Immuntherapien mit Checkpoint-Inhibitoren (CPI) sowie Kombinationen von CPI mit Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) haben sich mittlerweile als Standardtherapie in der Erstlinie etabliert. Die Individualisierung der Therapie bleibt eine Herausforderung.
Wie in Abbildung 1 dargestellt, ist die Immun-Kombinationstherapie in der Erstlinie die Standardtherapie beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC).1 Für Patienten mit günstigem IMDC-Risiko2 ist die CPI-TKI-Kombination Pembrolizumab mit Axitinib die Therapie der Wahl; bei Patienten mit intermediärem oder ungünstigem Risiko gibt es 2 mögliche Standardtherapien: einerseits eine duale CPI-Kombination mit Nivolumab + Ipilimumab, andererseits Pembrolizumab + Axitinib. Eine TKI-Monotherapie sollte nur mehr zur Anwendung kommen, wenn es aus klinischen Gründen nicht möglich oder sinnvoll ist, eine Immun-Kombinationstherapie zu geben.
ASCO 2020: Ein Update der Studie KEYNOTE- 426 vom ASCO 20203 bestätigte anhaltend die Überlegenheit von Pembrolizumab + Axitinib (PA) versus Sunitinib. Eine Subgruppenanalyse der Patienten mit günstigem IMDC-Risiko weicht insofern von den Ergebnissen der ersten Interimsanalyse ab, als der Überlebensbenefit gegenüber Sunitinib statistisch nicht mehr signifikant war. Jedoch kam es im längeren Follow-up zu einem Anstieg der Komplettremissionen auf 11 % in dieser Subgruppe, sodass auch hier PA unbedingt empfohlen werden muss.
ESMO 2020: Große Neuigkeiten zur Erstlinientherapie des mRCC wurden auch am ESMO 2020 berichtet. Die Kombination aus Nivolumab + Cabozantinib4 (NC) zeigte sich nach einem medianen Follow-up von 18 Monaten in der randomisierten Phase-III-Studie CheckMate 9ER in Bezug auf das PFS (Abb. 2), die ORR und das OS (Abb. 3) Sunitinib klar überlegen. In diese Studie wurden Patienten aller IMDC-Risikoscores eingeschlossen. Die Remissionsraten betrugen im NC-Arm 55,7 % versus 27,1 % im Sunitinib-Arm (p = 0,0001); die CR-Rate lag bei 8 %. Bemerkenswert ist auch, dass in dieser Studie eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität durch NC versus Sunitinib festgestellt werden konnte. Somit wird diese Kombination als dritte Standardtherapie in die Therapierichtlinien einziehen.
Zahlreiche Forschungsgruppen untersuchen derzeit prädiktive Faktoren, um die Wahl in der Erstlinie zu erleichtern. Analysen zu Gen-Signaturen5, 6 sollen künftig helfen, die Auswahl zwischen einer dualen CPI-Therapie und einer CPI-TKI-Kombination zu treffen. Derzeit sind solche Verfahren aber noch nicht im klinischen Alltag etabliert und die Ergebnisse auch noch nicht eindeutig.
Eine weitere Frage, die Kliniker beschäftigt, ist, ob immer eine Kombinationstherapie zur Anwendung kommen muss oder ob man vielleicht mit einer Monotherapie beginnen und diese nur bei unzureichendem Ansprechen mit einer Kombination ergänzen könnte. Dies betrifft in erster Linie die Frage, ob Nivolumab immer vorab mit Ipilimumab kombiniert werden muss oder ob vielleicht das leichter verträgliche Nivolumab zunächst als Monotherapie begonnen werden kann. Am ASCO wurden hierzu zwei interessante Studien präsentiert. In der OMNIVORE-Studie7 von McKay und Kollegen konnte bei 14 % der Patienten, die unter Nivolumab-Monotherapie keine objektive Remission erreicht hatten, noch eine Remission herbeigeführt werden; allerdings erreichte keiner eine Komplettremission. In der HCRN GU16-260-Studie von Atkins et al.8 waren es 13,3 %, bei denen noch durch Zugabe von Ipilimumab eine Remission erreicht werden konnte, auch hier ohne Komplettremissionen. Insgesamt sollte demnach unbedingt, wenn die Therapiewahl auf duale CPI fällt, von Beginn an eine duale CPI mit Nivolumab und Ipilimumab erfolgen. Mit einem Ipilimumab-Salvage-Konzept, wie in diesen beiden Studien untersucht, liegt die Remissionsrate und vor allem auch die Komplettremissionsrate deutlich unter den Ergebnissen der Zulassungsstudie, wo Nivolumab + Ipilimumab upfront gegeben wurde.
Das Armamentarium an Erstlinientherapien des mRCC ist nun um eine dritte, hochaktive Therapiestrategie mittels CPI-TKI-Kombination reicher. Mit Spannung werden die Daten der nächsten CPI-TKI-Studien erwartet, wo der FGF-VEGF-Inhibitor Lenvatinib in Kombination mit Pembrolizumab untersucht wird. Wenngleich es noch keinen verlässlichen prädiktiven Marker zur Therapiewahl gibt, können klinische und biologische Faktoren den Weg zur richtigen Strategiewahl weisen. Patienten sollten daher primär in Zentren mit hoher Fallzahl behandelt werden.
Referenzen: (1) Escudier B, Porta C, Schmidinger M et al., Ann Oncol 2019; 30(5):706–20. Update published: 07 February 2020. ESMO Guidelines Committee (2) Heng DY et al., Lancet Oncol 2013 (3) Plimack ER, ASCO 2020; Abstract 5001 (4) Choueiri TK et al., ESMO 2020; Abstract 696 (5) Meylan M et al., ESMO 2020; Abstract 700 (6) McDermott D et al., Nat Med 2018; 24(6):749–57 (7) McKay R et al., ASCO 2020; Abstract 5005 (8) Atkins MB et al., ASCO 2020; Abstract 5006