Martina Löwe: „Sonne ohne Reue“ ist unsere erste und damit älteste große Vorsorge- und Früherkennungskampagne. In den mittlerweile 33 Aktionsjahren ist viel geschehen: Rund 1,5 Millionen Informationsbroschüren und Folder wurden verteilt, zahlreiche Veranstaltungen an öffentlichen Plätzen und in Bädern organisiert, spezielle Aufklärung in Kindergärten und Schulen geleistet. Nicht zuletzt auch dank der Unterstützung der Medien wurde das Thema Hautkrebsvorsorge immer präsenter. Wiederkehrende Berichte in Print, Rundfunk und Fernsehen erinnern die Bevölkerung auch heute noch an effizienten Sonnenschutz. Einige Zahlen dazu liefert unsere SPECTRA-Umfrage „Krebs in Österreich“ (Tab.).
Doris Kiefhaber: Wir wollten ursprünglich einen Vorsorge-Pass nach dem Vorbild des Mutter-Kind-Passes einführen, mussten aber leider erkennen, dass es seitens der Gesundheitspolitik wenig Interesse an einer Mitgestaltung und Beteiligung gab. Wir wollten aber unbedingt eine Möglichkeit finden, die Bevölkerung aktiv an notwendige Krebs-Früherkennungsuntersuchungen zu erinnern. Deshalb haben wir uns entschlossen, aus dem „Pass“ ein „E-Mail/SMS-Erinnerungsmodul“ zu machen, und haben das auch groß beworben. Innerhalb kürzester Zeit haben sich rund 100.000 Menschen registriert. Wenig überraschend, dass 70% der Anmeldungen Frauen waren und 30% Männer. Von den 70% Frauen haben sich ca. 25% auch im Männer-Vorsorgemodul angemeldet, was man sicher so interpretieren kann, dass sie auch ihre Männer erinnern wollen. Die Anzahl der Vorsorgeuntersuchungen ist um 25% gestiegen; inwieweit dies auf unseren Erinnerungsservice zurückzuführen ist, können wir nicht sagen, weil wir dafür keine Möglichkeit einer Überprüfung haben. Eine Befragung wäre zu kostenintensiv gewesen. Das Service musste leider im Zuge der DSGVO-neu Bestimmungen eingestellt werden.
Kiefhaber: Über vieles kann man diskutieren, aber darüber sind wir uns einig: „Früherkennung kann Leben retten“ war ursprünglich nur ein interner Arbeitstitel. Nachdem aber die PolitikerInnen bei den Dreharbeiten den Titel mit einem Schmunzeln und „wie wahr“ quittierten, haben wir diesen dankend beibehalten. Die Kampagne war schon einzigartig, weil sich die Spitzen der im Parlament vertretenen Parteien noch nie zuvor gemeinsam für ein wichtiges Anliegen vor die Kamera gestellt und die Früherkennung von Krebs damit zum nationalen Anliegen erhoben haben. Das war wichtig für alle unsere nachfolgenden gesundheitspolitischen Anliegen.
Kiefhaber: „Pink Ribbon“ ist für die Krebshilfe viel mehr als eine rosa Schleife. Wir weisen mit der Aktion auf die Wichtigkeit der Früherkennung von Brustkrebs hin, rufen zur Solidarität mit Patientinnen auf und sammeln Spenden für Frauen, die durch die Diagnose auch in finanzielle Not geraten sind. In den letzten 17 Jahren konnten wir dank der Aktion mehr als 86.000 Mal Brustkrebspatientinnen konkret helfen und mehr als 1.100 Frauen finanziell unterstützen. „Pink Ribbon“ hat mit den Jahren eine gewaltige Breitenwirkung bekommen und hilft uns damit sehr, unsere Anliegen öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren. Ganz besonders freut uns, dass Patientinnen das Pink Ribbon sehr gerne tragen. Das ist Kompliment und Motivation zugleich.
Löwe: Die Themen zu den Broschüren werden in unseren Vorstandssitzungen gemeinsam mit den Landesvereinen und den Beraterinnen der Krebshilfe erörtert. Einerseits ist es eine Vorgabe unseres Vorstands, zur Primärprävention und zur „Vorsorge“ jener Krebsarten, die man früh erkennen kann, Broschüren zu erstellen. Dies sind auch jene Broschüren, die unsere großen Kampagnen jährlich „begleiten“.
Die Broschüren zu den einzelnen Krebsarten und zu dem großen Bereich „Leben mit der Diagnose Krebs“ ergeben sich aus dem Bedarf bzw. der Nachfrage in unseren Beratungsstellen. In Absprache mit dem Vorstand wird dann definiert, ob das jeweilige Thema ausreichend Relevanz für eine Broschüre hat (manchmal wird die Information auch „nur“ ins Internet verlegt) und mit welcher Fachgesellschaft dieses Werk gemeinsam erarbeitet werden soll.
Derzeit sind wir mit den Neuauflagen/Überarbeitungen der Vorsorge-Broschüren beschäftigt. Darüber hinaus sind heuer noch neue Broschüren zu endokrinen Tumoren, HNO-Tumoren, Krebs im Alter und zur onkologischen Rehabilitation geplant. Die redaktionelle Überarbeitung und die grafische Gestaltung der Broschüren erfolgen – auch aus Kostengründen – bei uns im Haus. Es kann also durchaus passieren, dass wir nicht alle neu geplanten Broschüren in diesem Jahr schaffen.
Kiefhaber: „Unternehmen Leben!“ ist ein Projekt unserer Kollegin Mag. Gaby Sonnbichler, Geschäftsführerin der Krebshilfe Wien, das sich aus der langjährigen sozial-und arbeitsrechtlichen Beratungstätigkeit der Österreichischen Krebshilfe Wien im Rahmen des Projekts „Krebs und Beruf“ entwickelt hat. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass arbeitsrechtliche Unterstützung für an Krebs erkrankte Menschen im erwerbsfähigen Alter zwar sehr wertvoll und hilfreich ist, allerdings ist es genauso wichtig, Vorgesetzte und Kollegen in Betrieben zu unterstützen, wenn es um die gesellschaftlich so wichtige Reintegration von Krebspatienten in den Beruf geht. Mit „Unternehmen Leben!“ hat die Österreichische Krebshilfe ein neues Unterstützungsangebot kreiert, das hier schnelle und professionelle Unterstützung gewährleistet. Mittlerweile wird es in ganz Österreich durch die Krebshilfe angeboten.
Löwe: Wir haben die App 2014 erstellt, um möglichst vielen Krebspatienten und ihren Angehörigen die Informationssuche zu erleichtern. Unser Motto lautete damals „Appen statt googeln“. Unter dieser Devise steht die App auch heute noch. 2014 war sie die erste App für Krebspatienten im deutschsprachigen Raum. Mittlerweile hat sich das Angebot in den App-Stores erweitert. Und es sind heute viele neue Features und Applikationen möglich, die es damals noch nicht gegeben hat. Schon deshalb haben wir von unserem Vorstand bei der letzten Sitzung grünes Licht zur Erneuerung der App erhalten.
Aktuell erarbeiten wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Beratern das Anforderungsprofil unserer „App 2020“. Wir möchten auch Chancen und Ressourcen der derzeitigen Digitalisierungsoffensive „Digital Health“ nutzen, die Prof. Siegfried Meryn in Wien unermüdlich vorantreibt.
Vielen Dank für das Gespräch!