Auch in der Gesundheitsbranche werden digitale Tools in der täglichen Praxis eingesetzt. Doch wie digital ist die Zielgruppe, welche Tools und Kanäle werden genutzt? Welche neuen digitalen Trends sind am Markt beobachtbar? Welche rechtlichen Herausforderungen ergeben sich daraus? Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus? – Fragen, denen sich die neu gegründete, von MedMedia und MEDahead unterstützte „Digital Healthcare Connection“ in ihren Netzwerktreffen künftig widmen wird. Der Erfahrungsaustausch unter den Pharma- und Medizintechnikunternehmen wird einmal pro Quartal mit Gastvorträgen initiiert. Ziel sei es, den Erfahrungsaustausch voranzutreiben, sagt Hank Sczerba, Global Commercial Director bei Croma-Pharma und Sprecher der Digital Healthcare Connection. Einmal pro Quartal werden daher Gastvorträge für den interaktiven Austausch unter Pharma- und Medizintechnikunternehmen organisiert.
Im ersten Treffen präsentierte Thorsten Peske, Geschäftsführer von SanaSolutions, die Ergebnisse einer gemeinsam mit MEDahead und MedMedia organisierten Umfrage, an der zwischen Juli und Oktober 2018 insgesamt 22 Digitalverantwortliche aus Pharma- und Medizintechnikunternehmen in Österreich teilgenommen hatten. Inhaltlich befasste sie sich mit der organisatorischen, strukturellen und strategischen Einordnung von Digital in den einzelnen Unternehmen ebenso wie mit Einschätzungen über die Zielgruppen und das digitale Nutzungsverhalten von Ärzten und Patienten. Ebenfalls im Fokus standen das digitale Know-how der Mitarbeiter und Erfahrungswerte in der praktischen Umsetzung. Keiner der befragten Digitalverantwortlichen beantwortete diese Frage mit den maximal möglichen 5 Punkten, nämlich „viel Erfahrung“. Der Durchschnittswert betrug 2,54, wobei 1 für „Basisverständnis“ stand.
Was die bisherigen Erfahrungen und digitalen Aktivitäten der Pharmaunternehmen angeht, zeigte sich eine starke Fokussierung auf einige wenige Tools. Im Durchschnitt nutzen die Befragten unabhängig von der Unternehmensgröße 7,6 verschiedene digitale Tools und Kanäle. Kaum bis wenig Erfahrung haben die Digitalverantwortlichen bei Formaten wie e-Congress, Webcasts und Social Media, wie beispielsweise Facebook und YouTube. Digital genutzt werden derzeit E-Learnings, Newsletter und Webseiten, z.B. für Ärzte. Dieses Nutzungsverhalten unterscheidet sich etwas von der persönlichen Einschätzung der Digitalmanager: Obwohl in der Praxis noch wenig genutzt, halten sie Social Media für eines der fünf erfolgversprechendsten Tools neben Webseiten, E-Mail, e-Detailing und Apps.
Die Pharmabranche denkt zum Teil bereits digital: Der Großteil der Befragten, nämlich zwölf von 22, gab an, dass im Unternehmen vorgegebene digitale strategische Ziele vorhanden seien. Zehn Unternehmen bejahten die Aussage, dass jede Produktstrategie das Thema Digital explizit berücksichtige und Ziele sowie KPIs festgelegt würden. Fünf Befragte gaben an, dass eine digitale Strategie schriftlich formuliert und Bestandteil der globalen Unternehmensstrategie sei. In fünf der 22 Unternehmen liegt der Umfrage zufolge keine schriftliche Digitalstrategie vor.
Wie sind die verantwortlichen Digitalmanager organisatorisch verankert? Hier gaben sechs Befragte an, dass Digital organisatorisch nicht verankert sei, weitere sechs sind Stabsstelle und der Geschäftsführung zugeteilt. Acht Digitalmanager sind in eine andere Abteilung eingebunden, beispielsweise in die Marketingabteilung. Zwei der Befragten gaben an, dass es in ihren Unternehmen keine Digitalabteilung gäbe.
