Pharmamarkt 2024

Der Gesamt-Pharmamarkt ist 2024 nach Umsatz deutlich um +9,9% auf 6,9 Mrd. gewachsen (Umsatz € FAP [Mio.], Wachstum zum Vorjahr). Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre fort (2022: +9,0%; 2023: +10,1%). Nach Absatz liegt das Wachstum bei +1,6% und damit etwas höher als im Vorjahr (+1,3%), aber noch immer deutlich unter der Steigerungsrate im Jahr 2022 von +8,5%. Wie schon im Vorjahr sind die Wachstumstreiber die Therapiebereiche Onkologika (vorwiegend im Krankenhaus) sowie Immunologie und Respirationssysteme (beide hauptsächlich im Retail).

Die Top-Launches 2024 kommen aber im Unterschied zu 2023, wo alle drei Produkte aus dem Bereich Antineoplastika kamen, diesmal auch aus den Bereichen Muskel- und Skelettsystem sowie Stomatologika und sind damit Präparate für seltene Erkrankungen.

Retail-Markt: Herztherapeutika als Wachstumssieger

Der Retail-Markt wächst 2024 nach Umsatz um +9% und bleibt damit etwas hinter dem Krankenhausmarkt zurück, liegt aber sowohl über dem Durchschnitt der letzten 4 Jahre (+8,7%) als auch über dem Vorjahr (+7,9%). Der Umsatz nach Wert liegt hier bei ~ 4,5 Mrd. Euro. Das mengenmäßige Wachstum liegt bei +1,3% (knapp über dem Wert 2023 von +1,0%, aber deutlich unter dem Durchschnitt der letzten 4 Jahre von 2,6%). Die Wachstumsrate im erstattungsfähigen Markt weist mit +9,5% nach Umsatz den höchsten Wert im laufenden Jahrzehnt auf und liegt deutlich über dem Vorjahr (+7,8%).

Die ATC-Klassen Proteinkinasehemmer sowie Interleukin-Inhibitoren erzielen hier die höchsten Marktanteile mit 8,7% bzw. 7,0%. Wachstumssieger sind allerdings sonstige Herztherapeutika mit +36% sowie SGLT-2-Hemmer mit +33%. Das stärkste Wachstum weisen die hellgelbe Box RE2 mit einem Plus von 18,5% sowie die dunkelgelbe Box RE1 mit +15,6% auf.

Das Wachstum der No Box – im Vorjahr noch +23,1% – hat sich 2024 auf +1,9% stark eingebremst; die Gründe hierfür erläutert Beatrix Linke, Country Lead Austria bei IQVIA, im Interview (siehe Kasten).

Apothekenmarkt: Rx wächst deutlich stärker als OTC

Im Apothekenmarkt liegt das Wachstum nach Wert mit +6,2% unter dem Wert des Vorjahres und des 4-Jahres-Durchschnitts von +7,2% und erreicht einen Gesamt­umsatz von ~ 6,2 Mrd. Euro (erstattungsfähiger Rx-Markt bewertet zum € KKP, nicht erstattungsfähiger Rx-Markt & Consumer Health bewertet zum € AVP [Mio.], Wachstum zum Vorjahr). Rx wächst hier deutlich stärker (+7,1%) als der Bereich Consumer Health (+3,5%). Nach Absatz weist der Markt ein leichtes Wachstum von +0,6% auf.

Damit liegt die Steigerung knapp über 2023 (+0,2%), aber noch immer deutlich unter dem Durchschnitt der letzten 4 Jahre (+2,3%). Rx zeigt ein leichtes Wachstum von +1,3%, während Consumer Health einen Rückgang von -0,5% verzeichnet. Die abgebildeten Teilbereiche des Consumer-Health-Marktes entwickeln sich 2024 nach Umsatz positiv (zwischen +1,75% und +4,9%); nach Absatz zeigt sich ein anderer Trend (Werte zwischen -2,3% und +0,8%). Im Bereich der freiverkäuflichen Arzneimittel machen rein pflanzliche Produkte nach Wert knapp ein Viertel aus, während nach Absatz nur ca. jedes fünfte Präparat aus der Kategorie Phyto kommt. Im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte sind nur knapp 10% der Produkte auf rein pflanzlicher Basis. Der Marktanteil der stärksten OTC-Klasse nach Umsatz – Husten- und Erkältungsmittel – bleibt mit 24% konstant.


Interview mit Beatrix Linke, Country Lead Austria, IQVIA

Kommentar zu den Ergebnissen bezüglich Pharmamarkt 2024 und ­Ausblick für 2025

PHARMAustria: Was waren die Besonderheiten/Auffälligkeiten im Jahr 2024 im Rx-Bereich?

