Mit 1. August 2017 hat Chinmay Bhatt die Leitung der Novartis Pharma GmbH in Österreich übernommen. Der Niederländer mit indischen Wurzeln wechselte von der Zentrale der Novartis Geschäftseinheit „Pharmaceuticals“ in Basel nach Wien. In der Schweiz war Chinmay Bhatt als „Head of Global Strategy“ Mitglied des Vorstands und für die strategische Ausrichtung des Unternehmens verantwortlich.
Das Unternehmen sieht es als seine Aufgabe, innovative medizinische Lösungen anzubieten, um damit auf die sich verändernden Bedürfnisse von Patienten und Gesellschaften einzugehen. „Novartis verfügt über ein diversifiziertes Portfolio, um diese Bedürfnisse so gut wie möglich zu erfüllen – mit innovativen Arzneimitteln, kostengünstigen generischen Medikamenten und Produkten für die Augenheilkunde. Novartis ist das einzige Unternehmen mit weltweit führenden Positionen in diesen Bereichen“, betont Bhatt.
Die drei Divisionen des Unternehmens werden von der Forschungsorganisation, den
Novartis Institutes for BioMedical Research (NIBR), und einer zentralisierten Serviceorganisation, Novartis Business Services, unterstützt. Diese ermöglichen eine Zusammenarbeit über die Divisionen hinweg und fördern Produktivität und Profitabilität. „Wir möchten innovative Produkte in wachsenden Gesundheitsbereichen entwickeln. Gleichzeitig wollen wir unsere Präsenz in den aufstrebenden Märkten von Asien, Afrika und Lateinamerika stärken, wo ein wachsender Bedarf an hochqualitativen Medikamenten und Gesundheitsleistungen besteht“, fasst Bhatt die Unternehmensziele für die kommenden Jahre zusammen.
Derzeit befinden sich bei Novartis rund 200 Produkte in unterschiedlichen Entwicklungsphasen. In den kommenden Monaten und Jahren hofft das Unternehmen, eine neue Therapie für Migränepatienten in Österreich auf den Markt bringen zu können. Zudem wird intensiv an innovativen Therapien für MS-Patienten gearbeitet sowie an einer Therapie, die Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, helfen kann, die Wahrscheinlichkeit eines neuerlichen Infarkts zu senken. Ebenfalls in Vorbereitung ist ein neuer Wirkstoff zur Therapie der altersbedingten feuchten Makuladegeneration.
„In der Onkologie arbeiten wir an einer bahnbrechenden Gentherapie im Kampf gegen eine aggressive Form der Leukämie bei Kindern und Jugendlichen sowie am Thema Lungenkrebs. Das sind nur einige Beispiele der Projekte, die sich in einer späten Phase der klinischen Prüfung bzw. des Zulassungsprozesses befinden“, erklärt Bhatt. Der neue Österreich-Geschäftsführer von Novartis empfindet es als sehr positiv, für ein Unternehmen zu arbeiten, das wissenschaftsbasierte Innovation als Basis seines Tuns versteht und das viele Innovationen immer noch aus sich selbst hervorbringt. „Die Novartis Institutes of BioMedical Research stehen für einen einzigartigen Innovationsmotor. Unsere neue, vereinheitlichte Global Drug Development Organisation garantiert die bestmögliche Umsetzung der Forschungsergebnisse“, betont Bhatt.
