Psychosen sind als eine häufige Manifestation neurodegenerativer Erkrankungen und als zentrale Erscheinungen von Demenz bekannt, die meist den klinischen Verlauf verschlechtern. Sie umfassen Halluzinationen, illusionäre Verkennungen, aggressives Verhalten, Apathie und andere psychotische Phänomene, die in einem weiten Bereich degenerativer Prozesse einschließlich M. Alzheimer, Synukleinopathien (M. Parkinson, Demenz mit Lewy-Körpern), Chorea Huntington, frontotemporaler Degenerationen, Motoneuronen- und Prionenerkrankungen auftreten.
Pathophysiologisches Verständnis: Viele dieser psychotischen Symptome sind früher Ausdruck kognitiver Beeinträchtigung, doch besteht oft eine Dissoziation zwischen psychotischen Verhaltensstörungen und der eher linearen Abnahme kognitiver Funktionen. Spezifische neuropathologische Veränderungen scheinen für ihre Erklärung nicht ausreichend, und eine große Gruppe heterogener Faktoren (Umwelteinflüsse, neurochemische Veränderungen, genetische Faktoren u. a.) dürften ihre Pathogenese beeinflussen.
Die klinisch-pathologische Evaluierung von Verhaltens- und psychotischen Symptomen im Rahmen neurodegenerativer und dementiver Erkrankungen ist eine bedeutende Herausforderung für die modernen Neurowissenschaften. Erkennung und Verständnis dieser Manifestationen könnten zur Entwicklung wirksamerer Vorbeugung und therapeutischer Optionen beitragen, die zu einer Verzögerung der langfristigen Progression dieser verheerenden Erkrankungen und zu einer Verbesserung der Lebensqualität der PatientInnen führen könnten. Ein besseres Verständnis der Pathophysiologie sowie zur Entwicklung psychotischer Symptome bei neurodegenerativen Erkrankungen führender pathologischer Veränderungen könnten wichtige Einblicke in psychotische Prozesse im Allgemeinen gestatten.
Cerebral correlates of psychotic syndromes in neurodegenerative diseases.
Autor: Jellinger KA
Erschienen: J Cell Mol Med 2012; 16(5):995–1012