Die Zeit ist trotz – oder wegen – aller Schwierigkeiten, Wirrnisse, persönlicher und beruflicher Betroffenheiten durch die anhaltende Pandemie seit der letzten Ausgabe von neurologisch rasant vergangen. Ich hoffe, dass Ihnen das Bemühen um die Balance zwischen weitgehender Normalität und (in jeglicher Hinsicht) erzwungener Supra-Normalität bestmöglich und schadlos gelungen ist!
Die Pandemie hat uns auch nahezu ausschließlich in eine virtuelle Welt der Vermittlung von Informationen und edukativen Inhalten zu neurologischen Themen gezwungen – ungeachtet des stärker werdenden Bedürfnisses nach physischen Treffen. Daher freue ich mich, Ihnen zumindest das haptische Erlebnis einer neuen Ausgabe von neurologisch eröffnen zu dürfen!
Wie zuletzt angekündigt, folgt nun der zweite Teil zum Schwerpunktthema „Neurologische Notfälle“. An dieser Stelle möchte ich noch einmal den drei Editoren Dr. Elmar Höfner, Prim. Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Peter Lackner und Dr. Peter Sommer für die Zusammenstellung der ausgezeichneten, höchst aktuellen Beiträge namhafter Expert*innen danken. Der Schwerpunkt zu „neurologischen Notfällen“ wird in dieser Ausgabe durch Übersichten zu folgenden neurologischen und verwandten akuten Erkrankungen abgerundet: Priv.-Doz. Dr. Iris Unterberger, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung, zeigt gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. Julia Höfler, wie unerlässlich die sofortige Akutversorgung des vital bedrohlichen Status epilepticus und jeglichen suspekten epileptischen Anfalls hinsichtlich Differenzialdiagnose ist, insbesondere Identifikation zugrundeliegender Pathologien symptomatischer epileptischer Anfälle, unmittelbar weiterführender Diagnostik und natürlich des Algorithmus der stufenweisen Akuttherapie. Schwindel und Kopfschmerzen zählen zu den mit Abstand häufigsten Symptomen, mit denen Patient*innen in neurologischen, aber auch internistischen Notfallambulanzen sowie neurologischen, aber auch allgemeinmedizinischen Ordinationen vorstellig werden. Priv.-Doz. Dr. Béla Büki und Univ.-Prof. Dr. Gerald Wiest ist es dankenswerterweise gelungen, das vielfach enigmatische Symptom „akuter Schwindel“ in höchst alltagsrelevanter und anschaulicher Weise zu erklären und eine klare Differenzierung der klinischen Erscheinungsformen anhand pathophysiologischer Grundlagen, differenzialdiagnostischer Merkmale und des Einsatzes spezifischer Untersuchungsmethoden vorzunehmen.
Dem Themenschwerpunkt entsprechend, beschreiben Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Karin Zebenholzer, Präsidentin der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft, und OÄ Dr. Sonja-Maria Tesar sekundäre Kopfschmerzen als Symptomatik akutneurologischer Erkrankungen und erläutern praxisrelevant anamnestische und klinisch-neurologische Indikatoren für die potenziell vital bedrohliche Akuität plötzlich aufgetretener Kopfschmerzen.
Priv.-Doz. Dr. Hannes Alber, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin und Kardiologie des Klinikums Klagenfurt am Wörthersee, beschäftigt sich in seinem Beitrag mit kardiologischen Ursachen von plötzlichem Bewusstseinsverlusten, insbesondere Synkopen. In einem tatsächlich interdisziplinären Artikel erklären Dr. Christian Neuhauser und seine Kolleg*innen von der Klinik für Orthopädie und Traumatologie der Klinik Floridsdorf in Wien sowie Dr. Julia Wolfram und Prim. Univ.-Doz. Dr. Mag. Christian Bach den akuten Nacken- und Rückenschmerz mit seinen spezifischen Symptomen, aber auch „red flags“.
In der Rubrik „Neurologie in Österreich“ finden Sie, zum Schwerpunktthema „Neurologische Notfälle“ sehr gut passend, den Bericht zu einer Studie aus Graz, die den präinterventionellen leptomeningealen Kollateralstatus bei Patient*innen mit einem Großgefäßverschluss in der vorderen Zirkulation anhand des zugrundeliegenden Schlaganfallmechanismus untersucht hat, um herauszufinden, wie sich dies auf die postinterventionelle klinische Prognose auswirkt. Ein weiterer Artikel fasst die vielbeachteten Ergebnisse einer randomisierten, placebokontrollierten und doppelblinden Innsbrucker Studie zur Wirksamkeit eines synthetischen Cannabinoids auf beeinträchtigende nichtmotorische Symptome bei Parkinson-Patient*innen zusammen.
Die „Kongress-Highlights“ verdeutlichen sehr erfreulich die internationale Präsenz junger österreichischer Forscher*innen und die gebührende Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten. Dementsprechend wurde diesen ausgezeichneten wissenschaftlichen Kongressbeiträgen (und nachfolgenden Publikationen) in dieser Ausgabe von neurologisch mehr Präsentationsraum geboten. Machen Sie sich selbst ein Bild über die Vielfalt der ausgezeichneten wissenschaftlichen Aktivitäten in Österreich!
Aktuelle und praxisrelevante Informationen bieten zudem die interessanten Beiträge aus den einzelnen Arbeitsgruppen zu speziellen neurologischen Erkrankungen.
Abschließend möchte ich Ihnen auch noch einen Bericht zur „Woche der Neurologie“ in der ORF-Sendung „Willkommen Österreich“ vom 27.–31. 10. 2020 nahelegen. Ein strategischer Schwerpunkt der ÖGN liegt in der Steigerung der öffentlichen Awareness zur Neurologie. Diese „neurologische Mini-Serie“ im ORF war ein erster erfolgreicher Schritt, weil jeder dieser vier Tage eine beachtliche Reichweite von bis zu 250.000 Zuschauer*innen hatte. Den Studiogäst*innen, Univ.-Doz. Dr. Julia Ferrari, Univ.-Prof. Dr. Karin Zebenholzer und Univ.-Doz. Dr. Christian Eggers möchte ich namens der ÖGN herzlich danken – nicht nur für ihre Bereitschaft, sich zu nachtschlafener Zeit ins ORF-Studio zu begeben, sondern auch für ihre ausgezeichneten Stellungnahmen!
Aus gegebenem Anlass wünsche ich Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, und Ihren Familien, Freund*innen und sonst Liebgewonnenen eine zur Besinnung anregende Weihnachtszeit und ein ruhiges und geruhsames Weihnachtsfest! Obwohl wir im heurigen Jahr oft dazu geneigt waren, das Jahr 2020 als „zum Vergessen“ zu attributieren, wird es gut sein, dieses Jahr 2020 im Jahr 2021 und danach nicht dem Vergessen zu überlassen.
Herzliche Grüße,
Ihr Thomas Berger