Seit 1. November 2020 ist Anthea Cherednichenko, MPH, MBA, Geschäftsführerin der Takeda Pharma Ges.m.b.H. Die Public-Health-Expertin kommt aus dem Bereich der seltenen Krankheiten und ist bereits seit acht Jahren in verschiedenen Funktionen für Takeda tätig. Sie ist stolz auf die lange Tradition des Unternehmens: „Takeda ist fast 240 Jahre alt. Von Beginn an drehte sich alles um die Frage, wie wir mehr für die Patienten tun können. Das hat sich bis heute nicht geändert.“ Auf dieser Basis wurde der „Takeda-Ismus“ entwickelt. „Die Prinzipien, an die alle Takeda-Mitarbeiter glauben und die uns jeden Tag am Herzen liegen, sind Integrität, Ausdauer, Fairness und Ehrlichkeit. Zudem folgen wir dem Entscheidungsprinzip PTRB, das steht für Patient-Vertrauen-Reputation-Business (Patient, Trust, Reputation, Business)“, beschreibt Cherednichenko die Firmenphilosophie. Auch Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion sind wichtige Kernwerte des Unternehmens, die im täglichen Miteinander gelebt und auch nach außen in die Gesellschaft getragen werden.
Eine große Veränderung bei Takeda war die Übernahme des irischen Pharmakonzerns Shire im Jahr 2019. „Es ist uns gelungen, zwei Firmen zu einem globalen, werteorientierten, auf Forschung und Entwicklung fokussierten Unternehmen zusammenzuführen. Jetzt, nach zwei Jahren, ist die Integration abgeschlossen und wir stehen als ein starkes Unternehmen da, das das Beste aus beiden Welten vereint, immer noch eingebettet in die bereits erwähnten spezifischen Takeda-Werte“, berichtet Cherednichenko. Das dadurch vergrößerte Medikamentenportfolio kommt nun den Patienten weltweit zugute. „Das hat auch für Österreich eine Veränderung mit sich gebracht – wir haben jetzt hierzulande 4.500 Mitarbeiter. Österreich ist damit ein wichtiger Teil der globalen Takeda-Organisation, beinahe jeder zehnte Mitarbeiter von Takeda arbeitet in Österreich. Dadurch haben wir die Möglichkeit, Patienten in Österreich noch besser zu unterstützen, z.B. durch die Einrichtung von Forschungs- und Entwicklungszentren etc.“
Ein wesentlicher Schwerpunkt der Takeda-Pipeline liegt auf dem Bereich seltener Erkrankungen. „Gerade bei seltenen Erkrankungen sind Patienten derzeit oftmals unterversorgt, weil die Behandlungsoptionen suboptimal sind. Wir als Takeda wollen dazu beitragen, das zu ändern, indem wir gerade dort in Forschung und Entwicklung investieren, wo Verbesserungen des Therapiestandards nötig sind“, erklärt Cherednichenko. Ein Beispiel aus diesem Portfolio-Bereich ist das Molekül TAK755, das für kongenitale thrombotisch-thrombozytopenische Purpura erforscht wird. „Der Therapiestandard bei dieser Erkrankung, bei der die Betroffenen einen Mangel an Thrombozyten im Blut aufweisen, ist Plasmaaustausch – eine sehr belastende Behandlung. Wir wollen daher eine alternative Therapieoption anbieten, die das ersetzt, was bei den betroffenen Patienten fehlt“, erläutert Cherednichenko.
In Zukunft will Takeda zudem verstärkt daran arbeiten, Patienten über medikamentöse Therapien hinaus bei ihren Bedürfnissen zu unterstützen. Cherednichenko: „Wir wollen Dienstleistungen für eine ganzheitliche Patientenversorgung anbieten, um damit die Adhärenz zu fördern und eine optimale Behandlung der Patienten sicherzustellen.“ Daher steht Takeda in engem Kontakt zu Patienten und ihren Vertretungen. „So fragen wir uns zum Beispiel, was wir dazu beitragen können, dass Patienten in manchem Fällen zu Hause statt im Krankenhaus behandelt werden können. Das wäre eine Unterstützung für die Betroffenen und auch für das Gesundheitssystem. Wir bieten daher bereits eine Reihe von häuslichen Pflegediensten an und sehen dies auch als wichtigen Auftrag für die Zukunft“, gibt die Takeda-Geschäftsführerin Einblick.
