Das Internet der Dinge oder Internet of Things (IoT) ist ein untereinander vernetztes System aus Sensoren und Kommunikations-Hardware, das Daten der Umgebung misst, speichert und sendet. Die gesammelten Daten können von Menschen ausgelesen werden, sie können aber auch zu anderen Geräten geleitet werden, die daraufhin eine entsprechende Aktion ausführen. Ein IoT-Netzwerk kann also ganz ohne oder mit nur minimaler menschlicher Intervention, z.B. zur Einstellungsprogrammierung vor der Nutzung, auskommen. Diese Selbstständigkeit birgt somit ein erhebliches Automatisierungs- und Sparpotenzial, weshalb IoT-Applikationen in den verschiedensten Industriebranchen eingesetzt werden.1
Die „Dinge“ im Internet der Dinge können von Sensoren zur Reifendruckmessung in Autos über Lichtsensoren zur automatischen Jalousiensteuerung bis hin zu Herzschrittmachern reichen. Sie können also völlig unterschiedliche Formen annehmen und die verschiedensten Aufgaben erfüllen. Grundsätzlich sind alle Objekte IoT-tauglich, denen eine IP-Adresse zugeordnet werden kann und die Daten in einem Netzwerk übermitteln können.1 Auch Unternehmen in stark reglementierten Bereichen wie der pharmazeutischen bzw. Life-Science-Industrie können von IoT-Anwendungen profitieren. Entlang der gesamten Lieferkette kann beispielsweise die Einhaltung der korrekten Produktionsabläufe, der Kühlkette und sonstiger Sicherheitskriterien kontrolliert werden, um etwaige Fehler gleich zu erkennen, unnötige Mehrkosten zu vermeiden und die Produktivität zu erhöhen.2
Das IoT kann den Produktionsprozess von Medikamenten auf multiple Weise unterstützen. Daten von Sensoren, die über alle Herstellungsschritte hinweg Parameter wie Temperatur, Druck oder Luftfeuchtigkeit messen, können an einem zentralen Punkt gesammelt und ausgelesen werden. So können eventuelle Probleme in Echtzeit erfasst und behoben werden. Das IoT kann damit zudem den Bedarf an separaten Tests und Probennahmen eliminieren. Flaschenhälse in den aufeinanderfolgenden Prozessen können ebenfalls erkannt und umgangen werden. IoT-Technologien ermöglichen so ein schnelleres Sammeln von Daten, eine konstante Qualitätssicherung und reduzierte Zykluszeiten.3
Die effiziente Lagerung von Produkten ist ein weiterer Aspekt, der mit dem IoT verbessert werden kann. Ein bedeutender Aspekt dabei ist, den Überblick zu behalten, welche Waren aktuell ausreichend vorhanden sind und welche nachbestellt werden müssen – auch ohne permanente menschliche Überwachung. Bei Produkten mit begrenzter Haltbarkeit können IoT-Systeme rechtzeitig eine Warnung auslösen, um den Verlust zu vermeiden. Da größere Lagerhallen immer mit entsprechend weiteren Wegen für die Mitarbeiter:innen verbunden sind, können miteinander verbundene Sensoren die richtige Platzierung der Waren sicherstellen und zusätzlich Informationen liefern, die eine strategisch günstigere Anordnung ermöglichen.2
Lieferkette: Nicht nur das Monitoring in den Warenhäusern, sondern entlang der gesamten Lieferkette kann mithilfe des IoT automatisiert stattfinden. Die lückenlose Nachverfolgung der Waren von der Lieferung der Rohmaterialien bis zur Ankunft beim Endkunden hinsichtlich Diebstahl, Fälschung etc. ist notwendig, um die Einhaltung der strengen Richtlinien im Pharmabereich zu gewährleisten. Wie im Herstellungsprozess selbst hilft auch hier die Überwachung der Umgebungsbedingungen, um zu verhindern, dass Produkte mit potenziell veränderten Eigenschaften in Verkehr gebracht werden. Besonders Unterbrechungen der Kühlkette können durch IoT-Systeme rechtzeitig erkannt werden. Die laufende Information über den aktuellen Standort der Waren ermöglicht es, das Timing zu Ankunft, Verarbeitung und Weiterleitung zu koordinieren. Bei Qualitätsproblemen oder Rückrufen kann mittels IoT der gesamte Weg des Produkts rückverfolgt werden.2, 4
