Blackout. Was passiert, wenn ein paar Tage der Strom ausfällt und nichts mehr funktioniert: keine Wasserversorgung, keine Tankstelle, keine Kommunikation; wenn die gesamte Infrastruktur zusammenbricht? Was passiert, wenn Hacker ins Stromnetz und damit auch an Versicherungs- und Gendatenbanken gelangen – und diese Daten nicht nur stehlen, sondern auch manipulieren und verfälschen? Wer kontrolliert unsere Daten und wie verschieben sich damit die Machtstrukturen? Und wie verändern die Möglichkeiten des genetischen Enhancements unsere gesellschaftlichen Normen?
Die Digitalisierung hat eine moderne, vernetzte Welt mit ungeahnten Möglichkeiten, aber auch mit zahllosen wechselseitigen Abhängigkeiten geschaffen – und die Gesellschaft noch vulnerabler gemacht.
In seinem Keynote-Vortrag zeigte der internationale Bestsellerautor Marc Elsberg – ausgehend von Szenarien seiner bekannten Thriller BLACKOUT, ZERO und HELIX – mögliche Folgen der modernen Technologien auf: für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft und für politische Strukturen.
Marc Elsberg schreibt Science-Thriller, also Thriller, die auf modernsten Entwicklungen und Erkenntnissen der Wissenschaft aufbauen und diese mit Spannung verbinden – und dafür recherchiert er tief. Fühlt er sich als Rufer in der Wüste mit all dem, was er voraussagt? Nein, in erster Linie fühle er sich als Unterhalter und als Übersetzer. „Ich finde all diese Themen wahnsinnig spannend und unterhaltsam, deswegen mache ich auch Thriller daraus“, sagt der bekennende News- und Wissensjunkie. Mit seinen Büchern will er es den Lesern ermöglichen, Zugang zu diesen Themen zu finden, um eine informierte Debatte darüber führen zu können.
Die Vernetzung hat neue Abhängigkeiten geschaffen. Die Gefahren sieht Elsberg vor allem darin, dass herkömmliche Institutionen – der Staat, die Versicherungen, aber auch das klassische Mediengefüge – infrage gestellt werden und es dadurch zu gewaltigen Machtverschiebungen in der Gesellschaft kommt. Das Problem sei nicht die Machtverschiebung per se, sondern wie man damit umgehe, so Elsberg. War die Idee bei der Etablierung des Internets noch eine Demokratisierung von Wissen, so haben mit Google, Facebook und Amazon heute einige wenige Unternehmen eine Macht angehäuft, „wie sie zuvor in der Menschheitsgeschichte noch nie jemand gehabt hat“.
Moderne Technologien, insbesondere auch in der Medizin und im Gesundheitswesen, werden auch die gesellschaftlichen Normen verändern – und haben sie schon verändert. Das allein sei jedoch nicht verkehrt, im Gegenteil, sagt Elsberg: „Wichtig ist, dass die ethische und philosophische Diskussion mit der Technologie mitdenkt und sich mitentwickelt.“
Ganz im Sinne des Mottos der Enquete „moreTECH – moreTOUCH“ sieht Elsberg keinen zwingenden Widerspruch von Digitalisierung und Menschlichkeit. Vielmehr könnte die Digitalisierung – wie auch schon früher jede Automatisierung, jede Auslagerung von menschlichen Tätigkeiten an die Maschine – es dem Menschen ermöglichen, sich noch mehr auf das eigentlich Menschliche zu konzentrieren: „Ein bisschen müssen wir uns von alten Gedanken lösen, dass manche Dinge menschlich seien, die es vielleicht gar nicht sind.“ Elsberg verweist auf Sokrates, der die Verunsicherung über die Erfindung der Schrift thematisierte, weil nichts mehr auswendig gelernt und erklärt werden müsse. Die Angst vor neuen Technologien gab es also damals wie heute, wenn Menschen Angst davor haben, dass wir unser Denken an die künstliche Intelligenz auslagern.
Was können wir nun als Gesellschaft tun, um eine positive Integration der neuen Technologien zu ermöglichen? Elsberg: „Uns mehr darüber informieren! Über die Möglichkeiten, aber auch über die Chancen. Dann können wir auch informierter und fundierter darüber diskutieren, um zu sinnvollen gemeinsamen Entscheidungen zu kommen.“
In seinem jüngsten Buch GIER befasst sich Marc Elsberg übrigens mit dem Wert von Gemeinschaft und mit den Themen Individualität und Diversität als Voraussetzung für eine prosperierende Gesellschaft. Der Plot des Thrillers spannt sich um eine mathematische Formel, die Wohlstand für alle verheißt.
Quelle: Keynote von Marc Elsberg – „Digital Disruption“. Zukunftsenquete healthcare 2030; Wien, am 13. 11. 2019