In den Pharmaunternehmen ist man sich bewusst, dass Omnichannel-Marketing auf die Customer Experience abgestimmt werden muss und die Kunden individuell abzuholen sind. Dabei spielt der interne Austausch zwischen den verschiedenen Abteilungen eine wichtige Rolle, damit authentisch nach außen kommuniziert werden kann.
Christian Kellner, Associate Director, Customer Excellence Lead Region Northern & Western Europe, Biogen Austria, betont: „Bei unseren Marketingaktivitäten ist es wichtig, zunächst einen Plan für eine bestimmte Zeitachse zu erstellen und dabei einen crossfunktionalen Mix einzubauen. Gemäß der Produktstrategie werden dabei die Touchpoints definiert. Danach werden die Aktivitäten so an die Zielgruppen ausgespielt, dass damit der größtmögliche Impact erzielt wird.“ Seine Kollegin Thy Lepcha, Digital Engagement Lead bei Biogen Austria, unterstreicht, dass bei allen Marketingaktivitäten sowie beim Verknüpfen der Kanäle die Customer Experience sehr wichtig sei. Kellner ergänzt: „Die Zielgruppe selbst ist dabei so kleinteilig wie möglich zu denken, denn jeder Mensch möchte aufgrund seiner Persönlichkeit und Vorlieben angesprochen werden, daher sollte auch die Marketingkommunikation so individuell wie möglich erfolgen.“
Dies sieht auch Alexandra Markis, Digital Squad Lead bei Roche Austria, so: „Zielgruppendefinition mittels Datenanalyse ist im Omnichannel-Marketing von größter Bedeutung, denn je personalisierter ich meine Botschaften rausschicken kann, desto besser! Dann kann ich meinen Zielgruppen zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal die richtige Information ausspielen. Zudem ist zu bedenken, dass unsere Zielgruppen wenig Zeit haben, daher müssen die Informationen einen Mehrwert bieten. Ob dies gelingt, kann ich über die Analyse von Rückmeldungen überprüfen.“ Auch Kellner hält solche wiederholten Feedback-Schleifen für sehr wichtig, um die Marketingaktivitäten immer wieder nachschärfen zu können.
Zudem unterstreicht Kellner, dass die Customer Journey auf den unterschiedlichen Kanälen gut ineinandergreifen müsse: „Die Geschichte, die wir erzählen wollen, muss sich durch das Verknüpfen der Kanäle ergeben. Das heißt, es geht nicht darum, ein Thema auf drei Kanälen unterschiedlich aufzubereiten, sondern darum, auf jedem Kanal Teilaspekte des großen Ganzen herauszugreifen. Denn viele User erreichen wir auf mehreren Kanälen und sie sollen keine redundanten, sondern sich ergänzende Informationen vorfinden.“ Dabei sieht er jeden Kanal mit eigenen Stärken, die es entsprechend zu nutzen gilt. Und Lepcha erklärt: „Für welchen Kanal wir uns entscheiden, hängt von der Botschaft ab. Eine wissenschaftliche Information beispielsweise ist für einen auditiven Kanal nicht so gut geeignet. Generell haben digitale Kanäle den Vorteil, dass man über sie sehr schnell eine größere Zielgruppe erreicht.“ Print werde zwar aus Ressourcengründen nicht mehr so häufig eingesetzt wie früher, sei aber nach wie vor ein wichtiger Touchpoint, der speziell im Fachbereich unverzichtbar ist, so Kellner.
In diesem Zusammenhang berichtet Lepcha, dass Printmailings, die schon fast als „ausgestorben“ galten, aktuell eine kleine Renaissance erleben: „Gezielt eingesetzt, sind Printmailings eine sehr spezielle Art der Kommunikation, die sehr gut ankommt – wer freut sich heutzutage nicht über einen persönlichen Brief, nachdem das so selten geworden ist!“Social Media werden bei Biogen ebenfalls in den Marketingmix involviert, und zwar immer dann, wenn die jeweilige Zielgruppe dort sehr aktiv ist. „Wenn die Zielgruppe Social-Media-affin ist, ergänzen wir unsere Marketingstorys dort durch entsprechenden Content. Zum Beispiel erreichen wir Onkolog:innen sehr gut über Twitter. Auch hier spielt der Mehrwert für die Nutzer:innen eine wichtige Rolle“, erläutert Lepcha.
