In einer Fallkontrollstudie2 an 245 MS-Patientinnen und 296 populationsbasierten Kontrollen fanden NeurologInnen der Charité in Berlin anhand eines standardisierten Fragebogens heraus, dass Stillen im Vergleich zu Nicht-Stillen einen protektiven Effekt auf das spätere Auftreten einer Multiplen Sklerose hat (Odds Ratio 0,58). Insbesondere scheint längerfristiges Stillen von mehr als 4 Monaten einen positiven Effekt zu haben (OR 0,51).
Kommentar: Daraus ergeben sich erste Hinweise darauf, dass Stillen im Sinne eines Umweltfaktors einen protektiven Effekt auf das spätere Auftreten einer MS haben könnte. Bei anderen Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn, Typ-1-Diabetes oder Asthma ist dies bereits bekannt. Damit scheint Stillen nicht nur bei MS-erkrankten Müttern vor dem Auftreten von Schüben zu schützen, sondern auch bei Neugeborenen einen längerfristigen protektiven Effekt vor dem Auftreten von Autoimmunerkrankungen zu haben. Allerdings ist zu beachten, dass es sich hierbei um eine Fallkontrollstudie mit einer relativ kleinen Studienpopulation handelt, sodass dieser Effekt möglicherweise auch überschätzt werden könnte.
In einer großen internationalen Studie3, an der 36 MS-Zentren in 15 verschiedenen Ländern sowohl auf der nördlichen als auch auf der südlichen Hemisphäre teilnahmen, wurden die Daten von 11.415 MS-PatientInnen untersucht. Dabei zeigte sich einerseits die bekannte jahreszeitliche Fluktuation mit mehr PatientInnen mit MS, die im Frühjahr geboren wurden und einer verminderten Anzahl von „MS-Geburten“ im Herbst. Andererseits konnte die initiale Hypothese, dass dies mit einer jahreszeitlichen Fluktuation der UV-Licht-Einstrahlung zusammenhängt, nicht gestützt werden. Es wurde geschlussfolgert, dass die MS-Prävalenz von einem Zusammenspiel zwischen Sonnenlicht, Verhaltensfaktoren, anderen Umwelt- und genetischen Faktoren abhängt.
Von zwei iranischen ForscherInnen wurde die Hypothese untersucht4, dass die Prävalenz von MS mit geomagnetischen Störungen zu tun haben könnte. Entsprechend ihrer Hypothese liegen die größten geomagnetischen Störungen in der Nähe des 60. Breiten-grades. Anhand einer Metaanalyse von 111 Studien errechneten sie, dass auf beiden Hemisphären ein Gradient der MS-Prävalenz ausgehend vom 60. Breitengrad besteht.
Laut ihren Schlussfolgerungen könnte es sich anhand dieser präliminären Daten bei geomagnetischen Störungen um den seit Längerem gesuchten „mysteriösen“ Umweltfaktor bei der MS handeln.
Kommentar: Bei den Studien handelt es sich um weitere kleine Steinchen im lange noch nicht vollständigen Mosaik der Umweltfaktoren bei der MS.