Fachärzt:innen bauen auf ­Fachzeitschriften

Die Arbeitsgemeinschaft LA-MED Kommunikationsforschung im Gesundheitswesen e.V. hat im August 2024 die Ergebnisse der LA-MED Facharzt-Studie 2024 veröffentlicht. Für die Reichweitenstudie auf Basis des ZAW-Rahmenschemas für Werbeträgeranalysen gaben über 2.600 Fachärzt:innen aus Praxis und Klinik Auskunft über ihr berufliches Mediennutzungsverhalten. Die repräsentative Studie wurde vom Marktforschungsinstitut IFAK durchgeführt. Neben den klassischen Reichweitendaten LpA (Leser:in pro Ausgabe), Leser-Blatt-Bindung und Kernleser:innen gehören auch die generelle Nutzung von beruflichen Informations­quellen, die Relevanz von Touchpoints differenziert nach zwei Alltagssituationen, die Nutzung von Fortbildungsangeboten, die ­Aktivierungsleistung von Fachzeitschriften sowie die Nutzung von Social-Media-Angeboten zum Themenspektrum.

Hohe Leser-Blatt-Bindung der Fachzeitschriften

Das Reichweitenniveau liegt insgesamt sehr hoch, die Spitzenreiter in den Fachgruppen erreichen 70–80% LpA. Mehr als die Hälfte der Titel erreicht regelmäßig über die Hälfte der jeweiligen Zielgruppe (LpA). Zudem haben die Titel einen hohen Anteil an Kernleser:innen; damit sind diejenigen Leser:innen gemeint, die konstant nahezu jede Ausgabe des Titels lesen.
Den hohen Stellenwert der Titel für ihre Leser:innen unterstreicht auch die hohe Leser-Blatt-Bindung („Vermissensfrage“). „Die Fachärzt:innen erweisen sich als treue Fachmedien-Nutzer:innen. Sie lesen ‚ihre‘ Titel intensiv und schätzen die medizinischen Fachmedien als verlässlichen und fachlich kompetenten Relevanzfilter in der Fülle der Informationsangebote“, resümiert Stephan Kröck, MedTriX Verlagsgruppe und Vorstand der LA-MED. „Die medizinischen Fachverlage verstehen ihre Zielgruppen und liefern ihr passgenaue Medienangebote für den beruflichen Alltag in Klinik und Praxis“, analysiert Jens Dessin, Springer Medizin Verlag und LA-MED Studiengruppenleiter, die Studienergebnisse. Sören Winzer, Geschäftsführer des IFAK Instituts, ergänzt:
„Im Vergleich zu anderen Medienmärkten sind die Reichweiten im medizinischen Fachbereich sehr hoch – Publikumstitel träumen von solchen Werten – und es ist keine Substitution durch andere Medienkanäle zu erkennen. Vielmehr erweisen sich die Fachärzt:innen als sehr medienaffin und es ist ihnen offenbar wichtig, sich umfassend und aus unterschiedlichen Quellen zu informieren.“

Fachzeitschriften als relevanter Touchpoint

Fachärzt:innen steht ein umfangreiches Angebot an Touchpoints zur Verfügung, um sich fachlich zu informieren, sowohl persönlich als auch in Print oder Web. Wann welche Touchpoints besonders relevant sind, untersucht der Touchpoint-Relevanz-Check im Rahmen der Facharzt-Studie. In der Studie 2024 wurden für den Touchpoint-Relevanz-Check und für die beruflichen Informationsquellen die Fragestellungen im Vergleich zu den Vorgängerstudien etwas verändert. Sowohl bei den Print- als auch bei den Onlinemedien gibt es nun differenziertere Angaben: In der Frage nach den generell genutzten beruflichen Informationsquellen wurde das bisherige übergreifende Item „Internet“ aufgespalten in „Fach-Websites“, „Fach-Communities“ und „Newsletter“. Der Vergleich zu den Vorgängerstudien zeigt, dass es letztlich bei den Top 5 der Informationsquellen bleibt: Es führen die Fachzeitschriften, gefolgt von Kollegengesprächen, Tagungen/Kongressen, Fachbüchern und den erstmals so erhobenen Fach-Websites (siehe Abb. 1).