Wartung und Reparatur medizinischer Geräte sind ein weiteres interessantes Anwendungsgebiet des IoT. Im Normalfall können Hersteller von Medizinprodukten ihre bereits in Verwendung stehenden Artikel erst reparieren, wenn sich die Kund:innen mit einem Problem an sie wenden, sprich, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Geräte mit IoT-Sensoren können dagegen ihren Status in Echtzeit prüfen und senden. Wenn die Leistung sinkt oder eine Wartung notwendig wird, können sie automatisch eine Meldung an die zuständigen Techniker:innen schicken. Manche Probleme können bei Bedarf sogar aus der Ferne über Software-Updates behoben werden. Wenn Funktionsausfälle so bereits vorab erkannt und vermieden werden, bedeutet dies neben weniger Aufwand vor allem auch ein geringeres medizinisches Risiko.4
Das IoT kann für eine patientenzentrierte Versorgung sorgen, die personalisierte Diagnosen und Therapien erleichtert und das Patientenempowerment stärkt. Durch am Körper getragene Geräte (sog. Wearables) können Patient:innen ihren Gesundheitszustand auch außerhalb der direkten ärztlichen Betreuung in Echtzeit im Auge behalten. Das fortlaufende Sammeln und Speichern von z.B. Blutzucker- oder Blutdruckwerten kann Informationen generieren, wie dies bei einem kurzen Praxisbesuch nicht möglich wäre. So können unter Umständen eine genauere Diagnose und ein personalisierter Behandlungsplan erstellt werden. Bekannt sind auch die zum Teil mit Sturzsensoren ausgestatteten Hausnotruf-Systeme, mit denen vor allem allein lebende ältere Personen bei Bedarf Hilfe holen können. Zudem können moderne „smarte Pillen“ von Patient:innen geschluckt werden und kabellos Daten aus dem Inneren des Körpers an medizinische Fachkräfte übertragen.5
Rekrutierung und Management klinischer Studien: Klinische Studien, die biometrische Daten über IoT-fähige Geräte sammeln, können zunehmend außerhalb einer abgeschlossenen (Krankenhaus-)Umgebung durchgeführt werden. So können die Teilnehmer:innen ihren Alltag ohne größere Einschränkungen bestreiten, was die Zahl und die Teilnahmedauer der Patient:innen erhöhen kann. Dadurch, dass die Daten automatisch gesammelt werden, ist weniger Zeit für die Auswertung nötig und es können bei gleichem Budget mehr Patient:innen untersucht werden. Auch auftretende unerwünschte Ereignisse können schneller erkannt und gegebenenfalls behandelt werden.4
Im Bereich des Pharmamarketings können mit dem IoT verbundene Geräte nützliche Informationen zu den Märkten, den beteiligten Stakeholdern und den Patient:innen generieren. So können die sich verändernden Verhaltensweisen und Bedürfnisse verschiedener Fachbereiche und Regionen modelliert werden. Darauf basierend können wiederum gezielte Angebote für Marketing und Verkauf erstellt werden. Auch die Performance der eigenen beteiligten Teams und mögliches Verbesserungspotenzial lassen sich so aufzeigen. Gesundheitsdaten von Wearables der Kund:innen können per IoT gesammelt und durch künstliche Intelligenz ausgewertet werden, um typische Nachfragen bei bestimmten Bedingungen zu erkennen. Diese Informationen können auch in die Suchmaschinenoptimierung der eigenen Angebote miteinbezogen werden. Sind Echtzeitdaten verfügbar, könnten sogar direkt Benachrichtigungen an Kund:innen geschickt werden.4, 6, 7
Das Internet of Things erweckt Dinge zum Leben und schafft neue Möglichkeiten im Pharma- und Medizinproduktebereich. Nicht nur bekannte Beispiele wie Blutzuckermessgeräte können dabei wertvolle Informationen liefern, das IoT kann auch die einzelnen Schritte eines Produkts entlang der gesamten Lieferkette miteinander verbinden. So kann die Produktqualität sichergestellt, das Marketing personalisiert und sogar die Methodik klinischer Studien verändert werden.