„Unser Tun geht weit über die Herstellung von innovativen Medikamenten hinaus – wir beschäftigen uns auch sehr mit der Prävention und der Nachsorge“, erläutert Julia Guizani, Sanofi-Geschäftsführerin in Österreich. Dabei verfolgt das Pharmaunternehmen, das auf die Bereiche seltene Erkrankungen, Impfstoffe und Immunologie fokussiert, seit 2019 folgende Strategie: „Wir wollen bei der Entwicklung von Therapien die Besten oder die Ersten sein. Die zwei Punkte in unserem Logo stehen übrigens genau für diese Entwicklung: von der Idee bis zur Lösung“, erklärt Guizani. Das passende Leitbild dazu lautet: „Wir erforschen die Wunder der Wissenschaft, um das Leben der Menschen zu verbessern!“ Hier kann das Unternehmen in seiner rund 150-jährigen Geschichte auf einige große Erfolge zurückblicken: „Sanofi hat beispielsweise zur Ausrottung der Kinderlähmung beigetragen und Therapiestandards im Bereich Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesetzt“, berichtet Guizani.
In jüngster Zeit engagiert sich das Unternehmen stark in der Impfstoffentwicklung und -produktion: „Hier wollen wir in den nächsten Jahren noch weiter wachsen und verfolgen das konzernweite Ziel, bis 2030 einen jährlichen Umsatz von mehr als 10 Milliarden Euro mit Impfstoffen zu erzielen“, gibt Guizani Einblick. Beispielsweise widmet sich das Unternehmen dem Thema RSV, dem Respiratorischen Synzytial-Virus, das vor allem bei Säuglingen sehr gefährliche Atemwegserkrankungen auslösen und gerade für Frühgeborene lebensbedrohlich sein kann. „Wir haben bei RSV einen neuen Immunisierungsansatz entwickelt und die Studienergebnisse dazu sind derzeit sehr vielversprechend. Die Marktreife lässt nicht mehr allzu lange auf sich warten. Wir sehen das Potenzial, mit nur einer Dosis immunisieren zu können, und dieser langwirksame Antikörper wäre für alle Kinder geeignet“, so Guizani.
Auch in der Immunologie hat sich in letzter Zeit viel bei Sanofi getan. Guizani: „Mit Dupixent ist uns ein Paradigmenwechsel bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen gelungen, bei denen das Präparat eingesetzt werden kann. Mögliche Indikationen sind z.B. schwere Formen der atopischen Dermatitis, Asthma, chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen und Prurigo nodularis – häufig treten diese Erkrankungen in Kombination auf und können auch dann mit Dupixent gut behandelt werden.“ Weltweit werden in über 60 Ländern bereits 600.000 Patient:innen mit Dupixent behandelt. In Österreich war das Präparat bis Ende Juni 2023 für Patient:innen mit atopischer Dermatitis ab 12 Jahren und die chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen in der Regelerstattung – „aber heuer ist uns ein weiterer Meilenstein gelungen und Dupixent ist seit 1. Juli 2023 mit allen zugelassenen Indikationen in der Regelerstattung, was den Zugang für Patient:innen weiter verbessert“, freut sich Guizani. „Speziell die Zulassung für Kinder ab 6 Monaten ist ein weiterer Beleg für die überzeugende Wirksamkeit und Sicherheit von Dupixent.“ Zudem erwartet das Unternehmen bei Dupixent für die kommenden Jahre Indikationserweiterungen, so gibt es beispielsweise sehr spannende Daten bezüglich COPD.
