die entsprechenden Werte bei Männern deutlich sanken. Nun zeigt sich jedoch ein positives Signal: Nachdem das Erkrankungsrisiko in den vergangenen Jahren bei Frauen stark zugenommen hat, zeigt sich seit dem Jahr 2016 eine relative Stabilisierung.

Überlebenswahrscheinlichkeit steigt

Dank neuer innovativer Therapieoptionen und verbesserter diagnostischer Möglichkeiten stiegen die relativen Überlebensraten vom Diagnosezeitraum 2003–2007 zum Zeitraum 2018–2020 von 44 auf 55 % (1-Jahres-Überleben) bzw. von 22 auf 33 % (3-Jahres-Überleben). Auch hier zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen wiesen ein höheres 3-Jahres-Überleben auf als Männer (38 vs. 30 %).
Bei über der Hälfte aller Neuerkrankungen erfolgte die Diagnosestellung erst, nachdem der Tumor die Organgrenzen durchbrochen hatte (20 % regionalisiertes und 33 % disseminiertes Tumorstadium). Da ein fortgeschrittenes Tumorstadium mit einer schlechteren Prognose verbunden ist, unterstreicht dies erneut die Wichtigkeit einer frühzeitigen Diagnostik, um das Outcome für die Patient:innen nachhaltig zu verbessern. Aktuell gibt es jedoch in Österreich noch kein etabliertes Screening-Programm zur Früherkennung von Lungenkrebs. Bei der Interpretation von Überlebenswahrscheinlichkeiten im Zusammenhang mit Screening ist jedoch zu bedenken, dass durch die vorgezogene Diagnose längere Überlebensdauern entstehen, auch wenn es zu keiner Verschiebung des Todeszeitpunktes kommt („lead time bias“). Nur durch Auswertungen zum Alter bei Diagnose und Alter bei Tod und in Zusammenschau mit den Ergebnissen der Todesursachenstatistik lässt sich ein Effekt sinnvoll interpretieren.

Trends und Prognosen bis 2030

Bereits in der Vergangenheit zeigte die Entwicklung der bösartigen Neubildungen der Lunge markante geschlechtsspezifische Unterschiede, die sich auch künftig fortsetzen bzw. verstärken werden. Für beide Geschlechter zusammen zeigen die altersstandardisierten Raten der Inzidenz und Mortalität in Vergangenheit und Zukunft eine relative Konstanz. Bei Männern ist der Trend allerdings stark sinkend, während bei Frauen infolge geänderter Lebensweisen, insbesondere durch eine starke Zunahme der Rauchgewohnheiten, ein Anstieg zu verzeichnen ist. Setzen sich diese Trends fort, so werden sich die Erkrankungsraten bis 2030 nahezu angleichen und es werden im Jahr 2030 mehr Frauen als Männer die Diagnose Lungenkrebs erhalten. Bei der Mortalität zeigt sich in der Prognose ein vergleichbares Bild.
Beim Vergleich der Ergebnisse der Trendvariante der Prognose mit der konstanten Variante, die nur die demografischen Veränderungen, aber nicht die vergangenen Trends der Risikoentwicklung berücksichtigt, zeigt sich ebenfalls ein sehr starker Unterschied zwischen den Geschlechtern. Während bei Männern niedrigere Erkrankungszahlen prognostiziert werden, als durch reine Veränderung der Bevölkerung (Zunahme und Alterung) zu erwarten wären (3.000 vs. 3.800 Neuerkrankungen im Jahr 2030), liegt die Zahl der prognostizierten Neuerkrankungen bei Frauen deutlich über den aufgrund der demografischen Entwicklung erwarteten Werten (3.200 vs. 1.900 Neuerkrankungen im Jahr 2030). Um dieses Szenario nicht Realität werden zu lassen, ist eine Änderung im Risikoverhalten bei Frauen, besonders die Rauchgewohnheiten betreffend, dringend nötig. Die Neuerkrankungszahlen der letzten Jahre zeigen Hinweise auf eine Trendänderung, die allerdings vorsichtig interpretiert und sorgfältig beobachtet werden muss.