Markis ist davon überzeugt, dass alle Marketingaktivitäten immer ausgehend vom Kunden bzw. von der Kundin geplant werden müssen: „Die entscheidenden Fragen sind: Wo erreiche ich meine Zielgruppe? Welche Bedürfnisse hat sie? Welche Message habe ich? In welcher Tonalität und Emotion muss ich diese nach außen transportieren, um meine Zielgruppe anzusprechen? Erst wenn ich diese Fragen beantwortet habe, kann ich den Kanal auswählen – und auf jedem Kanal muss ich dann unterschiedlich kommunizieren. Das heißt, meine Planung beginnt bei den Kund:innen, anschließend wird der Inhalt definiert und danach die Kanalentscheidung getroffen.“
Auch Miriam Beyer, Business Unit Director Obesity bei Novo Nordisk Österreich, ist davon überzeugt, dass man die Zielgruppen über verschiedene Kanäle ansprechen müsse: „Ich bin im Adipositas-Bereich tätig, also einem verschreibungspflichtigen Segment. Die Fachkreise – Ärzt:innen und ausgewählte Apotheker:innen – adressieren wir über Kongresse, Online-Portale und -Fortbildungen, E-Mail-Marketing sowie wissenschaftliche Berichterstattung und Advertorials im Printbereich.“ Welcher Kanal zum Einsatz kommt, hänge dabei immer stark von den Inhalten ab. „Bei Neuigkeiten setzen wir zuerst eher auf den Außendienst und den Face-to-Face(F2F)-Kontakt. Dieser persönliche Kontakt dient ja immer noch stark dem Beziehungsaufbau – und das wird auch trotz Voranschreiten der Digitalisierung so bleiben! Anschließend werden parallel oder nacheinander Digital- und Printkanäle eingesetzt. Diese Entscheidung hängt unter anderem auch von der gewünschten Reichweite und Geschwindigkeit ab“, so Beyer.
Bei eher nicht so bekannten Themen werde hingegen eher mit digitalen Aktivitäten gestartet, um Aufmerksamkeit zu schaffen und Basisinformationen zu vermitteln. „Dies empfiehlt sich z.B. bei Ärzt:innen, die noch nicht so gut über unsere Themen informiert sind. Für jene Ärzt:innen, die bereits informiert sind, fokussieren wir hingegen verstärkt auf Serviceangebote“, berichtet Beyer weiter.
Auch bei Disease Awareness setzt man bei Novo Nordisk verstärkt auf Online-Kanäle. „Der Fokus liegt dabei auf unserer Landingpage www.abnehmen.at. Alle anderen Medien, die wir im Laienbereich einsetzen, dienen dazu, auf diese hinzuleiten“, erklärt Beyer.
Auch Markis ist davon überzeugt, dass Patient:innen vor allem online nach Informationen suchen und daher dort adressiert werden müssen: „Mit unserer neuen Patientenplattform www.zukunftdermedizin.at wollen wir diesem Bedürfnis nachkommen. Social Media wie Instagram, Facebook und LinkedIn spielen dabei ebenfalls eine Rolle und können für das Empowerment von Patient:innen gut eingesetzt werden. Unter den Ärzt:innen sind Printmedien durchaus noch beliebt, daher ist in Richtung HCPs die Verknüpfung von Print- und digitalen Kanälen oftmals ein guter Weg.“
Zu Beginn des Produktzyklus sollte man sehr bewusst alle Kommunikationskanäle bespielen, ist Beyer überzeugt. Mit zunehmender Bekanntheit könne man dies dann sukzessive zurückfahren, zunächst im F2F-Bereich, dann digital usw. „Bei solchen Entscheidungen spielt natürlich auch die Situation hinsichtlich des Wettbewerbs etc. eine Rolle“, erläutert Beyer.
Marketingabteilungen von Pharmaunternehmen arbeiten heute mit Market Access, Medical, Außendienst, Kommunikations- und Digitalabteilung etc. eng zusammenarbeiten. Für Kellner ist klar, warum der Austausch zwischen diesen Abteilungen so wichtig ist: „Die Kund:innen sollen Biogen erleben, und zwar in einem Guss, als ganzheitliches Erlebnis. Diese Customer Experience gelingt nur, wenn wir uns intern intensiv austauschen – und dabei steht immer der Kunde bzw. die Kundin im Mittelpunkt.“
Auch Novo Nordisk ist integrierte Kommunikation ein wichtiges Anliegen. „Wir stimmen uns natürlich auch darüber ab, wer welche Themen wem zuerst kommuniziert. So werden wissenschaftliche Fakten beispielsweise zuerst einmal von den Medical-Mitarbeiter:innen nach außen getragen“, gibt Beyer Einblick.
Bei Roche sieht man dies ähnlich. „Wir alle sind eine Firma und müssen mit einer Message nach außen auftreten. Zudem kommunizieren die verschiedenen Abteilungen teilweise mit denselben Zielgruppen. Daher muss die Kommunikation nahtlos erfolgen. Dafür braucht es eine sehr hohe Transparenz zwischen den Abteilungen und auch ein großes Verständnis füreinander. Denn letztendlich haben wir alle ein gemeinsames Ziel: innovative Produkte zu den Patient:innen zu bringen“, betont Markis abschließend.