Do-it-yourself-MAFO

Wie so oft ist auch eine „Do-it-yourself-Marktforschung“ eine Frage der Dosierung.

Self-Mafo-Tools mit Vorsicht einsetzen

Dr.in Gudrun Auinger, Sales Professional bei Insight Health GmbH, hält Self-Mafo-Tools bei kleineren Projekten für einen gangbaren Weg, sieht aber auch enge Grenzen des Möglichen: „Man kann heute mit wenigen Klicks eine Online-Befragung aufsetzen und den Link an die Zielgruppe aussenden. Doch bereits die Fragebogengestaltung verlangt Expertise!“ So muss beispielsweise zu Beginn genau definiert werden, was man erfahren will. Dann gilt es zu überlegen, wie man zu diesen Ergebnissen kommt. „Weiters darf es zu keinem Bias, also einer Verzerrung zwischen den Fragen, kommen, diese dürfen sich nicht gegenseitig beeinflussen. Ganz ohne Hilfestellung von Marktforschungsexpert:innen geht das bei komplexen Fragestellungen nicht“, ist Auinger überzeugt. Zwar könne man KI bei der Erstellung von Fragebögen einsetzen, „aber nur, um Ideen zu generieren – für alles Weitere ist immer noch der Mensch erforderlich“. Dies liegt ihrer Meinung nach auch daran, weil die Projekte im Healthcare-Bereich so komplex sind, dass die KI-Tools hier nicht mit den menschlichen Expert:innen mithalten können. Generell stellt Auinger klar: „Ich glaube, dass KI nie in der Lage sein wird, alleine Marktforschungen durchzuführen. Es wird immer die Marktforscher:innen brauchen, die die Zusammenhänge erkennen und verstehen!“

Nicht nur in eigener Bubble denken

Mag.a Eva Brosch, MBA, Managing Director bei medupha, hält die unzähligen Tools, die es für das Erstellen von „Do-it-yourself“-Marktforschung bereits gibt, zwar durchaus für einsetzbar, aber „MAFO ist nur so gut wie die Expertise des Aufstellers bzw. der Aufstellerin“. Sie sieht wie Auinger bereits bei der Fragebogenerstellung Expertenwissen als wichtiges Qualitätsmerkmal. Dasselbe gilt in ihren Augen für die Erarbeitung der MAFO-Zielsetzung, die Auswahl der Zielgruppe(n) und auch die Interpretation der Daten. „Außerdem glaube ich, dass Ärzt:innen eher bei Befragungen durch unabhängige Institute mitmachen als bei Marktforschungen, die von Pharmaunternehmen selbst durchgeführt werden“, meint Brosch. Außerdem sei es die Aufgabe von Marktforschung, objektive Daten zu liefern. „Wir alle leben in unserer eigenen, von diversen Algorithmen gesteuerten Bubble. Das betrifft auch unser Arbeitsumfeld. Ich denke, dass es bei Marktforschungen wichtig ist, dass jemand von außen auf das Thema, die Pro­blemstellung, die Zielgruppe schaut. Sonst wählt bzw. formuliert man die Fragen – teilweise sogar unbewusst – danach, was man hören will, bzw. interpretiert die Ergebnisse nach seiner Erwartungshaltung. Das führt zu verfälschten Ergebnissen“, betont Brosch.

Außendienst-Rückmeldungen als MAFO-Ergänzung

Für Dr. Walter Wintersberger, Senior Research Director bei Spectra Marktforschung, sollte ein Unternehmen auf einen Mix aus Kundenfeedback, Rückmeldungen vom Außendienst, professioneller Marktforschung/externer Beratung und kollektiver Intelligenz seiner Mitarbeiter:innen setzen. Do-it-yourself-Marktforschung ist in seinen Augen ein – je nach Expertise und Geschick des/der Durchführenden – mehr oder weniger hilfreiches Zusatztool. „Man sollte sich aber immer bewusst machen, dass die Methodenauswahl Erfahrung erfordert, denn nicht jede Methode funktioniert bei jeder Fragestellung. Zudem braucht es einiges an psychologischem und sozial-empirischem Grundwissen, um zu erkennen, wie Antworten zu bewerten sind und was sie im Kontext bedeuten. Nicht jede Frage wird von Befragten so verstanden, wie von den Fragebogen-Autor:innen intendiert. Und Befragte sind keine ‚Antwortmaschinen‘, sondern Persönlichkeiten mit Emotionen, Interessenlage usw., die durchaus auch strategisch antworten. Das ist alles bestens untersucht. Daher wird es oft eine gute Idee sein, Marktforschungsexpert:innen hinzuziehen.“