Die Gesundheitslandschaft positiv ­verändern

Seit 1. Oktober 2024 ist Nicole Schlautmann Geschäftsführerin bei Merck Sharp & Dohme (MSD) in Österreich. Bereits nach wenigen Monaten im Unternehmen empfindet sie ein starkes „Heimatgefühl“, denn sie kann sich mit dem Motto von MSD gut identifizieren: „Ich war viele Jahre im Bereich seltene Erkrankungen, in dem es viele ‚Unmet Needs‘ bei den Betroffenen gibt, tätig. Einer meiner persönlichen Leitsätze ist daher: Wir können zwar nicht alles für jeden Patienten und jede Patientin tun, da uns teilweise (noch) die Möglichkeiten fehlen, aber alles, was wir tun, machen wir für die Patient:innen. Ich habe bei MSD festgestellt, dass hier nach demselben Motto gearbeitet wird. Es herrscht ein starkes Bestreben, die Bedürfnisse der Patient:innen und ihre ‚Unmet Needs‘ zu verstehen. Wir leisten als Unternehmen somit einen großen Impact für die Gesellschaft und sind damit wirtschaftlich erfolgreich. Diese patientenzentrierte Unternehmenskultur ist bei MSD spürbar und passt sehr gut zu meiner eigenen Überzeugung.“

Innovationen gemeinsam entwickeln

Das Unternehmen ist in den Bereichen Vorbeugung, Früherkennung und Therapie aktiv und verfügt über ein breit aufgestelltes Portfolio. „Wir decken 83% der 20 bedrohlichsten Erkrankungen mit Impfungen und Behandlungen ab und leisten einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesundheit. Uns ist das Verhindern von Krankheiten zum Beispiel durch die Impfung gegen HP-Viren und die damit verbundene deutliche Senkung des Risikos, an bestimmten Krebsarten zu erkranken, genauso wichtig wie dann doch auftretende Erkrankungen effektiv behandeln zu können. 2023 haben wir weltweit 550 Millionen Menschen mit unseren Medikamenten erreicht. Unsere Schwerpunkte liegen in der Onkologie, bei den Impfungen sowie im Hospital- und Specialty-Bereich“, erläutert Schlautmann.

Besondere aktuelle Meilensteine sind für sie die Entwicklung eines neuen Wirkmechanismus bei pulmonalarterieller Hypertonie (PAH) sowie eines Pneumokokken-Impfstoffs speziell für Erwachsene, der spezifisch gegen jene Erreger wirkt, die bei Erwachsenen relevant sind. „Um Innovationen hervorzubringen, gehen wir auch Kooperationen ein, beispielsweise mit dem Wiener Biotech-Unternehmen Proxygen, denn wir sind davon überzeugt, dass die heutigen Herausforderungen nicht alleine bewältigt werden können“, betont Schlautmann, die auch diese Zusammenarbeit als wichtigen Meilenstein sieht. Gemeinsam mit Proxygen erforscht MSD beispielsweise neue Wirkstoffklassen – unter anderem mithilfe künstlicher Intelligenz. Besonders im Fokus stehen dabei sogenannte Molecular Glue Degraders.

Durch Forschung Leben verändern

Bei MSD ist man zudem stolz darauf, an der Revolution der Krebstherapie beteiligt gewesen zu sein: Vor gut einem Jahrzehnt wurde die erste immunonkologische Therapie zugelassen, die seither das Leben vieler Menschen verlängern und ihnen eine neue Perspektive geben konnte. „Nun können mit dieser Therapieform dank intensiver Forschung und Entwicklung die Weichen für eine neue Zukunft gestellt werden – eine Zukunft, in der Krebs mehr als chronische denn als tödliche Krankheit betrachtet wird“, erklärt Schlautmann.

Über 50 Studien in Österreich

„Als forschendes Unternehmen sind wir sehr intensiv an klinischer Forschung in Österreich beteiligt“, berichtet Schlautmann. Weltweit investierte MSD 2023 über 30,5 Mio. US-Dollar in Forschung und Entwicklung; an 21.000 Standorten weltweit waren über 100.000 Menschen in Studien von MSD integriert. „Allein in Österreich sind wir an über 50 Studien an 80 verschiedenen Kliniken beteiligt“, so die Geschäftsführerin weiter. Als Ergebnisse dieses Engagements können in den nächsten Jahren einige Innovationen erwartet werden. Neben dem bereits erwähnten Pneumokokken-Impfstoff für Erwachsene befindet sich beispielsweise aktuell im Bereich RSV (Respiratory Syncytial Virus) ein gentechnisch hergestellter monoklonaler Antikörper zur Passivimmunisierung bei Säuglingen und Kleinkindern im europäischen Zulassungsverfahren. Schlautmann: „Auch in der Onkologie wollen wir weitere Fortschritte erreichen, denn auch hier zielen wir neben Verbesserungen in der Behandlung auf eine potenzielle Heilung ab.“

