Seit 31. Oktober 2023 ist Dr. Aleksandar Ciric Geschäftsführer der österreichischen Niederlassung von Novo Nordisk. Der erfahrene Pharmamanager war zuletzt General Manager von Novo Nordisk Slowakei. Die Unternehmensphilosophie beruht auf dem Vermächtnis der Gründer, erklärt er: „,Nordisk‘ wurde aus einer Leidenschaft für den wissenschaftlichen Fortschritt geboren, angetrieben von dem Ziel, wissenschaftliche Entdeckungen in echte Vorteile für Patient:innen zu verwandeln. ‚Novo‘ zeichnete sich durch Werte wie Ehrlichkeit, Ehrgeiz, Verantwortung und Offenheit aus. Als die beiden Unternehmen eins wurden, verschmolzen die Philosophien zum ‚Novo Nordisk Way‘, und dieser leitet nun unser gesamtes Handeln, stellt unsere Patient:innen in den Mittelpunkt und bestimmt unseren Umgang miteinander – stets angetrieben von unserem Innovationsgeist.“ Ciric sieht es als seine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass diese Unternehmenskultur in Österreich verstanden und gelebt wird. In Bezug auf Leadership ist es ihm ein Anliegen, Mitarbeiter:innen zum Erfolg zu befähigen. „Dies gelingt, wenn Führungskräfte eine klare Richtung und Strategie vorgeben“, ist Ciric überzeugt.
Novo Nordisk feierte dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Begonnen hat alles mit der inspirierenden Geschichte des Wissenschafterpaares Marie und Albert Krogh: „Albert war Nobelpreisträger und Marie die vierte Frau, die in Dänemark ihr Medizinstudium abschloss. Als bei Marie Diabetes diagnostiziert wurde, eine damals tödliche Erkrankung, reiste Albert nach Kanada, um die Erlaubnis zur Herstellung von Insulin zu erhalten. Dies führte zur Gründung unseres Unternehmens. Man könnte sagen, es wurde aus Liebe gegründet“, berichtet Ciric. Die Insulinherstellung war damals sehr anspruchsvoll, da die Extraktion auf die Bauchspeicheldrüse von Rindern angewiesen war. „In den 1980er-Jahren kam es zu einer regelrechten Revolution, als es Novo Nordisk gelang, aus gentechnisch veränderten Hefezellen Insulin herzustellen. Dadurch war man nicht mehr auf die tierische Bauchspeicheldrüse angewiesen, was eine bahnbrechende Errungenschaft darstellte“, erklärt Ciric. Aufgrund der Erfahrung mit dem Insulinhormon gelang es Novo Nordisk in den 1960er-Jahren, Wachstumshormone zu extrahieren, zu reinigen und damit eine Therapie für Patient:innen mit Wachstumshormonstörungen zu entwickeln.
Ein weiterer wichtiger Höhepunkt in der Unternehmensgeschichte ereignete sich in den 1990er-Jahren, als durch die Initiative der Forscherin Ulla Hedner eine Therapie für Hämophilie-Patient:innen mit Inhibitoren gegen Faktor VIII und IX entwickelt werden konnte. „Dieser innovative Durchbruch rettete das Leben von Patient:innen mit Hämophilie, die zuvor nicht behandelt werden konnten. Und es war auch ein wichtiger Meilenstein in unseren Bemühungen, medizinische Versorgungslücken zu schließen“, blickt Ciric zurück.Auch die Entwicklung von Medikamenten auf Basis von GLP-1 in den 2000er-Jahren zählt für Ciric zu den großen Unternehmenserfolgen: „Ursprünglich für die Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt, wird diese neuartige Klasse seitdem für andere Erkrankungen wie Adipositas erforscht und angewendet, was ein beispielloses Potenzial für die Patientenversorgung aufzeigt. Diese Meilensteine in unserer Unternehmensgeschichte spiegeln das unerschütterliche Engagement von Novo Nordisk wider, Innovationen voranzutreiben und unseren Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung zu leisten.“
Ziel von Novo Nordisk war und ist es, Heilung für schwerwiegende chronische Krankheiten zu finden. „Bis wir eine Heilung anbieten können oder es gelingt, den Ausbruch einer Erkrankung zu verhindern, ist es unser Bestreben, die bestehenden Therapien weiterzuentwickeln: Wir wollen neue und bessere Behandlungen anbieten, die den Betroffenen die bestmögliche Lebensqualität ermöglichen. Es gibt verschiedene Faktoren, die die Lebensqualität beeinflussen und die wir als Pharmaunternehmen verbessern können. So macht es beispielsweise für Patient:innen, die ihre Medikamente injizieren müssen, einen großen Unterschied, wie oft sie dies tun müssen“, betont Ciric. Auch die Lagerung von Medikamenten ist für ihn ein wichtiges Thema, denn in einigen Teilen der Welt sei es schwierig, eine für Medikamente angemessene Lagerung zu gewährleisten: „Daher war es uns bei Novo Nordisk wichtig, ein Insulin zu entwickeln, das nicht gekühlt gelagert werden muss – so können wir auch die Versorgung in heißen Regionen dieser Welt verbessern.“
Grundsätzlich will sich das Unternehmen weiterhin dafür einsetzen, ungelöste Gesundheitsprobleme zu adressieren und die Versorgung zu verbessern, beispielsweise im Bereich von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daher hat es sich Novo Nordisk zur Aufgabe gemacht, die Forschung und Entwicklung im Bereich der kardiovaskulären Erkrankungen voranzutreiben, um dem dortigen hohen ungedeckten Bedarf nachzukommen. „Wir haben gerade eine wegweisende Phase-III-Studie zu kardiovaskulären Outcomes veröffentlicht. An der Studie nahmen mehr als 17.000 Erwachsene teil und sie wurde in 41 Ländern weltweit durchgeführt – darunter auch Österreich“, berichtet Ciric.