Bezüglich des Marktzugangs für Innovationen empfindet Bhatt die Situation für Patienten in Österreich als immer schwieriger. Er befürchtet, dass der Wert von Innovationen für die Patienten wie auch der Stellenwert, den klinische Forschung und der frühe Zugang zu neuen Therapien bringen, nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dazu Bhatt: „Mit der Verabschiedung der ASVG-Novelle und den Eingriffen in die grüne, gelbe und No-Box sehe ich eine negative Preisspirale in Gang gesetzt, die sich von den generischen Produkten bis hin zu den innovativen Therapien zieht. Österreich droht den Status des ,early access country‘ zu verlieren – und das, obwohl wir durch alle Statistiken wissen, dass die Medikamentenkosten stabil sind bzw. leicht zurückgehen. Ich würde mir wünschen, dass Hauptverband und Industrie wieder enger zusammenrücken, um wirkungsvolle innovative Therapien so rasch wie möglich zum Patienten zu bringen.“
Bhatt ist der Überzeugung, dass diese Diskussion bewusst die eigentlichen Themen des österreichischen Gesundheitswesens ausspart: die Spitalslastigkeit des heimischen Systems und die Möglichkeit, die Strukturen in der Sozialversicherung anzupassen. „Die jüngste Studie der London School of Economics hat dazu ja interessante Ansätze gebracht. Ich denke, bei den Medikamentenpreisen war Österreich in der Vergangenheit bereits sehr aktiv und hat ein – aus Sicht des Systems – extrem effektives Regelwerk etabliert, das die Preise beispielsweise nach Ablauf des Patentschutzes in sehr kurzer Zeit sehr stark reduziert. Worüber wenig diskutiert wird, ist die Tatsache, dass eine reiche Volkswirtschaft wie Österreich nur maximal den EU-Durchschnittspreis für Medikamente zahlen will und dass dies letztlich auf Kosten der ärmeren EU-Volkswirtschaften geht“, erläutert Bhatt.
Für Bhatt senden die Bundesregierung und der Gesetzgeber derzeit sich widersprechende Signale an Pharma und den Bereich Life Sciences aus: Einerseits werde eine sehr gute Life-Science- und Pharmastandort-Strategie ausgearbeitet und die wesentlichen Punkte für eine Verbesserung würden darin benannt, so die Meinung des Novartis-Geschäftsführers. In diesem Zusammenhang bewertet er die Erhöhung der Forschungsprämie als sehr positiv.
Andererseits, so Bhatt weiter, werde der Inlandsmarkt über nicht planbare neue Preisregularien in der ASVG-Novelle geschwächt und Innovationen im Arzneimittelbereich würden permanent infrage gestellt. „Ich hoffe, dass nicht noch weitere negative Signale an unsere Industrie kommen – etwa im Zuge der österreichischen EU-Präsidentschaft. Wer Investitionen im Pharmabereich bzw. bei Forschung & Entwicklung ins Land holen möchte, muss Planbarkeit und ein innovationsfreundliches Umfeld bieten können. Österreich hat in diesen Bereichen in den vergangenen Jahren an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt“, so Bhatt.
Bhatt sieht große Veränderungen auf die Pharmaindustrie zukommen – darunter viele positive, aber auch einige sehr herausfordernde. Die wichtigste Nachricht sei, betont er, dass es in Zukunft mehr und mehr Therapien geben werde, die schwere und mitunter tödlich verlaufende Krankheiten heilen werden: „Das ist einzigartig in der Geschichte der Medizin und ich denke daher, dass wir uns in einer sehr privilegierten Situation befinden. Natürlich wird die Digitalisierung auch in unserer Branche langfristig vieles auf den Kopf stellen. Das bietet aber auch die Chance, Prozesse und Entwicklungen neu zu definieren, effizienter zu gestalten und Therapien schneller zu den Patienten zu bringen.“
Sein Wunsch für die Zukunft: „Ich würde mir eine seriöse Diskussion zwischen den Krankenkassen und den Anbietern neuer Therapien wünschen, die sich stärker mit dem Thema ,Outcomes‘ beschäftigt, also mit den Ergebnissen der Therapien und wie diese Ergebnisse abgegolten werden können. Gesundheitssysteme sind durch die demografische Entwicklung unter Druck – wer Patienten, Ärzten und dem Gesundheitssystem klare und nachvollziehbare Vorteile in der Behandlung von Erkrankungen bieten kann, wird künftig auf Basis dieser Resultate bezahlt werden.“