Zudem versucht das Unternehmen, auch bei Gesprächen mit anderen Stakeholdern das Patientenwohl immer wieder in den Fokus zu rücken. „Viele unserer Aktivitäten dienen diesem Zweck, unter anderem das Projekt H2O (Health Outcomes Observatory), das wir in den letzten Monaten ins Leben gerufen haben. Dieses gesamteuropäische und unternehmensübergreifende Projekt, das sich über verschiedene Therapiebereiche erstreckt, bringt den öffentlichen und den privaten Sektor in einer strategischen Allianz zusammen, um ein beispielloses, standardisiertes Datenverwaltungs- und Infrastruktursystem in ganz Europa zu schaffen und die Meinungen und Präferenzen der Patienten in Entscheidungen einzubeziehen, die ihre individuelle Gesundheitsversorgung und letztlich die der gesamten Patientengemeinschaft betreffen“, berichtet Cherednichenko. An H2O sind neben Takeda auch andere Pharmaunternehmen sowie Universitäten, Forschungseinrichtungen etc. beteiligt. „Genau solche Aktivitäten sind der richtige Weg, um wertebasierte Partnerschaften innerhalb des Gesundheitssystem zu schaffen, die der Unterstützung von Patienten und Ärzten dienen. Besonders freut mich, dass Österreich an diesem Projekt federführend beteiligt ist“, betont sie.
Auch die Coronakrise hat bezüglich der Patientenversorgung zu Herausforderungen geführt. „Zum einen mussten wir Lösungen finden, wie wir mit anderen Menschen in einem rein virtuellen Umfeld in Kontakt treten, Erkenntnisse gewinnen, Informationen teilen und den wissenschaftlichen Austausch fördern können. Zum anderen ging es darum, die Versorgung der Patienten mit lebensrettenden Medikamenten auch während der Pandemie aufrechtzuerhalten.“ Takeda ist zudem an der CoVIg-19 Plasma Alliance beteiligt, einem Zusammenschluss verschiedener Pharmaunternehmen, die gemeinsam daran arbeiten, ein plasmabasiertes Medikament für die Behandlung von COVID-19 zu entwickeln.
Einen großen Vorteil des österreichischen Gesundheitssystems sieht Cherednichenko im raschen Marktzugang neuer Medikamente. Zudem schätzt sie die Transparenz des Systems: „Eine Herausforderung sehe ich im Bereich Finanzierung. Hier zwischen stationärem und ambulantem Bereich zu unterscheiden, trägt meiner Ansicht nach nicht zu einem ganzheitlichen Blick bei, der meines Erachtens erforderlich wäre. Denn die entscheidende Frage lautet doch, wie wir die öffentlichen Gesundheitsinvestitionen am besten zum Wohle der Patienten einsetzen können.“
Ein Aspekt, der ihrer Meinung nach viele europäische Märkte in Zukunft verstärkt beschäftigen wird, ist der Zugang zu mehr Arzneimitteln für seltene Erkrankungen. „Bei seltenen Erkrankungen sind die Patientenpopulationen sehr klein, das heißt, wir haben es in den Studien mit begrenzten Datenmengen zu tun. Dafür müssen wir eine eigene Evaluierungsmethode entwickeln“, sagt Cherednichenko, die dabei auch die Pharmafirmen in der Pflicht sieht, gemeinsam mit den Zahlern und dem Gesundheitssystem: „Wir als Unternehmen müssen uns fragen, wie wir mit den aussagekräftigsten Daten auf den Markt kommen können, um den Anforderungen der Zulassungsstellen und Zahler zu genügen.“
Gerade in Zeiten wie diesen – mit zahlreichen Veränderungen aufgrund der Coronakrise und der Erkenntnis, dass derzeit niemand weiß, wie sich diese globale Pandemie in den nächsten Monaten entwickeln wird – ist es für Cherednichenko wichtig, über die aktive Gestaltung der Zukunft nachzudenken: „Zunächst einmal müssen wir uns fragen, wie es mit dem Digitalisierungsschub der letzten Monate weitergehen kann und soll. Das geht über virtuelle Interaktionen mit Gesundheitsfachleuten hinaus. Wir müssen beispielsweise auch über die verschiedenen Möglichkeiten von Telemedizin nachdenken, sowohl im niedergelassenen als auch im stationären Bereich.“
Dies sei auch vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation vieler Gesundheitssysteme relevant, wie Cherednichenko betont: „Der finanzielle Druck auf die Gesundheitssysteme wird in den nächsten Monaten und Jahren zunehmen, denn die wirtschaftliche Situation in vielen Ländern ist aufgrund der COVID-Krise durch Verluste und hohe Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Gerade deswegen müssen wir als pharmazeutische Unternehmen jetzt daran arbeiten, den Patientenzugang vor allem in den Bereichen der seltenen Krankheiten zu verbessern, um die Patientenversorgung möglichst effektiv und effizient zu gestalten“, so die Takeda-Geschäftsführerin abschließend.