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Wesentliche Veränderungen mit der neuen Ausbildungsordnung sind eine verkürzte Ausbildungszeit von acht auf sechs Jahre, die Einführung von Ausbildungsinhalten mit hinterlegten Fallzahlen in der Schwerpunktausbildung und eine verpflichtende Schwerpunktprüfung in der Hämatologie und internistischen Onkologie. Die anfänglich fehlende zeitgerechte Bearbeitung von Anträgen für Ausbildungsstellen im Fachgebiet durch die Ärztekammer scheint mittlerweile behoben.
Sowohl die Ausbildungszeiten für den allgemeininternistischen Abschnitt wie auch die Schwerpunktausbildung wurden verkürzt. Die in die Facharztausbildung integrierte 9-monatige Basisausbildung führt zu einer nochmaligen Verkürzung der Ausbildungszeit im Fachgebiet der Inneren Medizin. Die Fachgesellschaften ÖGIM und OeGHO haben aufgrund der verkürzten Ausbildungszeit eine Reduktion der Ausbildungsinhalte vorgenommen. Beispielsweise wird/wurde das Niveau der Prüfung für den allgemeininternistischen Abschnitt an die verkürzte Ausbildungszeit angepasst. Die Ausbildungsinhalte des Schwerpunktes Hämatologie und Onkologie wurden nach einer eingehenden Diskussion reduziert. Im Fokus der 3-jährigen Schwerpunktausbildung stehen aufgrund der Krankheitsinzidenz die Diagnostik und Therapie solider Tumorerkrankungen; hämatologische Erkrankungen wurden etwas weniger stark gewichtet.
Die Veränderung der Ausbildungsordnung hat einen signifikanten Einfluss auf das internistische Basiswissen der Ärzte bei Eintritt wie auch bei Abschluss der Schwerpunktausbildung. An nichtuniversitären Ausbildungsstätten haben viele Kollegen zudem eine dreijährige Turnusarztausbildung vor Eintritt in die Facharztausbildung absolviert. Das heißt, die klinische Erfahrung von Assistenzärzten bei Eintritt in die damals 6-jährige internistische Schwerpunktausbildung ist heute niedriger als früher. Gleichzeitig müssen die Auszubildenden an Spitälern mit mehreren internistischen Abteilungen bereits kurz nach Beginn der Ausbildung mit der Rotation beginnen, um die Ausbildungsinhalte in den 27 Monaten zu erfüllen. Nachdem viele Auszubildende direkt in die Facharztausbildung gehen und es damit weniger Turnusärzte gibt, hat sich das Tätigkeitsprofil der Assistenten nicht selten verschlechtert, weil diese nun auch die Aufgaben der früheren Turnusärzte übernehmen müssen.
Für Assistenzärzte an universitären Einrichtungen ist die Verkürzung der Ausbildungszeit nochmals dramatischer, weil sie neben Erfüllung der Ausbildungsinhalte gleichzeitig an ihrer Forschungsleistung gemessen werden, um eine längerfristige Anstellung an der Universität zu erreichen. Es sind ernsthafte Anstrengungen der Spitalsträger und Abteilungsleiter erforderlich, um in den 6 Jahren eine hohe Ausbildungsqualität im Spital zu gewährleisten. Gleichzeitig ist die einhellige Meinung der Beteiligten, dass eine mit fixen Inhalten und strukturierten Zeitvorgaben organisierte Ausbildung aufgrund des Arbeitszeitgesetzes, des Aufgabenprofils der Assistenzärzte an vielen Spitälern und des aktuellen Personalstands nicht zu erreichen ist. Auszubildende werden verstärkt außerhalb ihrer Arbeitszeit Inhalte der Ausbildung erlernen müssen. Leider ist die initial diskutierte fachspezifische, 2-jährige Zusatzausbildung für eine vertiefte Ausbildung in Onkologie, geriatrische Hämatologie und Stammzelltransplantation seitens der Ärztekammer bis heute nicht weiterverfolgt worden. Die Anerkennung der Ausbildung ist Hoheit der jeweiligen Landesärztekammer. Das heißt, auch mit der neuen Ausbildungsordnung ist nicht gesichert, dass die österreichische Ausbildung in einem Nachbarland automatisch anerkannt wird. Auch ersetzt die Prüfung der European Society of Medical Oncology (ESMO) nicht die österreichische Prüfung im Fachschwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie.
