Fotos: MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH/Sophie Niedenzu
Ein immens logistischer Aufwand, hohe Kosten und eine Teilnahme bei 80 Prozent: Seit einigen Jahren findet der österreichweite, standardisierte Medizinaufnahmetest MedAT an einem festgelegten Tag statt. Ein Lokalaugenschein in Wien.
Redaktion: Sophie Niedenzu
Überall stehen junge Studienanwärter vor der Messehalle in Wien, diskutieren in Kleingruppen, lesen in ihren Lernunterlagen. Flyer zu Unterkünften und Informationen zu Studentenheimen werden verteilt. Es ist der Tag des Medizinaufnahmetests, des MedAT: Österreichweit haben sich 15.880 für die Prüfung an den Medizinischen Universitäten in Wien, Innsbruck und Graz sowie an der Medizinischen Fakultät in Linz angemeldet. An der MedUni Wien sind es allein 7.451 Studienbewerber: „Es ist unser jährliches Rolling-Stones-Konzert“, sagt Anita Rieder, Vizerektorin der MedUni Wien. Die Zahlen dahinter sprechen tatsächlich Bände: Insgesamt kostet die Durchführung des MedAT in der Messe in Wien 900.000 Euro, die großteils über die Testgebühr von 110 Euro pro Teilnehmer abgedeckt werden.
Der logistische Aufwand dahinter ist enorm: Über 15.000 Testhefte und Antwortbögen und 7.451 Wasserflaschen werden verteilt, 90 Mitarbeiter der MedUni Wien sind eingespannt und 260 studentische Tutoren haben Aufsicht. Nicht zu vergessen sind die 26 Sicherheitsschleusen und 39 Handsonden, denn es wird streng kontrolliert – so sind beispielsweise Uhren oder eigene Schreibbögen vor Ort nicht erlaubt. Die Studienbewerber werden von den zahlreichen Mitarbeitern vor Ort auf ihre beschrifteten Plätze, inklusive Wasserflaschen, dirigiert.
„Wir dürfen Sie nun bitten, Ihre Plätze einzunehmen“, erschallt es aus dem Mikrophon. Der Urheber sitzt in der Mitte der Messehalle auf einem Podium. Es ist Dr. Ingwald Strasser, der die Studienbewerber durch den Tag, bis 17 Uhr, begleitet. Er ist derjenige, der die Zeiten für die einzelnen Testabschnitte durchsagt und die Regeln erklärt – auch der Gang zum WC ist streng strukturiert: für diesen erhalten Studienbewerber vom Aufsichtsteam eigene WC-Kärtchen für ihre Sektoren in der Messehalle.
An der MedUni Wien werden derzeit 5.800 Studierende in Human- und Zahnmedizin ausgebildet. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist die Zahl der Studienbewerber in Wien leicht gesunken und liegt aktuell auf dem Niveau von 2016. Eine Tendenz, die Rieder begrüßt: „Es ist nicht wünschenswert, dass die Zahl der Studienbewerber jedes Jahr wächst.“ Seit Einführung des Aufnahmetests gäbe es an der MedUni Wien keine Wartezeiten für Seminare und Prüfungen mehr, die durchschnittliche Studiendauer ist von 22 auf 13 Semester gesunken und die Absolventenquote gestiegen: 86 Prozent schließen das Medizinstudium in Wien innerhalb der Toleranzzeit ab. Zum Vergleich: Vor 2006, als der Vorläufer vom MedAT, der EMS, eingeführt wurde, lag die Absolventenquote bei durchschnittlich 30 Prozent.
Der MedAT wird in dieser Form seit 2012 durchgeführt und besteht aus vier Testteilen: Im BMS-Teil werden naturwissenschaftliche Kenntnisse in Biologie, Chemie, Physik und Mathematik abgefragt, hinzu kommen Textverständnis, kognitive Fähigkeiten und sozial-emotionale Kompetenz. Hinter dem standardisierten Test steht Dr. Martin Arendasy, Leiter des Arbeitsbereiches Psychologische Diagnostik und Methodik an der Universität Graz. „Der MedAT ist so programmiert, dass er chancengleich ist, das Ergebnis hängt allein von den Fähigkeiten des Einzelnen ab“, sagt er. Vor drei Jahren hat er zu einer Kritik der damaligen Gesundheitsministerin Stellung bezogen, wonach der MedAT Frauen benachteilige und adaptiert gehöre. In einem Interview mit dem profil erwiderte er, dass der Test nicht ausgleichen könne, „was in der Erziehung und 15 Schuljahren passiert“ sei. Dies sei eine „politische Aufgabe“.
Für das Studienjahr 2018/19 stehen für Human- und Zahnmedizin insgesamt 1.680 Plätze zur Verfügung, davon 740 an der Medizinischen Universität Wien, 400 an der Medizinischen Universität Innsbruck, 360 an der Medizinischen Universität Graz und 180 (2017: 120) an der Medizinischen Fakultät der JKU Linz. Die Studienplätze werden nach einer Quotenregelung vergeben – diese gilt unbefristet für das Humanmedizinstudium: 95 Prozent der Studienplätze sind für EU-Bürger und gleichgestellte Personen und mindestens 75 Prozent sind für Personen mit österreichischem Maturazeugnis vorbehalten. Anders sieht es bei der Zahnmedizin aus: Mit dem Studienjahr 2019/20 fällt diese Quotenregelung. Die EU-Kommission begründete diese Entscheidung damit, dass kein Zahnärztemangel prognostiziert werde.
Als Resümee des Tages bleibt, dass an der MedUni Wien von den 7.451 Angemeldeten 5.945 tatsächlich teilgenommen haben. Österreichweit liegt die Teilnahmequote bei knapp 79 Prozent. Die MedAT Testbögen werden nach dem heutigen Tag eingescannt und automatisiert ausgewertet und die Ergebnisse Anfang August bekannt gegeben. (Sophie Niedenzu, 6.7.2018)