Ein Bereich, der für Ciric das Potenzial hat, das Gesundheitswesen zu verändern, ist die personalisierte Medizin, die durch Fortschritte in Technologie, Genomik und Datenanalyse gezieltere und effektivere Behandlungen ermöglicht. „Bei Novo Nordisk haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, Therapien zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Menschen zugeschnitten sind, die mit schweren chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Adipositas oder seltenen Erkrankungen leben“, erklärt Ciric und erläutert am Beispiel Diabetes, welche Möglichkeiten die Medizin hier eröffnet hat: „Vor hundert Jahren war Diabetes ein Todesurteil. Heute sind wir in der Lage, dank jahrelanger Forschung und Entwicklung eine breite Palette an modernen Insulinprodukten anzubieten, die auf die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen eingehen können. Zudem haben wir bei Novo Nordisk auch die Injektionsgeräte verbessert. So haben wir heute Smartpens, die mit digitalen Gesundheitsplattformen kommunizieren und so Betroffene beim Diabetesmanagement unterstützen können.“
Ciric betont weiter, dass die Bereitstellung präziser Therapien oder Geräte nur ein Aspekt sei; zusätzlich sei es – gerade bei Massenerkrankungen wie Diabetes und Adipositas – von größter Bedeutung, dass die Patient:innen eine frühzeitige Diagnose, ein effektives Krankheitsmanagement und einen breiten Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten erhalten.
Generell hat Österreich ein sehr gutes Gesundheitssystem, findet Ciric, auch wenn es seiner Meinung nach Reformen bräuchte, um die Versorgungsqualität halten zu können: „Ein Punkt, der mir in meiner kurzen Zeit hier bereits aufgefallen ist, ist die sehr starke Fokussierung auf die Kosten im System und weniger auf die Lebensqualität, wie wir es etwa in den nordischen Ländern sehen.“ Er kritisiert, dass neue, innovative Therapien für chronische Erkrankungen nicht immer erstattet werden, und die Frage, wie insgesamt der Wert und der Zugang zu Innovation aussehen sollen, weder für Pharmaunternehmen noch für die Patient:innen zufriedenstellend geklärt sei. Dennoch ist Österreich in seinen Augen für Pharmaunternehmen ein großartiger Standort – auch, um hier klinische Forschung durchzuführen, da das Land über qualifizierte und gut ausgebildete Arbeitskräfte sowie Universitäten mit Studiengängen im Bereich Life Sciences verfügt. Doch eine Herausforderung sei eben die bereits erwähnte problematische Zahlungsbereitschaft für moderne Therapien in Österreich: „Pharmaunternehmen stehen zunehmend unter Druck, die Arzneimittelpreise niedrig zu halten, was im Vergleich zu wirtschaftlich ähnlichen Ländern sehr schwierig ist“, so Ciric. Dabei stehe man weltweit vor einer großen Herausforderung: Zum einen wird die Bevölkerung immer älter, zum anderen nehmen chronische Krankheiten rasant zu. „Die Versorgung dieser Menschen ist eine Herausforderung, zu deren Bewältigung medizinische Innovationen beitragen können. Der Zugang zu innovativen Therapien ist in Österreich jedoch oft nicht gegeben oder stark eingeschränkt. Moderne Therapien müssen bei den Patient:innen auch tatsächlich ankommen“, fordert Ciric.
Die dadurch entstehenden Vorteile liegen für ihn auf der Hand: langfristig eine bessere Lebensqualität für die Betroffenen und Kosteneinsparungen im System, etwa durch die Vermeidung oder Verzögerung teurer Folgeerkrankungen. „Vor allem aber halte ich es für entscheidend, Gesundheitsprobleme an der Wurzel anzupacken, also mehr in Gesundheitskompetenz, Bildung im Allgemeinen und Prävention zu investieren“, unterstreicht er abschließend.