Im Rahmen der Novelle der Facharztausbildung wurden Fallzahlen in der Schwerpunktausbildung hinterlegt. Diese wurden von der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie erarbeitet. Ziel ist, dass wesentliche Schwerpunkte der fachspezifischen Ausbildung nachweislich gesichert werden müssen. Dies ist per se ein Vorteil für den Auszubildenden und letztlich für den Patienten. Da die medikamentöse Tumortherapie unsere Kernkompetenz ist, wurde eine Richtzahl von 1.500 gewählt. Die Fallzahl bezieht sich nicht alleine auf die Anordnung der Therapien, sondern auch auf das Komplikationsmanagement und Vorstellung von Patienten im Tumorboard. Bei 3 Jahren Sonderfachausbildung bedeutet dies, dass der Auszubildende auf die Arbeitstage gesehen etwa 3 tumortherapeutische Entscheidungen/Anordnungen pro Tag bei Patienten mit maligner Erkrankung treffen muss bzw. in den Behandlungsprozess involviert sein muss. Dazu gehört auch die Anordnung eines nächsten Therapiezyklus. Die Zahl ist für Auszubildende in entsprechend spezialisierten Abteilungen sicher gut zu erreichen. In der Praxis wird eher die Schwierigkeit bestehen, diese Leistung nachweislich zu dokumentieren. Hier wäre es sinnvoll, wenn Spitalsträger durch eine entsprechende elektronische Auswertung von Arztbriefen und Tumorboards die Auszubildenden unterstützen. Auch die zu den Kernkompetenzen unseres Fachgebietes gehörende Beurteilung von Blut- und Knochenmarkausstrichen wurde mit Richtzahlen hinterlegt: 100 Knochenmarksausstriche, 50 Blutausstriche, 50 FACS/IHC-Analysen. Hier ist für viele Auszubildende eine Rotation/Hospitation notwendig und zielführend, um entsprechende Sicherheit für den Nachtdienst zu erlangen. Alternativ ist es möglich, die Kennzahl durch fallbasierte Seminare nachzuweisen.
Die Schwerpunktprüfung Hämatologie und internistische Onkologie prüft die Inhalte der Sonderfach-Schwerpunktausbildung gem. ÄAO 2015. Die Anmeldung zur Schwerpunktprüfung kann frühestens nach 53 Monaten (9 Monate Basisausbildung + 27 Monate Sonderfachgrundausbildung + 17 Monate Sonderfachschwerpunktausbildung) erfolgen. Grundlegende Informationen zur Prüfung sind auf der Website der Arztakademie abrufbar. Die Prüfung findet einmal pro Jahr statt. Sie erfolgt mündlich in Form einer strukturiert mündlichen Prüfung, d. h., sowohl die Fragen als auch die erwarteten Antworten werden im Vorhinein festgelegt, und die Fragen werden für alle Kandidaten nach dem gleichen Gewichtungsschlüssel ausgewählt. Die Prüfungsfragen wurden vom Prüfungsausschuss (Mitglieder der OeGHO) erstellt und mit der Ärztekammer abgestimmt. Es werden jedem Prüfling mehrere Fallvignetten plus Unterfragen gestellt. Die Antworten der Kandidaten werden mit dem vorgegebenen Antwortschlüssel verglichen und entsprechend bepunktet. Die für ein Bestehen der Prüfung ausreichende Punktezahl ist festgelegt. Am Beginn der Prüfung stehen 30 Minuten zur Vorbereitung des ersten Fallbeispiels zur Verfügung. Anschließend werden im Prüfungsraum an einer oder mehreren Stationen mit jeweils zwei Prüfern zu dem Fallbeispiel mehrere Fragen zu den Schlüsselkompetenzen gestellt. Falsche oder keine Antworten werden protokollarisch festgehalten. Die Auswertung der Prüfung erfolgt nach internationalen Evaluationskriterien. Die Bewertung wird ausschließlich mit „bestanden“ oder „nicht bestanden“ bekannt gegeben. Falls das Gesamtprüfungsergebnis gleich im Anschluss an die Prüfung festgestellt werden kann, ist es möglich, dem Prüfling das Ergebnis – unabhängig von der schriftlichen Mitteilung – unmittelbar im Anschluss an die Prüfung mündlich mitzuteilen.
