Die neue Gesundheitsministerin hat ein fachliches Know-How und die Ankündigungen, im System zu sparen, sind vordergründig plausibel. Details wurden aber nicht verraten.
Beate Hartinger ist die neue Gesundheits- und Sozialministerin und steht damit einem Riesenressort vor. Einschlägige Erfahrungen hat sie – im Gesundheitsmanagement. Gebietskrankenkassen zusammenlegen wollte sie schon Anfang des Jahrhunderts. Sie kennt die Gesundheitsverwaltung aus ihrer steirischen Zeit, ist im Hauptverband versiert und war zuletzt Consulterin. Das sind Fakten. Wie gut kennt Beate Hartinger die aktuelle Gesundheits- und Sozialmaterie? Wir denken gut.
Integrative Gesundheitspolitik
Zunächst: Die Zusammenlegung von Gesundheits- und Sozialministerium ist klug und sinnhaft. Möglicherweise lassen sich Synergien erzielen. Zumindest sind Agenden, die bislang getrennt waren, nämlich die Pflege, zum Teil auch Prävention und versicherungsfremde Leistungen, wieder einem Ressort angehörend. Es gilt, die Situation zu beobachten, und zwar mit Respekt. Denn fachliches Know-How kann man der Ministerin nicht absprechen. Gegen die Zusammenlegung der Ministerien spricht kaum etwas. Im Gegenteil: Die Chance zu einer integrativen Gesundheitspolitik ist gegeben.
Die Gesundheitsministerin wird vermutlich ihre seinerzeit schon getätigten Vorschläge umsetzen wollen. Jedoch werden Einsparungen ohne Leistungen einzuschränken im Gesundheitssystem nicht möglich sein. Noch dazu haben sich die Herausforderungen seit dem Jahr 2002 vervielfacht. Die Medizin hat ungeahnte Fortschritte gemacht, die etwas kosten. Die Lebenserwartung ist deutlich gestiegen und Österreich hat um mehr als eine halbe Million mehr Einwohner. Die Menschen werden älter und kränker. Akuter Pflegebedarf und eine ausgedünnte Gesundheitsversorgung mit einem veritablen Ärztemangel, der sich noch verschärfen wird, sind Tatsachen.
Es gilt, Obacht walten zu lassen. Die Ankündigungen der Bundesregierung, im System zu sparen, sind zwar vordergründig plausibel. Details wurden aber nicht verraten. Sind damit Sparstift und die Rasenmähermethode gemeint? Will man im Gesundheitsbereich sparen, wie bereits angekündigt?
Wird es weniger Leistungen und mehr Privatmedizin geben? Die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen bringt jedenfalls kaum Einsparungen.
Förderung von Kassenärzten
Es soll einen verbindlichen Leistungs- und Honorarkatalog geben. Das entspricht einer langjährigen Forderung der Ärzte. Jedoch darf es sich dabei nicht um den niedrigsten Tarif handeln, sondern es gehören realistische Honorare vereinbart, die den Beruf des Kassenarztes erstrebenswert machen. Inwieweit Föderalismus noch greifen wird, weiß man nicht. Welche Spielräume den Ländern bleiben, welche regionalen Besonderheiten dabei berücksichtigt werden, weiß man nicht. Zumindest soll es auch künftig Verhandlungen auf Bundesländerebene geben und man denkt nicht daran, die Ersparnisse der Krankenkassen der Bundesländer zu enteignen und zu zentralisieren.
Was uns freut ist das Bekenntnis zum Hausarzt im Regierungspapier, oder ein Bekenntnis zur Prävention, eine langjährige Forderungen der Ärzteschaft im Interesse unserer Patienten. Wir sind gespannt, ob es gelingt, das Gesundheitssystem für die Patienten zu verbessern und sind jedenfalls zur Zusammenarbeit und für unseren fachlichen Input bereit.
ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres
Präsident der Ärztekammer für Wien
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