Shutterstock/MikeDotta
Der österreichweite Ärztemangel macht auch vor dem Bereich der Gefäßmedizin nicht Halt. Eine nationale Ausbildungsinitative solle helfen, die Ausbildungsqualität zu gewährleisten und Jungmediziner in Österreich zu halten.
Nicht nur die Allgemeinmedizin, die Pathologie und die Anästhesie haben zuletzt die prekäre Nachwuchssituation thematisiert. Auch die Gefäßchirurgie sieht sich mit einem kommenden Ärztemangel konfrontiert, denn in den nächsten Jahren werden mehr als ein Drittel der Gefäßchirurgen in Pension gehen. Afshin Assadian, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (ÖGG), warnt in einer Presseaussendung: Nach dem jetzigen Stand an vorhandenen Ausbildungsstellen und angesichts der Überalterung wird die gefäßmedizinische Versorgung auf dem aktuellen Niveau nicht sichergestellt sein.
Daher hat die ÖGG eine nationale Ausbildungsinitiative gestartet, um Jungmediziner in Österreich zu halten und eine Ausbildungsqualität zu gewährleisten. Ziel sei, überregionale Ausbildungsstrukturen zu schaffen. Die ÖGG organisiert und finanziert daher ab heuer jährlich zwei Kurse für Jungmediziner, die das gesamte Spektrum der Arbeit in der Gefäßchirurgie sowohl theoretisch als auch praktisch abdecken sollen. Weiters sei für die nächsten zwei bis drei Jahre geplant, gefäßchirurgische Ärzte in verschiedenen Krankenhäusern rotieren zu lassen, um eine komplette Ausbildung und Spezialisierung zu ermöglichen, so Assadian. Zwar sei die medizinische Versorgung gut, aber sie habe auch Schwachstellen: „An vielen Abteilungen in der Gefäßchirurgie gibt es gewachsene Strukturen, die nach fachlichen Schwerpunkten ausgerichtet sind. Nicht alles kann derzeit überall im High-End-Bereich gesehen und erlebt werden, wie es tatsächlich im Curriculum vorgesehen ist. Ein lebenswichtiges Beispiel ist die Dialysechirurgie, die es nicht an allen Abteilungen gibt“, erklärt Assadian.
Die Gefäßmedizin ist ein breites Fach, das von der komplexen offenen und endovaskulären Aortenchirurgie über Krampfadern bis zur Dialysechirurgie und zu kritischen Durchblutungsstörungen von Beinen („Raucherbeine“) reicht. Mit zunehmendem Wissensstand und Innovationen bei operativen Hilfsmitteln wie zum Beispiel Stents, Prothesen und Stammzelltherapie nehmen auch die Anforderungen an Gefäßspezialisten zu. Neben den traditionellen operativen Methoden, die weiterhin einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung schwerster arterieller Erkrankungen einnehmen, haben minimalinvasive katheterbasierte Methoden zunehmend mehr Relevanz. Außerdem verstehen sich Gefäßchirurgen oft als Berater für Patienten, um präventiv schwerwiegende Probleme von Gefäßerkrankungen zu vermeiden, beispielsweise das Fortschreiten der Atherosklerose. „Ziel muss es sein, Schlaganfälle zu vermeiden, Beine zu erhalten, Aneurysmen am Platzen zu hindern, chronische Wunden zu vermeiden oder schneller zum Abheilen zu bringen sowie die Lebensqualität durch optimierte Mobilität bis ins hohe Alter zu verbessern. Mit anderen Worten: ein Leben ohne Angst und mit der Sicherheit, jederzeit Hilfe zu finden“, sagt Assadian.
Die Gesellschaft wird älter, außerdem hat sich die Arbeit der Gefäßchirurgie in den vergangenen Jahren verändert. Sie konnte sich als Sonderfach etablieren, außerdem hätten sich rein gefäßchirurgische Abteilungen herauskristallisiert, die von Diagnose über Therapie und Nachsorge, verschränkt mit den klinischen Partnern, die gesamte Patientenversorgung übernehmen können, sagt Assadian. Damit ergibt sich ein sehr abwechslungsreiches und buntes Tätigkeitsprofil für zukünftige Gefäßchirurgen.
Die 68 derzeit in Österreich akkreditierten Ausbildungsstellen können den Bedarf in Zukunft nicht decken. Daher müsse es, so Assadian, das Ziel sein , diese 68 Jungmediziner in einer bestmöglichen Qualität auszubilden. Das Ziel sei nicht nur, kompetente und zufriedene Ärzte, sondern auch neue Strukturen zu schaffen, die den Krankenhausbereich entlasten. Eine Lösung wäre für Assadian, niedergelassene gefäßmedizinische Zentren zu etablieren, die multidisziplinär – durch Nephrologen, Diabetologen, Kardiologen, Angiologen, Orthopäden, Gefäßchirurgen – versorgt werden. (red, 17.1.2019)