Unter dem Titel „Pharma und Digitalisierung in Österreich“ wurde am 30. September 2021 im Palais Wertheim der Fortschritt der Digitalisierung in der Pharmabranche diskutiert. Nach der Präsentation der Studienergebnisse einer während des ersten COVID-19-Lockdowns durchgeführten Umfrage zur Digitalisierung referierte Univ.-Prof. Dr. Siegfried Meryn in einer anschließenden Keynote Lecture über den Stellenwert der digitalen Transformation. Zum Abschluss diskutierte ein Expertenpanel die Ergebnisse, den Status quo sowie Zukunftsprognosen.
Die Onlinebefragung fand zwischen Mai und Juli 2021 statt und umfasste insgesamt 47 Fragen, die von Branchenexperten der Pharmaindustrie beantwortet wurden. Ziel war es, Aufschluss über den Stand der Digitalisierung in der Pharmaindustrie in Österreich sowie darüber, welchen Einfluss die COVID-19-Pandemie auf diese hatte, zu erhalten. Organisiert wurde die Initiative gemeinsam von PHARMIG, dem Verband der pharmazeutischen Industrie, und der Firma Zühlke, einem weltweit tätigen Innovationsdienstleister. Die Ergebnisse präsentierten Dr. Ronald Pichler, Head of Public Affairs & Market Access, PHARMIG, und Mag. Albert Frömel, Industry Lead Health & Life Sciences, Zühlke.
Mit 86% stimmte die große Mehrheit der Befragten zu, dass die Digitalisierung einen maßgeblichen Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Dieser Einfluss hat sich für 90% der Befragten im Zuge der COVID-19-Pandemie noch verstärkt. 38% gaben an, dass eine Digitalisierungsstrategie mit definierten Zielen im Unternehmen bereits vor der Pandemie verankert war – eineinhalb Jahre nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie hat sich dieser Anteil auf 46% erhöht. Eine klare Diskrepanz wurde zwischen interner und externer Digitalisierung beobachtet: Während 28% einen hohen Digitalisierungsfortschritt bei internen Prozessen angaben, teilten nur 12% diese Einschätzung für externe Prozesse. In beiden Bereichen spielte die Kommunikation eine große Rolle. Die interne Kommunikation war laut 69% der Befragten bereits stark digitalisiert, während sich 59% mehr Digitalisierung in der externen Kommunikation mit bestehenden und neuen Kontakten wünschen.
Im weiteren Verlauf wurde eruiert, welche Unternehmensbereiche besonders von einer verstärkten Digitalisierung profitieren könnten. Dabei gaben 54% der Befragten an, dass der Vertrieb unzureichend digitalisiert sei, gleichzeitig erfuhr dieser aber die umfangreichsten Veränderungen während der Pandemie (38%). Die größte interne Herausforderung stellt dabei für 59% der Befragten das notwendige Wissen dar, um Digitalisierungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen, dicht gefolgt von Datenschutz und Sicherheit (57%). Das sei kein Zufall, erklärte Frömel, da mangelndes Wissen im digitalen Bereich häufig mit Ängsten und Unsicherheiten einhergeht. An dritter Stelle bei den Hürden standen Akzeptanz und Wichtigkeit des Themas (50%). Zwar wurde das Know-how im Bereich Digitalisierung im Unternehmen von 43% als unzureichend eingestuft, gleichzeitig verzeichneten 35% seit der Pandemie umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung. Dazu zählen die Bereitstellung von Tools zur Know-how-Förderung (82%), Schulungen (73%) sowie ein interner strukturierter Wissensaustausch (53%).
Die Umfrage ergab, dass der Stellenwert des Telefongesprächs auch in der Pandemie weiterhin hoch war: 89% nutzten das Telefonat zur Kommunikation mit bestehenden Kontakten, 71% mit neuen Kontakten. An zweiter Stelle standen nach wie vor E-Mails. Videokonferenzen wurden ebenfalls stark genutzt (79% mit bestehenden Kontakten, 46% für neue Kontakte), wobei bei bestehenden Kontakten das persönliche Treffen um 92% reduziert und durch Videokonferenzen (91%) ersetzt wurde. Hierbei zeigt sich auch der deutliche Unterschied zwischen Digitalisierung (dem Wechsel vom persönlichen Treffen zur Videokonferenz) und der digitalen Transformation, in der komplett neue Prozesse erarbeitet werden. Hürden gab es sowohl im niedergelassenen als auch im klinischen Bereich in Form von mangelnder Akzeptanz (30% bzw. 26%). „Diese Erkenntnis ist insbesondere für den Außendienst relevant, der davon überzeugt werden muss, dass die Digitalisierung eine maßgebliche Erleichterung und keine Bedrohung darstellt“, erklärte Pichler. Das größte Zukunftspotenzial für digitale Anwendungen in der Pharmabranche wurde vor allem der Integration von Telemedizin (23%) und der Digitalisierung im Vertrieb (20%) zugesprochen.
Im Rahmen einer Keynote Lecture stellte Univ.-Prof. Dr. Siegfried Meryn die präsentierten Studienergebnisse in den größeren, internationalen Kontext der digitalen Transformation. In der COVID-19-Pandemie war es eben die digitale Transformation, die zum maßgeblichen Erfolg bei der Impfstoffherstellung führte, so Meryn. Die gesamte pharmazeutische Industrie befinde sich im Wandel und digitale Fortschritte wie 5G oder künstliche Intelligenz des machine learning dürften nicht ignoriert werden. Meryn präsentierte eine MIT-Studie, in der gezeigt wurde, dass die führenden digitalen Unternehmen finanziell weit besser performen als Unternehmen ähnlicher Größe in anderen Sektoren.1 Eine weitere Studie zeigte, dass sich die Pharmaindustrie hinsichtlich des Digitalisierungsgrades weit hinter den führenden digitalen Unternehmen und selbst hinter Banken und Versicherungen einreiht.2
In der abschließenden Panel-Diskussion debattierten Experten unter der Moderation von Mag. Gabriele Jerlich, Geschäftsführerin MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH, über die vorgestellten Ergebnisse, den Status quo und Zukunftsprognosen.
Hier Studie downloaden!Die gesamte Studie „Pharma und Digitalisierung Österreich“ steht unter https://bit.ly/PharmaundDigitalisierung zum Download zur Verfügung.
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