Im Hinblick auf die Finanzierung werden digitale Aktivitäten in den Pharmafirmen hauptsächlich in den Marketingabteilungen budgetiert. So flossen 2017 bei einer Vielzahl der Befragten bis zu 20% des gesamten Marketingbudgets in digitale Projekte.
Die drei größten Herausforderungen für Digitalmanager im jeweiligen Unternehmen sind, (1) Wissensstand und Know-how bei den Mitarbeitern zum Thema Digital aufzubauen, (2) den Datenschutz zu gewährleisten und (3) die richtigen digitalen Kanäle zu finden. Themen, die Digitalmanager interessieren, sind Best Practices und Benchmarks aus den Bereichen Pharma und Non-Pharma (21 Nennungen), digitale Servicemöglichkeiten für Kunden (16 Nennungen), digitale Analytics, KPIs und darauf basierende Steuerungsmöglichkeiten im Unternehmen zu etablieren (14 Nennungen) sowie Möglichkeiten von Big Data im Gesundheitsbereich (12 Nennungen).
Letzteres wurde als Herausforderung auch durch Zahlen bestätigt, die Thoman Gaiswinkler, Enterprise Account Executive beim sozialen Netzwerk LinkedIn, in seinem Impulsvortrag präsentierte: Die Menge an produzierten Daten verdoppelt sich in etwa alle zwei Jahre, durchschnittliche Unternehmen erhöhten ihr Investment in künstliche Intelligenz im vergangenen Jahr um mehr als 300% und die Zahl der mit dem Internet verbundenen Geräte wird bis 2020 auf 200 Milliarden ansteigen. LinkedIn als digitale Plattform hat weltweit über 590 Millionen Mitglieder und 30 Millionen Mitgliedsunternehmen. Bei einer Befragung der aktiven Mitglieder im Zeitraum von Juni bis September 2017 gaben 74% an, sich über LinkedIn über ihre Branche und bestimmte Themen zu informieren, 72% nützen LinkedIn, um Personen und Unternehmen zu recherchieren, 70% verbinden sich mit anderen Mitgliedern zum Netzwerken und 46% informieren sich hier über Karrieremöglichkeiten. „Die Zielgruppe ist digital, informiert und möchte personalisiert angesprochen werden“, sagt Gaiswinkler.
Hinsichtlich der Zielgruppe liegt der Fokus in der digitalisierten Pharmaindustrie wenig überraschend auf Ärzten und Patienten. Nur wenige digitale Maßnahmen richten sich an das Pflegepersonal oder an die Gesamtöffentlichkeit. Obwohl Ärzte die wichtigste Zielgruppe sind, gaben 13 Befragte an, kaum Kenntnis über die digitalen Präferenzen ihrer Kunden zu haben. „Es wird zu wenig digital segmentiert: Welche Ärzte sind digitalaffin, welche nicht?“, sagt Peske. Auf die Frage nach der Einschätzung, wie viele Zielärzte sie digital erreichen würden, antworteten neun von 22, dass dies auf maximal 10% zutreffe. Weitere fünf schätzten, 11–20% ihrer Zielärzte über ihre digitalen Maßnahmen anzusprechen.
Auch in Bezug auf die Patienten als zweite wichtige Zielgruppe der Pharma- und Medizintechnikunternehmen zeigte sich ein ähnliches Ergebnis: Nur ein Befragter meinte, 75% der Zielpatienten durch digitale Maßnahmen zu erreichen. Der Großteil der Befragten gab an, maximal 5% der Zielpatienten derzeit digital zu erreichen.
Die Digitalisierung eröffnet breite Möglichkeiten, um zielgruppenspezifisch Inhalte zu transportieren. Abschließend wurden die Digitalverantwortlichen gefragt, wie sie die aktuelle Situation hinsichtlich der Digitalisierung in der Healthcare-Branche einschätzen und wie weit die Möglichkeiten derzeit genutzt würden. Auf einer Skala von 1 für „wenig genutzt“ bis 5 für „sehr gut genutzt“ waren sich die meisten Befragten einig: Es gäbe zahlreiche Möglichkeiten, doch nur wenige davon würden genutzt. Der Durchschnittswert bei dieser Frage lag bei 2,18.