Es ist ein etwas ungewöhnliches Bild im Haus der Ingenieure in Wien: Im Raum stehen mehrere Tische, auf denen sich verschiedene Nadeln, Fäden, Handschuhe und chirurgisches Basismaterial befinden. Mittendrin: Schweinshaxen. Medizinstudierende und Ärzte in Ausbildung üben an ihnen konzentriert unterschiedliche chirurgische Naht- und Knüpftechniken. Als Hilfestellung dient eine kurze Anleitung, die auf einer Leinwand eingeblendet ist. Dr. Tamara Braunschmied, Assistenzärztin auf der Allgemeinchirurgie am AKH Wien, geht durch, gibt Tipps und beantwortet Fragen: Der Jungärzte-Kongress steht ganz im Zeichen der jungen Generation. „Ich habe bislang noch nie mit Schweinshaxen gearbeitet, im Studium sind es meist Plastikpräparate – hier hat man, anders als an der Klinik, Zeit, die eigenen Nähkünste zu perfektionieren“, erzählte Dominikus Huber, der gerade sein KPJ am AKH Wien absolviert.
Nach dem selbst Handanlegen ging es bei der Podiumsdiskussion „Neue Ausbildungsreform umsonst – steuert Österreich weiterhin auf einen Ärztemangel zu?“ um die Arztausbildung in Österreich. Die Ressourcenfrage ist weiterhin ein großes Problem: „Ich glaube nicht, dass die Kultur des Beibringens fehlt, sondern die Zeit“, sagte etwa Dr. Eduardo Maldonado-González vom Referat für Jungmediziner der Wiener Ärztekammer und Assistenzarzt für Innere Medizin am SMZ-Ost. Für Univ.-Prof. Dr. Markus Müller, Rektor der Medizinischen Universität Wien, war die neue Ärzteausbildung mit der neunmonatigen Basisausbildung ein „schwerer Fehler“, der die Probleme bei den Wartezeiten weiter vertieft habe. Daher solle die Basisausbildung in dieser Form beendet werden.
Weitere Themen der Diskussion waren Work-Life-Balance, Gehalt, die Ärzteflucht ins Ausland sowie Zukunftsperspektiven, beispielsweise in der Arbeitsmedizin oder durch neue Organisationsmöglichkeiten – denn künftig wird es möglich sein, dass Ärzte andere Ärzte in ihrer Praxis anstellen.
Bevor es allerdings dazu kommt, selbstständig in einer Ordination tätig zu sein, ist eine der elementarsten Fragen für Jungärzte: Was benötigt man als Arzt in Ausbildung im Dienst überhaupt? Wie ist man gut darauf vorbereitet? „Stethoskop, Stauschlauch und – ganz wichtig – ein Notizbuch“, erzählte Dr. Marina Ardeljan, Turnusärztin am Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien, in ihrem Vortrag. Viel Wert werde außerdem, so die junge Ärztin, darauf gelegt, dass sich die neuen Ärzte in Ausbildung bei allen im Team vorstellen. Sie präsentierte die wichtigsten Fälle, mit denen Turnusärzte auf der chirurgischen und internen Abteilung konfrontiert werden, etwa mit einem Patienten mit schwerer COPD. Einen weiteren Tipp, den sie den Kongressbesuchern mitgab: „Schaut euch bei geriatrischen Patienten immer die Blase genau an!“
Neben den Tipps aus der Praxis erhielten die Kongressbesucher einen Überblick über das Wundmanagement. „Wundversorgung ist ein wichtiges Thema, aber es kommt im Studium einfach zu kurz“, berichtete eine Medizinstudentin, die bald abschließen wird. Die fachliche Weiterbildung auf dem Jungärzte-Kongress bezog sich auch auf Vorträge zur Diabetologie, Immunonkologie und Hepatitis: Wie erkennt ein Arzt eine akute Hepatitis? Wie erfolgt die Therapie bei den präsentierten Fallbeispielen? Via App hatten die Jungmediziner die Möglichkeit, spezifische Fragen zu präsentierten Hepatitis-Fallbeispielen live zu beantworten. Die Mehrzahl von ihnen lag mit allen Antworten richtig.
Am Ende des Kongresses blieb noch genug Zeit, sich miteinander zu vernetzen.