Nach Kassenfusion: Das wollen die neuen Ansprechpartner

Ohne öffentliches Aufsehen ist mit Jahresbeginn die Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern erfolgt. Nach den Plänen der ehemaligen türkis-blauen Regierung sind aus 21 SV-Trägern nun fünf geworden. Der größte Bereich war dabei sicherlich die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur neuen Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Seit April des Vorjahres liefen dazu die Vorarbeiten, seit Juli gab es ein Management für die ÖGK. 18.000 vorgefertigte Schriftsätze – sogenannte Formulare in der IT – wurden vereinheitlicht und neu programmiert, 19.000 E-Mail-Adressen neu eingeführt und umgestellt und über 400 neue Ansagetexte mit einer österreichweit einheitlichen Telefonnummer erstellt.

Neue Zuständigkeiten

Künftig werden insgesamt 16 Fachbereiche dem Generaldirektor und seinen drei Stellvertretern zugeordnet. Angesiedelt sind diese Bereiche dezentral in den Bundesländern. Geführt werden sie von bisher Beschäftigten und teilweise von Generaldirektoren der ehemaligen Gebietskrankenkassen. So ist etwa der ehemalige TGKK-Direktor Arno Melitopulos künftig österreichweit als Fachbereichsleiter für Personal und Personalentwicklung zuständig, Ex-OÖGKK-Direktorin Andrea Wesenauer für strategisches Controlling und Finanzcontrolling und Ex-STGKK-Direktorin Andrea Hirschenberger für das Expertisezentrum Kundenservice sowie die neun Landesstellen (siehe Grafik).
„Das System der Fachbereiche sichert für jede Themenstellung eine bundesweit verantwortliche Person, die ihren Bereich österreichweit leitet und strategisch steuert“, erläutert ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer. Nach dem Abschluss des Fusionsprogramms gehe es in die Phase der Integration: „Das bedeutet, wir müssen die neue Organisationsstruktur mit den Fachbereichen vollständig implementieren und die Prozesse weiter harmonisieren.“ So ist für den Bereich der Ärzteverträge und der Vereinbarungen mit den Gesundheitsberufen sowie den Spitälern Mag. Franz Kiesl aus Oberösterreich zuständig, für die gewerblichen Vertragspartner – darunter auch die Pharmabranche und die Apotheken – Mag. Harald Herzog aus Niederösterreich. Dieser hat schon bisher auch im Hauptverband Verhandlungen mit der Arzneimittelbranche geführt. Wurzer: „Die beiden sind für sämtliche auf Landesstellenebene zu führenden Verhandlungen verantwortlich und unterstützen sowohl den Verwaltungsrat als auch die Landesstellenausschüsse in ihren Agenden. Der große Bereich der Landeszielsteuerung obliegt dem Vorarlberger Ulrich Tumler.“

 

 

Problemlose Umstellung

Insgesamt zeigt sich Wurzer mit der Umstellung zufrieden: „Man kann mit Stolz behaupten, dass die größte Umstellung der Zweiten Republik reibungslos funktioniert hat. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umsetzungsprogramm haben teilweise bis 31. Dezember 2019 bis spät in die Nacht gearbeitet, damit für die Versicherten ab 2. Jänner 2020 alles reibungslos funktioniert. Für alle Fälle hatte man eine Stabilisierungszentrale mit Fachexperten eingerichtet, die aber nur kleinere Themen bearbeiten musste. „Alle Maßnahmen wurden planmäßig und strukturiert abgearbeitet“, berichtet Wurzer. Nun gelte es, im Regelbetrieb der ÖGK die Services für die Versicherten und Vertragspartner auszubauen.

Mehrkosten einsparen …

Neu ist auch der Dachverband der Sozialversicherungsträger, der aus dem bisherigen Hauptverband entstanden ist. Büroleiter ist der ehemalige Investmentbanker Mag. Martin Brunninger, neuer Vorsitzender der Selbstverwaltung der Chef der neuen Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS), Peter Lehner. „Für Vertragspartner, die bisher mit dem Hauptverband zu tun hatten, wird sich nichts ändern. Die Aufgaben gehen direkt auf den Dachverband über, der künftig Verhandlungen zu Medikamenten führt, Entscheidungen zur Datenverwaltung trifft, internationale Bereiche koordiniert und die Statistik führt“, sagt Brunninger im Interview mit PHARMAustria.
Er will vor allem Prozesse verbessern und Kosten dämpfen. „Einsparungen werden dort vorgenommen, wo sie den Versicherten keine Mehrleistungen bieten. Eingespart werden Mehrkosten, die aufgrund der fragmentierten Trägerlandschaft angefallen sind – etwa im Gebäudemanagement, im zentralen Einkauf und durch Produktevaluierung in allen Bereichen, wie wir es schon bei Medikamenten machen“, betont Brunninger und erklärt, dass er nicht von „Einsparungen“ als solchen reden will: „Es gibt zwei große Einsparungsmöglichkeiten: klassische betriebswirtschaftliche und andere gesundheitsökonomische Verbesserungen. Das sind Anpassungen von Leistungen und medizinischen Unter- und Überversorgungen, die Einbindung medizinischer Berufe sowie die Zuhilfenahme von Digitalisierungsmaßnahmen, um die Qualität der Angebote zu verbessern.“

… und Strukturen verbessern

Es gibt im internationalen Vergleich einige Möglichkeiten zur Strukturverbesserung, um das Geld der Sozialversicherung besser einsetzen zu können. Bei der Anzahl der gesunden Lebensjahre liegt Österreich etwa im OECD-Mittelfeld. Brunninger: „Da müssen wir uns bemühen, mehr gesunde Lebensjahre zu erhalten, und das geht vor allem über Strukturen. Ich bin angetreten, um Strukturen zu verbessern. Wir müssen beispielsweise ältere Menschen bei medizinischen Interventionen frühzeitig mobilisieren, um zu verhindern, dass sie früh zu Pflegefällen werden.“ Die Frage sei, was messbare strukturelle Veränderungen sind, die man ergreifen kann, um die Zahl der gesunden Jahre zu erhöhen. „Das geht etwa durch Erhöhung der Durchimpfungsraten oder indem man evidenzbasierte Vorsorgeuntersuchungen einführt. Hier wird künftig viel über neue Technologien passieren. Die Frage wird sein, wie wir diese Dinge in die Regelversorgung bekommen“, schildert Brunninger seine Pläne.

Dachverband verhandelt über Medikamente

Im Arzneimittelbereich will Brunninger weiterhin als Dachverband für alle drei verbliebenen Krankenversicherungsträger verhandeln. „Wir setzen hier erhöht auf Transparenz, aber auch auf Planbarkeit für die Vertragspartner, und wollen stark evidenzbasierte Entscheidungen treffen.“ Es gebe zudem bereits Bestrebungen, mit der Industrie Wege zu finden, wie man gemeinsam verstärkt die jeweiligen Interessen wahrnehmen kann – nämlich „die Versorgungssicherheit, den Zugang zu den besten Therapiemethoden und die hohe Qualität in der Medizin sicherzustellen. Gespräche dazu werden heuer beginnen“, so Brunninger.