Im Touchpoint-Relevanz-Check werden die Medienangebote noch etwas detaillierter erhoben und ihre Relevanz im Hinblick auf zwei unterschiedliche Situationen erfragt: Welche Touchpoints sind relevant, wenn es um Standardtherapien geht, und welche sind es bei neuen Therapieoptionen? Hier werden in der Studie 2024 nun erstmals deutsch- und englischsprachige Fachzeitschriften (Print) und deren Websites differenziert erhoben. Top 3 der Touchpoints bleiben Tagungen/Kongresse, gefolgt von deutschsprachigen Fachzeitschriften (Print) und Kollegengesprächen (siehe Abb. 2).

In der Fortbildung konstantes Nutzungsverhalten, Online etabliert sich

In der Nutzung der unterschiedlichen Fortbildungsangebote durch die Fachärzt:innen zeigt sich wenig Veränderung. Webinare und andere Online-Fortbildungsangebote, die während der Coronapandemie einen deutlichen Zuwachs in der Nutzung verzeichneten, halten ihr Niveau von 2022, haben sich also im Fortbildungsalltag der Ärzt:innen eta­bliert. Die Rangliste wird mit konstanten Werten von den Fachzeitschriften (92,2%) sowie Tagungen/Kongresse (86,9%) angeführt.

Aktivierungs-Check erweitert

Für die Aktivierungsleistung der Fachzeitschriften wird untersucht, wozu die Lektüre von Fachtiteln die Leser:innen angeregt hat: Nach wie vor lassen sich 90% der Fachärzt:innen durch Fachzeitschriftenlektüre zu neuen Therapien aktivieren, 78,5% zur Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen, 69% zum Besuch von Kongressen und 68% der Fachärzt:innen recherchieren nach dem Lesen der Zeitschrift im Internet weiter (siehe Abb. 3). Erstmals abgefragt: 52% der Fachärzt:innen haben aufgrund von Zeitschriftenlektüre ihren Patient:innen rezeptfreie Medikamente empfohlen.

Social-Media-Aktivitäten der Fachärzt:innen

Die Nutzung von Social-Media-Angeboten wurde in der Facharzt-Studie 2024 verändert abgefragt als in den Vorgängerstudien: Die Fokussierung auf die berufliche Nutzung von Facebook, LinkedIn, YouTube & Co wurde aufgehoben und stattdessen nach der „generellen“ Nutzung und nach Aktivitäten gefragt. Denn immer mehr verschwimmen gerade bei diesen Angeboten beruflich und privat intendierte Nutzung. Die Algorithmen der Angebote lassen es dabei zu, die Nutzer:innen so zu identifizieren, dass sie mit beruflichen Themen erreicht werden können, auch wenn sie diese aus privatem Anlass nutzen. Daher steht nun in den Facharzt-Studienergebnissen die Art der Nutzung der Angebote im Vordergrund, nicht der Anlass der Nutzung.

Die Bandbreite der Nutzung durch die Fachärzt:innen reicht vom Spitzenreiter YouTube mit 63% bis TikTok mit 3,3%. Dazwischen reihen sich die verschiedenen Publikums- und Fachangebote sehr unterschiedlich ein, wobei sich die Aktivitäten auf „Lesen/Anschauen“ konzentrieren; eigene Beiträge werden eher selten verfasst. „Diese Änderung in der Abfrage der Social-Media-Plattformen halte ich für sehr entscheidend. Bei digitalen Kanälen im Allgemeinen und bei Social Media im Besonderen verschwimmen die Grenzen zwischen privater und beruflicher Nutzung mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit. Deswegen ist es umso wichtiger, ­einen klaren Blick auf diesen Baustein in der Healthcare-Kommunikation zu richten. Denn Social Media verändert sich viel ra­santer als andere digitale Kanäle, liefert ­andererseits höchst spannende Interaktionsmöglichkeiten und ist nach wie vor als Kanal sehr umstritten“, erläutert Walter ­Bischof, Geschäftsführer dpmedia und LA-MED ­Vorstand.