In der Juli-Ausgabe des Journals „Cephalalgia“ wurde eine Studie der Kopfschmerzgruppe der Universitätsklink für Kinder- und Jugendpsychiatrie Wien zum Zusammenhang zwischen Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Migräne bei Kindern und Jugendlichen publiziert1 und vom Herausgeber als „Editor’s Choice“ hervorgehoben.
Hintergrund: Die Prävalenz des RLS in der Allgemeinbevölkerung liegt zwischen 5 und 15 %. Das RLS ist durch Missempfindungen an den unteren (und oberen) Extremitäten gekennzeichnet, die bevorzugt in der 2. Tageshälfte auftreten und sich bei Bewegung bessern. Studien an Erwachsenen mit Migräne haben eine 2–3-fach erhöhte Prävalenz des RLS in dieser PatientInnengruppe gezeigt2–4. Man nimmt Störungen im Eisen- und Dopaminstoffwechsel als gemeinsame pathophysiologische Endstrecke der beiden Erkrankungen an. Bis dato existierten keine Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne zu diesem Thema.
Methodik: In der vorliegenden Arbeit wurden an der Kopfschmerzambulanz der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie (Wien) 111 MigränepatientInnen und an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde (Wien) 73 gesunde Kontrollen ohne Kopfschmerzanamnese untersucht. Mittels eigens für diese Altersgruppe modifiziertem RLS-Fragebogen wurde das Vorliegen spezifischer RLS-Symptome erhoben und sogenannte „RLS-Mimics“, d. h. Beschwerden wie Beinkrämpfe oder Wachstumsschmerzen ausgeschlossen. Das Ausmaß der Tagesschläfrigkeit wurde anhand der Epworth Sleepiness Scale (ESS) quantifiziert. Weitere 108 kopfschmerzfreie Kontrollen füllten eine Online-Version des RLS-Fragebogens aus.
Ergebnisse: Die PatientInnen und Kontrollen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der Alters- und Geschlechtsverteilung (Abb.). Die Prävalenz des RLS lag bei den MigränepatientInnen signifikant höher als in den beiden Kontrollgruppen (22 % vs. 5 % vs. 8 %, p < 0,001; Abb.). Auch nach Kontrolle für Alter, Geschlecht, RLS-Familienanamnese und ESS blieb diese Signifikanz erhalten (p < 0,001; Odds Ratio 5,3).
MigränepatientInnen und Kontrollen unterschieden sich hinsichtlich des ESS als Maß für die Tagesschläfrigkeit nicht signifi-kant voneinander (5,8 ± 3,7 vs. 5,6 ± 5,1, p = 0,4).
Diskussion: Dies ist die erste Arbeit, in der bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne eine erhöhte RLS-Prävalenz gezeigt wurde. Dieses Ergebnis birgt eine große klinische Relevanz, da das RLS zu Schlafstörungen führen kann und eine verminderte Qualität des Nachtschlafs die Migräne hinsichtlich ihrer Attackenstärke und -frequenz negativ beeinflusst. Somit ist es empfehlenswert, bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne eine gezielte Schlafanamnese durchzuführen und bei begründetem klinischem Verdacht eine adäquate Therapie des RLS einzuleiten. Hierzu zählen in erster Linie schlafhygienische Maßnahmen wie das Vermeiden von großen Mahlzeiten, Fernsehen und PC-Spielen vor dem Schlafengehen sowie die Einhaltung eines ausreichend langen Nachtschlafes und erst bei fehlendem klinischem Ansprechen pharmakologische Interventionen.