Ende des Jahres endet die Funktionsperiode für die Funktionäre des Österreichischen Apothekerverbandes. Bei der Organisation der selbstständigen Apotheker liegt wohl eine zentrale Rolle in der Standesvertretung, die auch räumlich sichtbar wird, wenn man genau hinschaut. Denn im Apothekerhaus in Wien residiert im Dachgeschoss nicht etwa die Apothekerkammerpräsidentin, sondern der Präsident des Apothekerverbandes. Dies war bisher der Vorarlberger Mag. pharm. Jürgen Rehak. Ab 1. Jänner 2022 wird es sein bisheriger Stellvertreter Mag. pharm. Thomas Veitschegger. Das kommt durchaus überraschend, hat doch Rehak mit seiner Gruppierung eigentlich die Verbandswahlen gewonnen. Ende September ging diese Wahl für eine neue Spitze der Vertretung der selbstständigen Apotheker zu Ende. Und sie brachte doch recht klare Ergebnisse: So erreichte die Initiative „Wir Wiener ApothekerInnen“ in der Bundeshauptstadt 12 von 13 Vorstandssitzen, die Plattform DNA „Die neuen Apotheker“ rund um die bisherige Verbandsspitze konnte in allen anderen Bundesländern recht klar punkten.
Dennoch kommt es nun zu einer Änderung an der Spitze des Verbandes. Bei der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Vorstands ist Rehak nämlich unerwartet „durchgefallen“: Der Hintergrund: Rehak und Veitschegger haben bereits mindestens zwei Perioden im Präsidium hinter sich. Damit sie erneut gewählt werden hätten können, brauchten sie eine Zustimmung von zwei Dritteln der 53 Vorstandmitglieder. Während Rehak die Zweidrittelmehrheit knapp verfehlt hat, konnte Veitschegger die Hürde nehmen, wurde in der Folge zum Präsidenten gewählt und wird nun zum längstdienenden Funktionär des Apothekerverbandes.
„Vielleicht ist Lagerbildung die Dynamik einer Demokratie“, meint Veitschegger zu den turbulenten Wahlen. Bei der vergangenen Wahl habe es auch Gräben gegeben, allerdings seien diese anders gelagert gewesen. „Es gibt immer Auffassungsunterschiede. Das ist kein politischer Verband, es gibt innerhalb der Apothekerschaft zahlreiche Unterschiede zwischen jenen in der Stadt und am Land, jenen, die sich mehr als Heilberufler, und jenen, die sich eher als Kaufleute sehen, Ost und West sowie verschiedenen Generationen.“ Das sorge für Vielfalt, aber auch Reibungen, sagt der designierte Präsident. Er wolle aber die Meinungen möglichst breit abdecken und auf alle zugehen. „Ich bin nicht jemand, der mit Mehrheiten arbeitet, sondern suche das Miteinander.“ Er werde versuchen, Gräben, die da sind, zuzuschütten: „Deshalb haben wir auch die Wiener Gruppe eingeladen, ins Präsidium zu kommen.“
Veitschegger zur Seite stehen nun als 1. Vizepräsident der niederösterreichische Apotheker Mag. pharm. Andreas Hoyer und als 2. Vizepräsident der Wiener Apotheker Mag. pharm. Dr. med. Alexander Hartl. Nachsatz: „Andere Berufsgruppen streiten intern sicher mehr. Wir haben hier aber noch Professionalisierungsarbeit zu leisten, um nicht alles nach außen zu tragen.“ Die Apotheker seien eben 1.370 Individualisten, so der neue Chef.
Der Apotheker aus Bad Leonfelden in Oberösterreich ist Vater von drei Kindern und seit 17 Jahren standespolitisch tätig. Die vergangenen fünf Jahre war der 56-jährige Veitschegger sowohl Präsident der Apothekerkammer Oberösterreich als auch Vizepräsident im Österreichischen Apothekerverband. Nahezu alle selbstständigen Apotheker, also Apothekeninhaber, sind Mitglied beim Österreichischen Apothekerverband. Dieser vertritt sie politisch und unterstützt sie in unternehmerischen, rechtlichen sowie pharmazeutischen Belangen, stärkt ihre Position als freie Unternehmer und gestaltet die Ausbildung der pharmazeutisch-kaufmännischen AssistentInnen (PKA) mit. Der Verband ist auch jene Vertretung, die bei den Apothekerkammerwahlen die Liste für die selbstständigen Apotheker stellt.Die Wahlen der Apothekerkammer sind ähnlich kompliziert wie das amerikanische Wahlsystem. 178 Vorstandsmitglieder und Delegierte wählen die angestellten und selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker bei der Kammerwahl im nächsten Jahr. Diese Delegiertenversammlung wählt dann die Vorstände und aus deren Kreis ein neues Präsidium. Basis dafür sind die antretenden Listen. Gibt es bei den Selbstständigen bisher mit dem Apothekerverband eine Einheitsliste, so sind es bei den Angestellten mit dem „Verband angestellter Apotheker Österreichs“ (VAAÖ) und dem „Forum Pharmazie“ zwei Listen. Die jeweiligen Bundesländerergebnisse bestimmen die Mehrheitsverhältnisse unter den 17 Vorstandmitgliedern, 36 Delegierten und 36 Ersatzdelegierten auf jeder Seite (Angestellte und Selbstständige).
Fix ist, dass auf die neue Standesvertretung viel Arbeit wartet: Die sinkenden Spannen aufgrund des Preisdrucks bei Medikamenten und der wachsende Druck durch den Versandhandel lassen die Erträge vor allem bei kleineren Apotheken sinken. Gerade aufgrund der hervorragenden Arbeit der österreichischen Apothekerinnen und Apotheker in der Coronapandemie habe man in ganz Österreich ein neues, stärkeres Bewusstsein für die wichtige Rolle der Apotheken als niederschwellige Erstanlaufstelle im Gesundheitssystem geschaffen. „Es liegen aber noch große Herausforderungen vor uns, und das erstklassige System der selbstständigen Apotheken in Österreich wird von vielen Seiten angegriffen“, formuliert Veitschegger. „Versandhandel, e-Rezept, ELGA: Diese Themen werden uns weiter begleiten. Es wird auch immer neue, kreative Ideen geben. Ziel ist, möglichst viel zu entwickeln und für die Kollegenschaft etwas weiterzubringen“, umreißt er seine Ziele. Gemeinsam mit allen Apothekerinnen und Apothekern Österreichs wolle er „die Anstrengungen für eine erfolgreiche Zukunft mutig und dynamisch nach vorne richten“. Und die Ziele sind klar: „Beste wirtschaftliche Rahmenbedingungen, das beste Service für unsere Mitgliedsbetriebe, vor allem aber für die Bevölkerung, und die beste Vertretung für uns Apothekerinnen und Apotheker in der Politik und im Gesundheitssystem“, erklärt der designierte Präsident.
Bei diesem Programm sucht der Sohn eines Apothekers privat Ausgleich im Sport – Mountainbiken, Skifahren und Skitourengehen am Berg. „Kulinarik und Wein interessieren mich auch sehr. Das war zuerst, dann kam der Sport – sonst tut es der Figur nicht gut“, lacht er.