Im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung im Billrothhaus, dem Sitz der Gesellschaft der Ärzte in Wien, drehte sich Anfang März alles um die moderne Diagnostik von Allergien. Die beiden Referent:innen Assoz.-Prof. DDr. Eva Untersmayr-Elsenhuber, Immunologin am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung an der Medizinischen Universität Wien, und Univ.-Prof. Dr. Georg Endler, Professor für Labormedizin mit Schwerpunkt Klinische Chemie an der Sigmund-Freud-Privatuniversität und Teilhaber einer labormedizinischen Gruppenpraxis, fassten die wichtigsten Aussagen zusammen.
Eine Allergie ist eine unerwünschte, krankmachende Immunreaktion gegen körperfremde Substanzen (Allergene), die in der Regel harmlos sind. Das Immunsystem der Betroffenen bildet IgE-Antikörper (Immunglobulin E), die die vermeintlichen Schadstoffe bekämpfen. Die Bandbreite der resultierenden Symptome kann dabei von eine Rhinokonjunktivitis über Asthma, gastrointestinale Beschwerden oder Hautmanifestationen bis zum anaphylaktischen Schock reichen.
Auch wenn Allergien vom Soforttyp potenziell lebensbedrohlich sein können, sollte ein ungezieltes Screening mittels Labortests vermieden werden. Der Nachweis von spezifischen IgE-Antikörpern ohne entsprechende klinische Symptomatik ist nämlich ohne Relevanz. Daher sollte jeder weiterführenden Untersuchung immer eine ausführliche Anamnese vorangehen.
Hinzu kommt im niedergelassenen Bereich, dass die Krankenkassen bei der Refundierung von Allergietests sehr restriktiv sind: Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) etwa zahlt pro Quartal 3 Allergenmixe und 5 Einzelallergene; die sogenannten kleinen Kassen zahlen pro Blutabnahme den Test auf zwei Allergene.
In unklaren oder besonders komplexen Fällen können auch sogenannte Allergiechips weiterhelfen, auf denen bis zu 300 Allergene aus den unterschiedlichsten Allergenquellen gleichzeitig mit einem Tropfen Serum getestet werden können.
Neben dem Nachweis von IgE im Serum ist bei der Nahrungsmittelallergie-Diagnostik der orale Provokationstest, bei dem der fragliche Auslöser offen oder geblindet verabreicht wird, nach wie vor der Goldstandard in der Diagnostik. Damit kann man eine Nahrungsmittelallergie sicher bestätigen oder ausschließen. Da für diesen Test viel Zeit und Ressourcen benötigt werden, wird eine Provokationstestung nur bei fraglichen Fällen durchgeführt. Auch in der Nahrungsmittelallergie ist die molekulare Allergiediagnostik aus der Routine nicht mehr wegzudenken. Dasselbe gilt, wenn es um die Einleitung einer allergenspezifischen Immuntherapie (AIT) geht. Nur wenn der Allergie-Auslöser vor der Therapie bekannt ist, kann ein Ansprechen optimal vorhergesagt werden.
Man muss aber immer bedenken, dass auch IgE-Antikörper nachweisbar sein können, wenn der Proband kein Allergiker ist. Daher ist die Information zu den bestehenden Beschwerden aus der Patientenanamnese so wichtig. Eine weitere diagnostische Möglichkeit ist der Basophilenaktivierungstest (BAT), ein funktioneller Labortest zum Nachweis einer IgE-vermittelten Sensibilisierung. Dabei werden die basophilen Granulozyten aus dem Blut der Patienten – eine spezielle Form von weißen Blutkörperchen – herausgereinigt und im Labor mit den fraglichen Allergenen in Kontakt gebracht. Anhand zahlreicher Fallbeispiele erläuterte die Immunologin die Komplexität und die Möglichkeiten der modernen Allergiediagnostik.
Take Home Messages:
· Anamnese: der erste Schritt einer Allergiediagnostik ist immer eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte · Weniger ist oft mehr: eine gezielte und restriktivere Allergiediagnostik nach ausführlicher Anamnese ist oft zielführender als eine Schrotschuss-Diagnostik. · IgE ≠ Allergie: Nur bei eindeutigen klinischen Symptomen ist der Nachweis Allergen-spezifischer IgE beweisend für eine Allergie vom Soforttyp · Allergie ist nicht alles: Speziell Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Reaktionen auf Medikamente sind oft nicht IgE-vermittelt und daher nicht in Allergietests nachweisbar. |