Heute Ideen von morgen

Um auch die Prävention in Österreich kon­tinuierlich voranzutreiben, braucht es laut Schlautmann das Gesamtsystem, denn hier gelte ebenfalls, dass kein Einzelplayer dies alleine bewältigen könne. „MSD sieht sich diesbezüglich als Pharmaunternehmen mit in der Verantwortung und möchte als Partner an der Gestaltung der Gesundheitslandschaft mitwirken. Daher setzen wir beispielsweise auch eigene Projekte zur Stärkung der Gesundheitskompetenz um. Denn letztendlich wollen alle Player im Gesundheitswesen das gleiche: eine nachhaltig finanzierbare Gesundheitslandschaft, die Innovation wertschätzt und am Ende den Menschen Vorteile bringt“, so Schlautmann.

Als Beispiele für Präventionsprojekte des Unternehmens nennt sie u.a. das Women Cancer Café oder das gemeinsam mit Social City Wien und Future Health Lab initiierte Projekt der „Gesundheitsbotschafter:innen – Krebsvorsorge für Frauen“, das sich speziell in migrantischen Communitys um eine Verbesserung des Bewusstseins für Krebserkrankungen und insbesondere die Erhöhung der Teilnahmerate zur Früherkennung von Brustkrebs bemüht.

Auch in Sachen HPV-Impfung ist MSD sehr aktiv und versucht, Bewusstsein für die Bedeutung dieser Impfung, die bestimmte Krebsarten verhindern kann, zu schaffen. „Um unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden, sind wir natürlich auch mit politischen Stakeholdern in Kontakt und organisieren beispielsweise gemeinsam mit der Karl Landsteiner Gesellschaft eine Veranstaltungsreihe namens ‚Zukunft Gesundheit – heute Ideen von morgen‘. Denn die Welt verändert sich, und zwar schnell – darauf müssen wir reagieren können“, unterstreicht Schlautmann.

Mehr Mut für Reformen

Gefragt nach den Stärken und Schwächen des österreichischen Gesundheitssystems, bewertet Schlautmann den sehr breiten Zugang zu Behandlungen sowie die sehr frühe Verfügbarkeit von Innovationen als große Stärken. Doch es gibt in ihren Augen auch große Herausforderungen: „Das System ist extrem fragmentiert, sowohl in der Organisation als auch in der Finanzierung. Daraus entstehen gravierende Diskussionen zwischen verschiedenen Stakeholdern, für die es Lösungen zu finden gilt.“ Als Beispiel nennt sie u.a. die Trennung von extra- und intramuralem Bereich. „Ich würde mir wünschen, dass die Verantwortlichen diesbezüglich mehr Mut zu Reformen hätten und – auch aus volkswirtschaftlicher Sicht – das große Ganze betrachten“, betont Schlautmann, denn sie sieht – wie viele andere – die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens als eine der großen Herausforderungen der Zukunft. So wäre es ihrer Ansicht nach eine sinnvolle Maßnahme, den extramuralen Bereich zu fördern, denn „dadurch würde der Druck, der derzeit im intramuralen Bereich landet, reduziert“. Ebenso wäre mehr Transparenz für die Finanzflüsse innerhalb des Systems begrüßenswert.

Zudem wünscht sie sich eine vermehrte Vermittlung von Gesundheitskompetenz, auch im Hinblick auf Prävention, die bereits bei Kindern ansetzen sollte, sowie einen stärkeren Fokus auf betriebliche Gesundheitsvorsorge. So fände sie beispielsweise eine Verlängerung des Eltern-Kind-Passes, der derzeit bis zum 6. Lebensjahr läuft, bis zum 18. Lebensjahr sinnvoll – „inklusive eines Belohnungssystems mittels Bindung an die Familienbeihilfe, das aber nicht wie bisher nach 15 Monaten enden sollte.“ Auch über Impfungen im Erwachsenenalter sollten die Menschen in Österreich verstärkt informiert werden, um nicht nur endlich die Chance voll nutzen zu können, bestimmte Krebsarten zu verhindern (wie z.B. durch die HPV-Impfung), sondern auch, um insgesamt die Menschen und das Gesundheitssystem vor hoher Krankheitslast zu schützen. „Über solche Präventionsmaßnahmen würden wir das Gesundheitssystem und auch die Volkswirtschaft finanziell entlasten“, ist Schlautmann überzeugt.

Abschließend plädiert sie für eine starke Digitalisierungsoffensive in Österreich, denn „in diesem Bereich haben wir Aufholbedarf. Dabei sollten wir natürlich immer Respekt vor Datenschutz haben – in diesem Bereich sind wir in Europa sehr gut aufgestellt und könnten weltweit führend werden. Doch wir dürfen Datenschutz nicht über den Schutz der Gesundheit von Menschen stellen. Ein Vorantreiben der Digitalisierung des Gesundheitsbereiches würde sich sehr schnell rentieren – wir müssen aber dringend damit beginnen!“