Die Facharztprüfung soll vor allem jene Kompetenzen überprüfen, die den Facharzt befähigen, aufgrund seiner Ausbildung selbständig und eigenverantwortlich den alltäglichen Anforderungen gerecht zu werden. Zu diesem Zweck wurde von dem Prüfungsausschuss der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (OeGHO) für die Facharztprüfung ein Themenkatalog („Blueprint“) erarbeitet, der sich an häufigen klinischen Anforderungen orientiert. Der prüfungsrelevante Blueprint kann auf der Website der Arztakademie heruntergeladen werden. Für die Zusammenstellung der Prüfungsfragen wird der prozentuell gewichtete Blueprint verwendet, um beispielsweise die Vielfalt wie auch die Häufigkeit der Erkrankungen im klinischen Alltag in den Prüfungsfragen zu berücksichtigen. Damit ist sichergestellt, dass die im Themenkatalog angeführten Dimensionen (1–3) in jeder Prüfung im etwa gleichen Umfang berücksichtigt wurden. Der Blueprint ist als grobe Orientierungshilfe für die Prüfungskandidaten über Inhalte und Breite der Prüfung gedacht.
Der Blueprint umfasst sowohl gut- als auch bösartige hämatologische und onkologische Erkrankungen. Es handelt sich um typische Erkrankungen aus dem Fachgebiet wie die chronisch myeloische Leukämie oder das Kolonkarzinom. Die Fallvignetten sind so aufgebaut, dass sie den Anforderungen im klinischen Alltag entsprechen: Der Fall beginnt in der Regel mit einer klinischen Symptomatik oder ersten Untersuchungsergebnissen. Die Normwerte bei Laborbefunden werden angegeben. Der Prüfling soll basierend auf den ersten klinischen Informationen weitere Überlegungen zu sinnvollen diagnostischen Schritten anstellen. Nach Erarbeitung der Diagnose und Präsentation notwendiger Untersuchungen für das Staging soll der Prüfling ein Therapiekonzept inklusive Nachsorge präsentieren. Der Prüfling soll die Möglichkeit haben, sein klinisches Wissen zur Prognose der Erkrankung, zur diagnostischen Wertigkeit verschiedener Untersuchungstechniken, zu multimodalen Therapiekonzepten und zu typischen Nebenwirkungen sowie deren Management zu präsentieren. Kenntnisse in Schmerztherapie, osteoprotektiver Therapie, Palliativmedizin und Notfällen im Fachgebiet sind prüfungsrelevant. Drei Musterfälle sind auf der Website der Arztakademie abrufbar. Zur Prüfungsvorbereitung empfiehlt die OeGHO die Onkopedia-Leitlinien, die ESMO-Guidelines sowie das Rote Buch.
Prim. Univ.-Doz. Dr. Ansgar Weltermann,
Barmherzige Schwestern, Elisabethinen, Ordensklinikum Linz
“Die neue Ausbildungsordnung – im Sinne einer Angleichung an europäische und internationale Standards – halte ich als Fachärztin in Ausbildung grundsätzlich für einen wichtigen und notwendigen Schritt. Die Verkürzung der Ausbildungszeit und das damit verbundene direkte Erlangen der Spezialisierung bedeutet für Assistenzärzte mehr Kompatibilität und Flexibilität und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit, beispielsweise bei der Bewerbung für Mobilitätsprogramme und internationale Grants. Angesichts der rasanten Entwicklung der Onkologie kann man von einer frühen Spezialisierung gewiss profitieren, die Verkürzung der internistischen Ausbildung ist aber sicher mit Nachteilen verbunden. Gerade in der modernen Onkologie mit einer Palette an internistisch onkologischen Therapieoptionen kommt ein neues breites Spektrum an Nebenwirkungen auf uns zu (z. B. Autoimmunphänomene in der Immunonkologie) – hier ist eine breite internistische Ausbildung natürlich von Vorteil. Das Ziel der Einführung von Ausbildungsinhalten mit Hinterlegung von festen Fallzahlen in der Schwerpunktausbildung – die Qualität der Facharztausbildung hochzuhalten – ist grundsätzlich erstrebenswert, bedeutet aber einen großen Strukturierungsaufwand für die einzelnen Abteilungen. Manche Ausbildungsinhalte, wie z. B. die diagnostische Sonografie, wurden bislang oft ausgelagert; hier muss umstrukturiert werden, um wieder selber ausbilden zu können. Eine weitere Herausforderung: Sowohl interventionelle Tätigkeiten als auch tumortherapeutische Entscheidungen und Anordnungen müssen sorgfältig dokumentiert werden, was mit hohem zeitlichem Aufwand einhergeht. Gerade an Universitätskliniken mit ihrer Triple-Track-Strategie aus Forschung, Lehre und Klinik ist es wichtig, dass Assistenzärzte nicht zu viel Zeit für administrative Tätigkeiten aufwenden müssen, sondern sich auch ausreichend um ihre wissenschaftliche Karriere kümmern können.”
DDr. Barbara Kiesewetter, Klinische Abteilung für Onkologie,
Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien
Die Artikel sind im Fachmedium “Universum Innere Medizin” 5/18 erschienen.