Die Forschungsansätze von Sanofi widmen sich den biologischen Zusammenhängen, um Patient:innen individueller behandeln zu können. Dabei spielt auch die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. „Digitale Technologien werden auch für uns immer wichtiger. Durch künstliche Intelligenz (KI) können wir beispielsweise Krankheiten schneller erkennen und zielgerichteter behandeln. Speziell für die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente weist die KI ein großes Potenzial auf“, ist Guizani überzeugt. „Die KI hilft, die Forschung künftig zu beschleunigen und die Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Wirkstoffentwicklung zu steigern“, unterstreicht sie. Aber: „Über die KI hinaus wird die menschliche und emotionale Intelligenz nach wie vor gefragt sein. Die werden wir weiterhin brauchen, um Innovationen zu erschaffen und Mitarbeitende zu führen!“
Sanofi hat bereits früh – schon vor der COVID-19-Pandemie – eine Mobile Office Policy umgesetzt. „Bei uns kann man seine Arbeitszeit zwischen 6 und 22 Uhr frei einteilen. Das kommt vor allem bei jungen Mitarbeitenden und jenen mit Familie sehr gut an. Wir werden unseren New-Work-Ansatz daher auch weiterverfolgen“, sagt Guizani, die zudem stolz darauf ist, dass bei Sanofi 50% der Führungskräfte Frauen sind: „Frauen in Führungspositionen funktioniert auch in Teilzeit. Unser mobiles Konzept macht es möglich und bietet größtmögliche Flexibilität.“ Zudem liegt ihr ein fairer Austausch auf Augenhöhe sehr am Herzen: „Ich hole gerne die Meinungen der Kolleg:innen ein. Mir ist wichtig, die Expertisen von allen zu bündeln, um im Sinne des Teams die besten Entscheidungen treffen zu können.“
Das österreichische Gesundheitswesen ist Guizanis Ansicht nach im internationalen Vergleich extrem hochwertig und gut entwickelt. Zudem sei mit ELGA eine Infrastruktur vorhanden, um die Österreich international beneidet werde. „Doch es gibt auch Knackpunkte. So wird beispielsweise das Potenzial von ELGA noch nicht ganz ausgeschöpft“, merkt sie an. Bezüglich der stationären und niedergelassenen Versorgung in Österreich würde sich Guizani eine stärkere Lenkung der Patientenströme wünschen: „Bekanntlich ist das Spital derzeit zu oft die erste Anlaufstelle. Aber das Potenzial ist da, manche Patient:innen eher in die Primärversorgung bzw. in den niedergelassenen Bereich umzuleiten. Dafür müssten aber mehr Primärversorgungsangebote geschaffen und die Voraussetzungen für Kassenärzt:innen attraktiviert werden – aus meiner Sicht eine wichtige Basis für eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung! Daher verfolge ich mit großem Interesse die aktuellen politischen Diskussionen zu diesem Thema.“
Auch die Rahmenbedingungen der Preisgestaltung für Arzneimittel hält sie für diskussionswürdig: „Seit 1996 fallen in Österreich die Preise. Da stellt sich für mich schon die Frage, ob so längerfristig die Versorgungssicherheit und die Verfügbarkeit von innovativen Medikamenten gewährleistet werden können.“ Guizani ist davon überzeugt, dass der Spagat zwischen Versorgungssicherheit inklusive Bereitstellung von innovativen Medikamenten und Medikamentenkosten nur gelingen kann, wenn alle Stakeholder miteinander sprechen. Zudem plädiert sie dafür, eine Inflationsanpassung bei Medikamentenpreisen in Österreich zu ermöglichen – wie dies in anderen Ländern bereits der Fall ist –, denn „die Teuerungen beschäftigen uns alle …“.
Im Bereich der Telemedizin, über die seit der Zunahme der Digitalisierung in den letzten Jahren vermehrt gesprochen wird, wünscht sie sich eine stärkere Umsetzung: „Viele Patient:innen und Ärzt:innen würden Telemedizin gerne mehr nutzen. Auch hier braucht es entsprechende Rahmenbedingungen, damit telemedizinische Medizin dort, wo sie Sinn macht, aufgebaut werden kann.“Julia Guizani ist seit Juni dieses Jahres auch Präsidentin des Forums der forschenden Pharmaindustrie (FOPI) und wird sich künftig verstärkt für diese Themen einsetzen.
In den nächsten Jahren sieht die Österreich-Geschäftsführerin von Sanofi einige Herausforderungen auf die pharmazeutische Industrie zukommen: „Der demografische Wandel mit der steigenden Lebenserwartung wird eine Zunahme von chronischen Erkrankungen zur Folge haben. Dazu kommen der gravierende Mangel an Pflegekräften und die steigenden Kosten.“ Sie begrüßt erste entsprechende Lösungsansätze und betont:
„Auch hier kann KI bei der Problembewältigung unterstützen und dem Gesundheitssystem zu einem Quantensprung verhelfen!
“Eine weitere große Herausforderung ist für Guizani der Umgang mit dem Klimawandel: „Sanofi will bis 2050 klimaneutral sein. Auch das ist eine gesellschaftliche Verantwortung, die uns sehr am Herzen liegt! Nur ein bewusster und achtsamer Umgang mit dem Planeten kann diesen für die zukünftigen Generationen erhalten. Daher engagiert sich die Pharmaindustrie stark, um hier ihren Beitrag zu leisten.“