Akuter Schlaganfall: Hinsichtlich der systemischen Thrombolyse hat der 3. Internationale Stroke-Trial (IST-3) gezeigt, dass die intravenöse Verabreichung von rekombinantem Gewebe-Plasminogen-Aktivator (rt-PA) sogar innerhalb eines Zeitraums von bis zu 6 Stunden nach einem akuten Schlaganfall eine gewisse Verbesserung der funktionellen Wiederherstellung bewirken kann. Der primäre Endpunkt der Studie an 3.035 PatientInnen, der auf den Nachweis einer statistisch signifikanten Erhöhung des Anteils von PatientInnen mit einem Oxford-Handicap-Score von 0–2 bei intravenöser Lysetherapie abzielte, konnte allerdings nicht erreicht werden. Zwischen PatientInnen mit und ohne rt-PA-Behandlung fand sich auch kein Unterschied im Hinblick auf die Mortalität. Allerdings wurden nur solche PatientInnen in die Studie aufgenommen, bei denen keine absolute Indikation für eine intravenöse Lysetherapie gegeben war. Es wurden also jene PatientInnen nicht berücksichtigt, bei denen auf Grund früherer Studien die Wirksamkeit der Thrombolyse als belegt gilt. Dadurch konnte IST-3 auch zeigen, dass PatientInnen über 80 Jahren genauso von der Thrombolysebehandlung profitierten wie jüngere. Eine der StudienleiterInnen, Prof. Joanna Wardlaw, wird bei der ÖGSF-Tagung über IST-3 berichten.
Die Limitationen der Wirksamkeit und des Zeitfensters der systemischen Lysetherapie geben Anlass für weitere Untersuchungen zur Identifikation von PatientInnen, die auch nach einem längeren Zeitintervall noch von einer Wiederherstellung der Perfusion profitieren können. In dieser Hinsicht unterstützen die aktuellen Ergebnisse von DEFUSE 2 das Mismatch-Konzept als Auswahlkriterium. Die Studie untersuchte 138 PatientInnen, bei denen innerhalb von 12 Stunden nach dem Auftreten eines akuten Schlaganfalls eine endovaskuläre Behandlung zur Wiederherstellung der zerebralen Durchblutung vorgesehen war. Mittels eines automatisierten Bildanalysesystems wurde das Ausmaß des Missverhältnisses zwischen Perfusionsdefizit und morphologisch bereits erkennbarer Schädigung des Gehirngewebes anhand diffusionsgewichteter Aufnahmen errechnet und 2 Gruppen gebildet, eine mit und eine ohne Diffusions/Perfusions-Mismatch. In der Gruppe der PatientInnen mit einem fassbaren Mismatch – mit einem über die morphologische Schädigung deutlich hinausgehenden Perfusionsdefizit – war die Rekanalisation mit einer fast 9-mal höheren Wahrscheinlichkeit einer guten Wiederherstellung (Rankin-Skala-Score 0–2 nach 90 Tagen) verbunden. Demgegenüber führte die Rekanalisation bei PatientInnen ohne Mismatch zu keiner wesentlichen Beeinflussung des Behandlungsergebnisses. Diese Daten liefern damit weitere Argumente für eine kontrollierte Untersuchung zur endovaskulären Behandlung akuter Schlaganfälle basierend auf dem Mismatch-Konzept.
Die Durchführung randomisierter Studien in Bezug auf die Vor- und Nachteile der endovaskulären Behandlung des akuten Schlaganfalls gegenüber der intravenösen Lysetherapie stößt nach wie vor an die Grenzen der Durchführbarkeit. So beziehen sich bisherige Studien vor allem auf den Vergleich unterschiedlicher Techniken. Erst kürzlich konnte etwa berichtet werden, dass das Solitaire™-Flow-Restoration-System dem Merci Retriever in Hinblick auf Wiedereröffnungsraten und Sicherheit überlegen ist und damit wohl den neuen Standard für die Thrombektomie darstellt.
Sifap-Studie: In Bezug auf den Schlaganfall in jüngerem Lebensalter sind interessante neue Daten aus der Sifap-Studie (Stroke in young fabry patients) zu erwarten. In diese europäische, multizentrische Untersuchung wurden 5024 PatientInnen zwischen 18 und 55 Jahren mit der klinischen Diagnose eines ischämischen (67,6 %) oder eines hämorrhagischen Schlaganfalls (5,4 %), einer TIA (21,3 %) oder einer anderen zerebrovaskulären Erkrankung (5,7%) eingeschlossen. Eine definitive Fabry-Erkrankung lag nur bei 28 (0,6 %) der PatientInnen vor, bei 17 wurde eine mögliche Fabry-Erkrankung diagnostiziert. In fast 10 % der Fälle war hingegen eine Dissektion Ursache des zerebrovaskulären Ereignisses. Auffällig war auch die hohe Rate an vaskulären Risikofaktoren wie arterielle Hypertonie bei 47 %, Diabetes mellitus bei 10 % und Hyperlipidämie bei 34 % der Betroffenen, wobei Männer diese Risikofaktoren in noch höherem Maße aufwiesen. Auffällig war auch die Zahl alter vaskulärer Läsionen in der MRT, selbst in der Gruppe von PatientInnen ohne vorhergehendes vaskuläres Ereignis, die also klinisch stumm oder zumindest unerkannt abgelaufen sind. In 33 % der Fälle blieb die letztendliche Ursache des Schlaganfalls auch ungeklärt. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Vermeidung vaskulärer Risikofaktoren ein Hauptanliegen auch in der jüngeren Bevölkerung sein muss, um die Schlaganfallhäufigkeit einzudämmen. Sie sollten zu mehr Aufmerksamkeit gegenüber möglichen Schlaganfallsymptomen auch bei jüngeren Menschen Anlass geben und zeigen die Notwendigkeit, weiter nach möglichen Ursachen in jungen Jahren zu forschen und diese rechtzeitig zu detektieren. Einige Ansätze in diese Richtung werden auch bei der kommenden Jahrestagung der ÖGSF in Graz vorgestellt werden.