Notfallbehandlung des akuten Myokardinfarkt

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Vor knapp 6 Monaten hat die europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) ihre neuen Leitlinien für die Behandlung des akuten Myokardinfarkts mit ST-Strecken-Hebung (STEMI) publiziert. Wir geben dir eine kurze Übersicht, was sich geändert hat.

Die Intialdiagnose für einen akuten Myokardininfarkt folgt über ein STEMI beim EKG. Dabei wird die ST-Hebung in mindestens zwei nebenaneinderliegenden Ableitungen von folgenden Merkmalen analysiert:

  • Männer < 40 Jahre: 0.25mV – Männer > 40 Jahre: 0.2mV
  • Frauen: 0.15mV in V2-V3
  • Frauen: 0.1mV in allen anderen Ableitungen
  • vorliegen eines Linksschenkelblocks – LBBB, bei entsprechender Klinik, unabhängig davon, ob dieser neu aufgetreten ist
  • (vorliegen eines Rechtsschenkelblocks – RBBB, bei entsprechender Klinik, unabhängig davon, ob dieser neu aufgetreten ist)

Neu bei der Diagnose des STEMI

Die neuen Leitlinien unterscheiden nicht mehr zwischen Brust- oder Extremitätenableitungen, sondern differenzieren die ST-Hebung anhand von Alter und Geschlecht.

In den Guidelines von 2015 war ein (vermutlich) neu aufgetretener LBBB äquivalent mit einem STEMI. Ein (vermutlich) neu aufgetretener LBBB ist jedoch nicht prädiktiv für einen
MCI [Zitat 54, ESC STEMI Guidelines 2017], sondern verhindert in vielen Fällen die korrekte Diagnose eines STEMIs. Daher ist nun alleine das Vorhandensein eines LBBB bei
entsprechender Klinik Grund den Patienten wie einen STEMI zu behandeln, unabhängig davon, ob dieser neu aufgetreten ist.

Ein Rechtsschenkelblock (RBBB) kann auch während eines Infarkts auftreten, hat aber laut aktuellen Studien eine sehr schlechte Prognose. Bei Vorhandensein eines RBBB mit entsprechender Klinik ist ebenso ein Grund den Patienten wie einen STEMI zu behandeln, unabhängig davon ob dieser neu aufgetreten ist.

Merke dir bitte ab sofort: Wenn dein Patient Brustschmerzen hat und ein Blockbild im EKG ersichtlich ist, dann solltest du ihn wie einen STEMI behandeln.

Fazit

Die 2017er Leitlinien des ESC berücksichtigen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der vergangenen Jahre. Wichtige Punkte und Änderungen sind dabei:

Definition STEMI

  • ST-Hebung abhängig von Alter und Geschlecht
  • LBBB und RBBB als mögliches Zeichen eines STEMI, sind bei entsprechender Klinik wie eine STEMI zu behandeln, unabhängig ob diese neu aufgetreten sind

SpO2

  • Keine routinemäßige Gabe von Sauerstoff, solange SpO2 ≥ 90%. Damit wird die „Standard-Therapie“ Sauerstoffgabe noch kritischer hinterfragt.

Morphin

  • Standardmedikament beim Thoraxschmerz: Verabreiche Morphium und lindere Scherzen, Angst und Luftnot!

Nitro

  • keine routinemäßige Anwendung
  • bei Thoraxschmerz eher Opiate

Die Gabe von Nitro zeigt keine Vorteile und wird daher nicht mehr empfohlen.

ASS

  • Eine schnelle Aspirin Gabe ist sinnvoll. Auch scheinen höhere Dosen sinnvoll zu sind und werden daher empfohlen: Dosis 75-250 mg i.v.

Eine Reperfusion mittels Herzkatheter (PCI) ist anzustreben. Ziel ist es, innerhalb von 90 Minuten ab STEMI-Diagnose eine Reperfusion mittels Herzkatheter zu erreichen (bzw. innerhalb von 60 Minuten in einem PCI-Zentrum). Falls eine Reperfusion mittels Herzkatheter innerhalb von 120 Minuten ab STEMI-Diagnose unmöglich erscheint, soll innerhalb von 10 Minuten eine Fibrinolyse durchgeführt werden.

Clopidogrel, Prasurgel und Ticagrelor

  • keinen Vorteil der prä-hospitalen Gabe

Antithrombine

  • Enoxaparin bessers Outcome als Heparin (NUR BEI FIBRINOLYSE)
  • Heparindosis abhängig von der Gabe von ADP-R-Antagonisten

Fibrinolyse

  • Fibrinolyse wenn PCI nicht innerhalb von 120 min möglich
  • Halbe Dosis für Patienten Älter als 75 Jahre

(Arastoo Nia, 5.4.2018)

 

Quelle:

2017 ESC Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation – Web Addenda; European Heart Journal (DOI:10.1093)