Ärzt:innen als Unternehmer:innen – Ordinationsgründung und -übernahme

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Abgesehen von unternehmerischem Geschick, Zeit und Geld ist die Gründung oder Übernahme einer Ordination mit einer Vielzahl an rechtlichen Themen und Rahmenbedingungen verbunden.

Ausgangssituation

Neben der notwendigen ärztlichen Berufsbefugnis übernimmt der Arzt oder die Ärztin als Unternehmer nunmehr Verantwortung beispielsweise für

  • Standortwahl und Mietvertrag;
  • Abrechnungswesen (ÖGK, private Krankenversicherungen, etc);
  • Personalwesen;
  • Marketing und Finanzen (einschließlich Forderungsmanagement);
  • Beim Zusammenschluss mehrerer Ärzte die richtige Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages;
  • Ankauf und Finanzierung der Ordinationsausstattung.

Falls sich jemand um wirtschaftliche, personelle, logistische oder rechtliche Fragen gar nicht kümmern möchte und die Risikobereitschaft gering ist, wäre die Tätigkeit als angestellter Arzt oder Ärztin eine gute Option.

Übernahme einer bestehenden Ordination

In der Regel handelt es sich bei ärztlichen Ordinationen um Betriebe, die von einem Arzt in selbstständiger freiberuflicher Tätigkeit geführt werden. Die Betriebsgrundlagen lassen sich daher nur einzeln mittels Rechtsgeschäft übertragen, dies sind in erster Linie der Patientenstock, die Ordinationsräumlichkeiten (Mietvertrag) und medizinisch-technische Geräte sowie das Personal.

Bei Übertragung eines Patientenstock sind datenschutzrechtliche Regelungen sowie das Recht auf freie Arztwahl zu beachten. Zweck der freien Arztwahl ist die Sicherung des persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patienten. Dies ist insbesondere bei der Gründung einer Gruppenpraxis oder des Einstiegs eines neuen Arztes in eine Gruppenpraxis zu beachten. Im Falle des Ausscheidens kann diesem nicht untersagt werden, seine Patienten weiter zu behandeln.

In Bezug auf den Mietvertrag ist insbesondere zu beachten, ob der Vermieter bei einer Ordinationsübernahme ex lege berechtigt ist, den Mietzins anzuheben. Dies kann im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) bei Verträgen in Altbauten zu einer deutlich höheren Miete führen. Neben diesem Punkt ist auch ein allfälliger Renovierungsbedarf der Ordinationsräumlichkeiten zu bedenken. Umbauten und gravierendere Veränderungen bedürfen der Zustimmung durch die Hausinhabung; ebenso ist zu klären, welche Modernisierungsmaßnahmen notwendig und zustimmungspflichtig sind.

Bei den Angestellten ist besonders zu beachten, ob diese noch einem alten Abfertigungsregime unterliegen und entsprechende Rückstellungen vorhanden sind. Bei anderen Verträgen mit beispielsweise Lieferanten, Wartungsverträgen oder externen Dienstleistern ist deren Übertragungsmöglichkeit zu gleichen Konditionen zu prüfen.

Generell ist es empfehlenswert, einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hinzuziehen und gegebenenfalls einen betriebswirtschaftlichen Berater. Hier verweisen wir auf Beiträge bei nextdoc dazu “Wie arbeiten Ärzt:in und Steuerberater zusammen?”

Last, but not least ist mit dem verkaufenden Kollegen oder der Kollegin eine Einigung über die Bewertung seiner Arztpraxis zu treffen. Hier sind insbesondere Werte wie Betriebsausstattung und technische Geräte aber vor allem auch ein immaterieller Wert, der sogenannte good will, zu bedenken. In der Praxis hat sich meist eine Kombination der Bewertung des Sachwerts und ideellen Werts bewährt, bei dem Faktoren wie Standort, Bekanntheitsgrad, Patientenstock, etc. ihre Berücksichtigung finden.

Nach der materiellen Einigung ist in einem Ordinationsübergabevertrag zwischen dem Verkäufer und dem Käufer der

  • Vertragsgegenstand;
  • Kaufpreis einschließlich Finanzierung und allenfalls dessen Besicherung;
  • Übertragung des Patientenstammes;
  • Eintritt in bestehende Verträge (insbesondere Mietvertrag, Versicherungen, etc);
  • Abgrenzung von Forderungen und Verbindlichkeiten;
  • Gewährleistungsbestimmungen;
  • Todesfallregelung (unter Umständen mit Absicherung des Kaufpreises über eine Lebensversicherung);
  • Bestimmungen zum Wettbewerbsverbot sowie allfällige aufschiebende Bedingungen (zB Invertragnahme bei Kassenordinationen) zu regeln.

Gründung einer Ordination

Ähnliche Fragestellungen ergeben sich bei der Gründung einer Ordination, wobei in der Regel keine Verträge übernommen werden, sondern neu abgeschlossen werden. In erster Linie sind dies

  • Mietvertrag oder Investition in Eigentum;
  • Investitionen in das Objekt und Betriebsmittel (zB medizinische Geräte);
  • Abschluss von Dienstverträgen und Versicherungsverträgen (Haftpflicht, Betriebsversicherung, etc);
  • allenfalls: Kassenverträge;
  • Compliance mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen und ärztlichen Aufklärungspflichten.

Einer der wesentlichen Unterschiede bei einer Neugründung ist der Start “von Null” – dafür bietet diese auch mehr Gestaltungsmöglichkeiten und die Chance, den Betrieb ganz nach den eigenen Vorstellungen einzurichten und zu führen.

Aufgrund der Vielzahl an Themen und des Umstands, dass die Übernahme oder Gründung einer Arztpraxis langfristige, oftmals über das gesamte Berufsleben des jeweiligen Arztes oder der Ärztin dauernde Verpflichtungen auslöst, ist eine professionelle Begleitung in dieser Phase empfehlenswert.

In diesem Beitrag werden die Problemfelder, die bei Neugründung oder Übernahme einer Ordination aufkommen, aufgezeigt. Jede Rechtsberatung in diesem Zusammenhang – ähnlich der ärztlichen Behandlung – ist kein Massenprodukt, sondern maßgeschneidert (bespoke). Eine individuelle Rechtsberatung ist daher unerlässlich.

Redaktion: Dr. Gerd Leser, MBA

 

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