Beatrix Linke; © Katharina Schiffl

Beatrix Linke: Im niedergelassenen Bereich kommt das wertmäßige Wachstum bei verschreibungspflichtigen Produkten aus dem Bereich der patentgeschützten Präparate. Hier sehen wir ein Wachstum zum Listenpreis (ohne Preismodelle) von etwas mehr als 17%, während sich im gleichen Zeitraum die patentfreien Präparate mit -0,7% nach Wert rückläufig entwickeln. Hier wirkt vor allem die Preisbandkürzung von Ende 2023 auf Generika. Es gab einige Patentabläufe. Vor allem der Patentablauf von Ustekinumab und der Markteintritt von Biosimilars ist ein Marktereignis, das auch 2025 die Marktentwicklung beeinflussen wird.
Im Krankenhausbereich gab es ebenfalls einige Patentabläufe, aber auch erfolgreiche neue Launches. Interessant ist im Krankenhaus vor allem die Tatsache, dass hier auch die patentfreien Produkte wertmäßig wie mengenmäßig ein positives Wachstum zeigen. Die Onkologie ist als größtes Therapiegebiet im Krankenhaus ein maßgebliches Wachstumselement und auch immer noch stark im Fokus von Forschung und Entwicklung. So verwundert es nicht, dass einige der erfolgreichsten Neueinführungen 2024 aus dem Bereich der Onkologie stammen, aber auch für seltene Erkrankungen gab es einige Launches.

Und im OTC-Bereich?
Im Consumer-Health-Bereich ist das wertmäßige Wachstum mit 3,5% sehr moderat und im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich geringer. 2023 hatten wir hier noch ein Umsatzplus von 6,4%, 2022 sogar +10,6%. Wenn man bedenkt, dass rund ein Viertel der Umsätze in öffentlichen Apotheken aus diesem Marktsegment stammen, ist dies insgesamt keine erfreuliche Entwicklung für die Vor-Ort-Apotheke. Beeinflusst wird das gedämpfte Wachstum unter anderem davon, dass Hersteller 2024 mit Preiserhöhungen sehr zurückhaltend waren. Lediglich im Bereich der freiverkäuflichen Arzneimittel lagen die Preiserhöhungen 2024 über der Inflationsrate. Alle anderen Segmente wie z.B. Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte, aber auch Kosmetik blieben mit den Preisanpassungen deutlich unter der Inflationsrate. Was ebenfalls auffällt, ist, dass die Gruppe der Beruhigungs- und Schlafmittel sowie der Stimmungsaufheller erstmals seit Beginn der Pandemie im Jahr 2024 rückläufige Tendenz zeigte. Bis inklusive 2023 war dies eine stark wachsende Produktkategorie.
Erfreulich ist allerdings, dass 2024 einige Lieferschwierigkeiten im Consumer-Health-Bereich überwunden werden konnten und bei einzelnen Produkten zu bemerkenswerten Wachstumsraten führten.

Welche Auswirkungen hatte die Einführung der Richtlinie über die Abgabe von parallel importierten Arzneispezialitäten (wirksam seit 1.7.2024)?
Die Richtlinie (§ 2 (1) § 2 Abs 2 VO-EKO) regelt, zu welchem Höchstpreis eine Arzneispezialität auf Kassenkosten abgegeben werden kann – unabhängig davon, ob es sich um eine parallel importierte oder eine direkt importierte Arzneispezialität handelt. Mit Inkrafttreten der Verordnung beobachten wir einige Boxenwechsel von Parallelimporten von der No Box in die gelbe Box RE1. Dies hat dazu geführt, dass sich das wertmäßige Wachstum der No Box stark eingebremst hat. Hatten wir 2023 noch ein Wachstum in der No Box von über 23%, so waren es 2024 über das ganze Jahr gerechnet gerade einmal +1,9%.

Was kann für heuer prognostiziert werden?
Auch heuer werden wieder einige bedeutende Produkte voraussichtlich patentfrei, z.B. im Bereich der direkten oralen Antikoagulanzien. Aber auch einige Biologika werden von Patentabläufen betroffen sein. Je nachdem, wie schnell und wie zahlreich hier Generika und Biosimilars auf den Markt kommen, werden sich diese potenziell wachstumsdämpfend auswirken. Außerdem ist zu erwarten, dass die Anzahl der Produkte mit Preisen unterhalb der Rezeptgebühr weiter ansteigen wird, beträgt doch die Rezeptgebühr für 2025 bereits 7,55 Euro. Dies könnte dazu führen, dass 2025 erstmals mehr als die Hälfte der in öffentlichen Apotheken abgegebenen erstattungsfähigen Arzneimittelpackungen unterhalb der Rezeptgebühr liegt und diese damit potenziell aus eigener Tasche der Patient:innen bezahlt werden müssen.

Vielen Dank für das Gespräch!