Die bildgebende Diagnostik ist jener Bereich der Medizin, in den die künstliche Intelligenz bisher am weitesten Einzug gehalten hat. Dazu Assoz. Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr. Peter Klimek, Section for Science of Complex Systems, Medizinische Universität Wien: „Bei der Analyse von Gewebeproben sind KI-Systeme mindestens genauso gut wie ärztliche Gutachter. Zudem punkten sie durch rascheres Lernen und sind rund um die Uhr verfügbar – dabei funktionieren sie nach 20 Stunden ,im Dienst‘ noch immer genauso gut wie nach zwei Stunden …“
Klimek ist zudem überzeugt, dass KI auch im administrativen Bereich für deutliche Entlastung sorgen könnte, indem sie beispielsweise relevante Informationen aus schriftlichen Dokumenten herausfiltert. „Solche Tools kommen auch mehr und mehr zum Einsatz, ebenso wie personalisierte Risikomodelle, die aufgrund von Datenanalysen (welche Behandlungen, welche Werte erhöht, welche Medikamente) Voraussagen treffen können, welche Risiken für welche Erkrankungen bestehen“, so Klimek weiter. Er betont jedoch, dass KI auf keinen Fall den Kontakt zwischen Arzt und Patient ersetzen könne. „Vielmehr geht es darum, dass die KI den Arzt durch Automatisierungen unterstützt, sodass dieser mehr Zeit für seine Patienten hat. Es wird zum Beispiel gerade an einem Tool geforscht, bei dem die KI eine erhöhte Risikoeinstufung an den Arzt übermittelt, auf deren Basis dieser dann über die Intervention entscheidet“, berichtet Klimek.
Sinan Tankaz, Head of Artificial Intelligence bei Kapsch BusinessCom, berichtet von aktuellen Ansätzen, an denen das Unternehmen derzeit arbeitet: „In der bildgebenden Diagnostik wird gerade ein KI-basiertes Assistenzprogramm entwickelt, dass Ärzte dabei unterstützen kann, Diagnosen zu stellen. Weiters arbeiten wir an einem KI-System, das im Bereich der leberpathologischen Erkennung – einem sehr arbeitsintensiven Feld – eingesetzt werden kann, indem es den ersten Scan durchführt und unauffällige Fälle ausschließt. Unser Ziel ist es, Ärzte dort unterstützen, wo die Suche am aufwendigsten ist.“
Ein weiteres Pilotprojekt, an dem bei Kapsch derzeit gearbeitet wird, ist die Digitalisierung und Anonymisierung von medizinischen Befunden aus Spitälern. „Dabei werden die Daten der letzten zehn Jahre eingegeben, inklusive aller Behandlungen dieser Fälle und weiterer Krankheitsvorgänge. Die KI sucht dann nach Zusammenhängen zwischen Diagnose und Therapie sowie dem weiteren Erkrankungsverlauf“, erklärt Tankaz. Dabei werden von der KI genetische, geschlechtsspezifische und altersspezifische Faktoren berücksichtigt. „Diese Datenmenge ist so komplex und enthält so viele Variablen, dass ein Mensch das nicht mehr erfassen kann – die KI aber vermag es“, so Tankaz.
Eine Initiative, die von Kapsch derzeit aufgebaut wird, ist eine KI-basierte Suchmaschine für klinische Studien. Tankaz: „Es gibt immer weniger klinische Studien in Österreich. In unsere KI-basierte Plattform sollen alle relevanten Daten für Studien pseudoanonymisiert eingespeist werden und Pharmafirmen können dann daran ablesen, welche Zentren für bestimmte Studien geeignet sind.“