Mag. Dietrich Göller: Ich bin ein überzeugter Teamplayer, daher definiere ich gemeinsam mit dem PMCA-Vorstandsteam die nächsten Entwicklungen des PMCA. Der erste Schritt war es, den PMCA zu öffnen: Wir haben das PMCA-Vorstandsteam vervollständigt, indem wir öffentlich eine Nachfolge gesucht haben. Die Entscheidung ist dank sehr guter Kandidaten schwergefallen. Mit Lisa Grossmann und Nina Saurer im Team haben wir nun gleichzeitig die nächste Generation an Bord geholt.
Unsere Zielsetzungen – auch unter www.pmca.at zu finden – sind unter anderem, Wissensvorsprung, Innovation und auch Verbindungen herzustellen. Durch die bereits seit Langem anhaltenden Einschränkungen durch COVID-19 sind unsere großen Veranstaltungen zum persönlichen Austausch ausgefallen, was uns sehr leid- und wehtut. Hier arbeiten wir daran, neue Formate und Kanäle zu schaffen, wie wir beispielsweise Kreativität in einer „Digital Distance“-Zeit prämieren oder wie wir laufend Themen aufgreifen können, die für Youngsters in der Pharmaindustrie von Interesse sind, damit diese direkt und unkompliziert abgerufen werden können.
Wir wollen für die Marketers und Mitglieder unterschiedliche „Wissenshappen“ in neuen digitalen Formaten transportieren und auch neue Foren entwickeln, in welchen nach COVID-19 das Netzwerken möglich ist. Denn menschlicher Kontakt und Austausch bleiben sehr wichtig. Gerade bei der jüngeren Zielgruppe kann man mit langen Vorträgen nicht mehr punkten, hier braucht es kurze, knackige Informationseinheiten, die dann in modernen Formaten – neben E-Mail-Newslettern, z.B. in einem Podcast oder Ähnlichem – transportiert werden. Wir wollen unter anderem auch aufzeigen, wie der Arbeitsalltag in den unterschiedlichen Jobs in der Pharmabranche aussieht, um verschiedene Karrierebilder darzustellen.
Zum Beispiel erschweren es die unterschiedlichen IT-Systeme bzw. -Programme, Ausstattungen und Benutzeroberflächen, den Kontakt zum Health Care Professional (HCP) zu erhalten (Firewalls in Spitälern usw.). Der erfahrene Außendienst tut sich leicht im Kommunizieren, jedoch schwerer in der Bedienung der Technik – und dabei ist die Zeit zum digitalen Austausch mit dem Arzt sehr kurz. Jetzt zeigt sich, wer eine gute Gesprächsbasis zu „seinen“ HCPs hat und wer nicht mehr zu ihnen durchdringt. Denn in der digitalen Form ist es für den HCP sehr einfach, digitale Videokonferenzen oder Telefonanrufe nicht mehr anzunehmen.
Die Kunst in der Zukunft wird es sein, neben attraktiven Inhalten und dem Beherrschen der Technik dem HCP einen Austausch genau dann zu bieten, wenn dieser es will, und auch in der Art und Weise, in der er es will. Damit wird das Spektrum an Möglichkeiten der Informationsübermittlung viel breiter und die Fähigkeit der schnellen Anpassung noch wichtiger. Das Marketing wird noch stärker gefordert, für die jeweiligen Arzt-Zielgruppen die Key Messages in der entsprechenden Form auszuarbeiten. Gab es früher eine Anzeige, einen Folder, ein Roll-up und eine Kittelkarte, so wird die Printpalette nun um eine Vielzahl an digitalen Formaten erweitert – eine Herausforderung für Marketing und Sales gleichermaßen.
Ja, wir erleben einen nachhaltigen Digitalisierungsschub, und das erkennen wir in allen Bereichen unserer Marketerarbeit. Das Thema nach Corona wird „Hybrid“ lauten! Wurde Homeoffice vorher kritisch gesehen, wird es nach Corona eine Mischform an Büropräsenz und Homeoffice geben. Und Marketingtalente müssen nicht mehr in der „Büro-Stadt“ leben.
Veranstalter werden neue Hybridformen entwickeln müssen. Nach dem Ende der Pandemie wird es zuerst ein starkes Bedürfnis nach persönlichem Austausch und Präsenzveranstaltungen geben, doch das wird sich einpendeln und ein beachtlicher Teil an HCPs wird die Vorteile einer digitalen Veranstaltung dem Zeitaufwand einer Präsenzveranstaltung vorziehen. Hier werden sich neue Hybridformate entwickeln müssen.
Auch die Bewerbung durch den Außendienst wird eine hybride Form zwischen persönlichem Gespräch, wenn es wirklich wichtig ist, und digitalem Gespräch, wenn es um Erinnerung oder Updates geht, sein. Das bedeutet eventuell eine Veränderung in der Größe der betreuten Gebiete und auch in der HCP-Segmentierung gemäß der bevorzugten Ansprache. Eine der entscheidenden Fragen wird lauten: Wie sprechen wir die unterschiedlichen Typen am besten an?
Auch für den PMCA bedeutet hybrid, dass wir neue Formate starten und probieren müssen, um die unterschiedlichen Themen kurz und bündig darzustellen und digital abrufbar zu machen, und gleichzeitig auch physische Veranstaltungen anbieten, bei denen die Vernetzung und das Kennenlernen im Vordergrund stehen. Denn nicht nur die Marketers sind privat sehr digital geworden, auch die neue Generation an HCPs ist digital affiner als von den Firmen gedacht. Aber auch in Zukunft werden wir Menschen bleiben, das bedeutet, wir wollen nicht nur reinen Informationsaustausch, sondern auch „reale“ Gespräche führen und Menschen kennenlernen – und das geht nur mit attraktiven Präsenzkonzepten.
Aufgrund der Pandemiesituation wohl eher nicht als Präsenzveranstaltung. Aber wir haben gerade eine Arbeitsgruppe gegründet, um zu überlegen, wie wir auch 2021 die Kreativität der Branche feiern können.
Ich glaube, jeder Marketer im Pharmabereich hätte gerne mehr Freiheit in der Bewerbung, um der Kreativität mehr Raum zu geben. Das Wichtige ist jedoch, den Hintergrund und die Zielsetzung der strengen Auflagen zu verstehen. Gesundheit ist ein hohes Gut und bei Krankheiten und Therapien mit rezeptpflichtigen Medikamenten muss nach Fakten und Erfahrung entschieden werden. Und diese Kompetenz liegt beim Arzt und nicht beim Patienten. Es gibt jedoch unterschiedliche Möglichkeiten, um einen Arzt anzusprechen, zu überzeugen oder eine Therapie mit weiterführenden Services zu unterstützen – und hier öffnet sich eine Tür, wo für uns Kreativität beginnt. Social Media ist ein schwieriges Terrain, da es sich vorwiegend um ein Laienpublikum handelt; allgemeine Informationen und Awareness-Kampagnen sind machbar, aber ansonsten ist und bleibt das ein Bereich für rezeptfreie Produkte.
Vielen Dank für das Gespräch!