Vor wenigen Monaten wurde von der Österr. Diabetes Gesellschaft (ÖDG) die neue Guideline zur Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus präsentiert. Diese beinhaltet – analog zu den internationalen Guidelines – die Ergebnisse der kardiovaskulären Outcome-Studien, welche sich insbesondere auf den Therapiealgorithmus auswirken.
Dieser Artikel soll kurz und kompakt abgefasst eine Hilfestellung zu den häufigsten Konstellationen in der Klinik geben und konzentriert sich daher primär auf den Diabetes Mellitus Typ II (DM2). Zudem werden die Neuerungen im Therapiealgorithmus insbesondere der oralen antidiabetischen Therapie im Vergleich zur Vorgängerguideline von 2016 beleuchtet.
Diagnose
Die Hyperglykämie beim DM2 entwickelt sich allmählich über einen gewissen Zeitraum. Die Störungen der postprandialen und der Nüchtern-Blutzuckerwerte entwickeln sich meist nicht parallel, weswegen die unterschiedlichen Diagnosetools initial zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Daher müssen die einzelnen Methoden an einem zweiten Tag wiederholt werden (mit Ausnahme: Vorliegen von klassischen Diabetes-assoziierten Symptomen). Nach Ausschluss von anderen Typen des Diabetes Mellitus gilt der DM2 als gesichert bei HbA1c-Werten >= 6,5%, Nüchtern-BZ Werten >= 126 mg/dL, BZ-Werte >= 200 mg/dL auch Nicht-Nüchtern, als auch BZ-Werte >= 200 mg/dL im oralen Glukose Toleranztest (oGTT) nach 2 Stunden.
Individuelles HbA1c-Ziel
Basierend auf Patientenfaktoren wird ein individuelles HbA1c-Ziel festgelegt und in der Regel alle 3 – 6 Monate kontrolliert. Bei sehr jungen Patienten mit langer Lebensdauer soll ein Ziel <6,5% erwogen werden, während Werte <7,0% ausreichend Schutz vor mikro- und makrovaskulären Komplikationen bieten sollten. Bei rezidivierenden Hypoglykämien und kurzer Lebensdauer kann ein Ziel <8,0% vereinbart werden.
Orale antidiabetische Therapie (OAT)
Jegliche Therapie soll von lebenslangen Lebensstilmodifizierenden Maßnahmen begleitet werden. Bei HbA1-Werten <6,5% soll auf eine OAT verzichtet werden; bei HbA1c-Werten 6,5 – 9,0% soll mit einer Substanz begonnen und bei HbA1c-Werten >9,0% soll mit einer OAT Kombinationstherapie begonnen werden.
Wie schon seit vielen Jahren gilt noch immer das gut erprobte Metformin als Therapie der ersten Wahl. Wie bei den meisten oralen Antidiabetika muss bei der Dosierung insbesondere auf die Nierenfunktion (eGFR) Rücksicht genommen werden. Bei Nicht-Erreichen der HbA1c-Zielwerte oder bei Unverträglichkeit muss auf eine zweite Substanzklasse zurückgegriffen werden. Noch bei den 2016er Guidelines hatte man hier fast freie Wahl; dies hat sich nun grundlegend geändert.
Ist anamnestisch eine koronare Herzkrankheit (KHK) bekannt soll als Zweitlinientherapie ein SGLT2-Hemmer ODER ein GLP1-Analogon verwendet werden. Nachdem derzeit GLP1-Analoga in Österreich erst ab HbA1c-Werten >8,0% von der Krankenkasse erstattet werden, wird dies in den meisten Fällen ein SGLT2-Hemmer sein.
Ist anamnestisch eine Herzinsuffizienz ODER chron. Niereninsuffizienz bekannt soll mit einem SGLT2-Hemmer als Zweitlinientherapie begonnen werden.
Ist weder KHK, Herzinsuffizienz noch eine chron. Niereninsuffizienz bekannt gelten weiterhin SGLT2-Hemmer, GLP1-Analoga, DPP-IV-Hemmer und Pioglitazon als gleichwertig.
Als Drittlinientherapie soll mit einem weiteren oralen Antidiabetikum kombiniert werden, wobei eine Kombination aus GLP1-Analogon und DPP-IV-Hemmer auf Grund des ähnlichen Wirkmechanismus nicht empfehlenswert ist.
Moderne Sulfonylharnstoffe können weiterhin eingesetzt werden, rücken jedoch u.a. auf Grund des Hypoglykämierisikos in den Hintergrund. Nach Ausschöpfung der OAT soll ergänzend eine Insulintherapie initiiert werden.
Regelmäßige Kontrollen
HbA1c und Harnkontrollen (Mikroalbuminurie?) sollen alle 3-6 Monate durchgeführt werden. Ein Mal jährlich ist ein Carotisduplex und eine augenärztliche Untersuchung empfohlen. Vitamin B12-Spiegel sollen unter Metformintherapie ebenso kontrolliert werden.
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