Österreich habe eine ausgezeichnete Spitzenmedizin, speziell bei stark spezialisierten Feldern wie der Onkologie sei der Standort sehr stark, betont Tony Johansson-Terzis, neuer medizinisch-wissenschaftlicher Leiter von AstraZeneca in Österreich. Doch in Österreich würden viele bahnbrechende Entwicklungen in den Augen der breiten Öffentlichkeit als selbstverständlich angesehen; oftmals fehle außerdem ein allgemeines und auch politisches Empfinden dafür, wie man den Weg zu solchen Innovationen ebnen könne, so der gebürtige Schwede, der seit Kurzem in Österreich tätig ist.
In den skandinavischen Ländern sei es seit vielen Jahren eine Selbstverständlichkeit, „Innovations Leader“ zu sein – oder zumindest sein zu wollen, erklärt Johansson-Terzis weiter. „Was ich bisher in Österreich wahrgenommen habe, ist auch hierzulande Forschung positiv besetzt, allerdings eher als willkommene Zutat und weniger als zentrales Kernelement. Die öffentliche Diskussion landet daher sehr schnell bei den Kosten“, so Johansson-Terzis. In diesem Zusammenhang würde er sich ein strategisches Engagement der öffentlichen Hand im Bereich der klinischen Forschung wünschen.
„Politische Strategien im Bereich Forschung & Life Sciences sind sehr wichtig, damit ein kleines Land wie Österreich als Studienstandort interessant bleibt, und diese Strategien müssen natürlich Inhalte vorweisen. Im Bereich Clinical Research ist es für Österreich essenziell, die Anzahl der Studien auf einem stabilen Niveau zu halten. Dazu zählen auch klinische Studien der Frühphasen, die immer mehr in den Hintergrund geraten. Die Größe des Standortes spielt hierbei nur eine untergeordnete Rolle, wie uns kleine Staaten in Asien oder auch Europa eindrucksvoll zeigen“, berichtet Johansson-Terzis.
Hinsichtlich der Zusammenarbeit von Pharmaindustrie und Kliniken, Universitäten, Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Gesundheitsministerium etc. hält es Johansson-Terzis für sehr bedeutsam, dass alle nach den bestmöglichen Lösungen für den Patienten streben. Damit sei bereits die wesentlichste Voraussetzung für einen schnellen Zugang zu neuen medizinischen Innovationen geschaffen, so seine Überzeugung. Dass die Lösungen transparenten Kosten-Nutzen-Relationen entsprechen müssen, ist dabei in seinen Augen selbstverständlich. Wichtig sei ein partnerschaftliches Miteinander: „Der laufende fachliche Austausch zwischen wissenschaftlichen Institutionen bzw. der Pharmaindustrie ist enorm wichtig, beide Seiten profitieren davon und das garantiert auch, das österreichische Gesundheitswesen weiterhin an der Spitze zu halten“, betont Johansson-Terzis.
Ein Beweis, dass Innovationen für ihn von großer Bedeutung sind, ist auch sein Wechsel zu AstraZeneca: Mit einer prall gefüllten Pipeline wird das Unternehmen über die nächsten Jahre mit richtungsweisenden Therapien in den Bereichen Onkologie, Herz-Kreislauf und Atemwege aufmerksam machen und somit für neue Behandlungsmöglichkeiten und, damit einhergehend, hoffentlich auch für bessere Lebensqualität der Patienten sorgen.
Der medizinisch-wissenschaftliche Bereich in einem Pharmaunternehmen habe sich in den letzten Jahren massiv beschleunigt, berichtet Johansson-Terzis aus seinem persönlichen Arbeitsumfeld. „Speziell die Entwicklungen z.B. im Bereich Big Data und Cloud Intelligence sind extrem spannend, müssen aber auch genau beobachtet werden. In diesem Zusammenhang ist es sicher eine besondere Herausforderung, dass die Gesundheitssysteme und die Versorgung auch etwas mit diesen Entwicklungen anfangen bzw. Schritt halten können. Alle Pharmaunternehmen, auch AstraZeneca, engagieren sich im Bereich der Digitalisierung – wissend, dass es sich dabei gleichzeitig um ein extrem sensibles Terrain handelt“, unterstreicht Johansson-Terzis. Persönlich reizt den ausgebildeten Arzt an seiner Arbeit, dass er auch in seiner jetzigen Tätigkeit in erster Linie dem Patienten dient – genau wie in der klinischen Praxis, wenn auch auf andere Weise.
Tony Johansson-Terzis
Jede profunde und qualifizierte Forschungsanstrengung ist als klare Investition und nicht als Kostenfaktor einer Gesellschaft zu sehen.