PHARMAustria: Welche Rolle spielt das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) beim Bewertungsboard?
Dr. Ingrid Zechmeister-Koss: „Wir waren nicht in den jüngsten Finanzausgleich eingebunden, sind dies aber jetzt in die Ausgestaltung der Umsetzung, weil wir ja voraussichtlich auch Aufgaben übernehmen sollen. So braucht das Bewertungsboard dann etwa auch Health Technologie Assessment. Hier sind wir mit eingebunden, mit unserer methodischen Expertise und auch mit den Erfahrungen, die wir bereits in der Zuarbeit für Entscheidungsprozesse gemacht haben. Das Ziel ist, diesen Prozess gut aufsetzen zu können. Und wir sind auch involviert in die Umsetzung der europäischen HTA-Verordnung, die ja ebenfalls mit Jänner 2025 starten soll.“
Wie beurteilen Sie das Bewertungsboard?
Zechmeister-Koss: „Generell sehe ich das Bewertungsboard wirklich als längst überfällig. Es wird schon lange versucht, den Bereich der teuren neuen und spezialisierten Medikamente mehr in geordnete Bahnen zu bringen. Das Hauptproblem war bis jetzt, dass wir in jedem einzelnen Bundesland sehr unterschiedliche Lösungen gefunden haben. Und das hat bedeutet, dass die Postleitzahl ausschlaggebend dafür war, wer Zugang zu welchen Medikamenten und zu welchem Zeitpunkt hat. Daher braucht es eine österreichweite Koordination einerseits bei der organisatorischen Implementierung, andererseits aber auch bei der Finanzierung. Und es braucht abgestimmte Behandlungsalgorithmen: Wer soll wann, wo, unter welchen Voraussetzungen von einem Produkt überhaupt profitieren? Man kann das wirklich einmal für ganz Österreich machen und damit kann auch tatsächlich die sehr rasche koordinierte Systemimplementierung von Produkten gelingen. Dabei geht es um Fragen wie: Wer ist bei einem neuen Produkt wofür zuständig? Wo soll es Zentren geben? Wer soll es verabreichen? Wer soll die Nachbetreuung übernehmen? Es geht ja auch oft um Produkte, die nicht nur den Spitalsbereich betreffen, sondern auch das Monitoring im niedergelassenen Bereich. Es hilft niemandem, wenn wir die Patient:innen hier im Kreis schicken. Und ich sehe wirklich bei allen Beteiligten das große Interesse, dass wir die guten Dinge, die ins System kommen, rasch zugänglich machen – und zwar für alle gleich.“
„Wir haben jetzt die Grundvoraussetzung geschaffen, wenn man aber in der Umsetzung nicht dranbleibt, funktioniert es nicht. Dabei geht es auch um Medikamente. Ich weiß, dass die niedrigpreisigen Medikamente für Hersteller kaum noch wirtschaftlich darstellbar sind. Gleichzeitig gehen hochpreisige Medikamente aber durch die Decke. Wir brauchen bei beidem eine Lösung. Die einzige Möglichkeit ist, Transparenz zu schaffen und die Verfügbarkeit von Medikamenten sicherzustellen. Das betrifft auch das viel diskutierte Bewertungsboard für neue innovative und teure Therapien. Bisher hat jedes Krankenhaus eigene Verhandlungen mit Pharmaunternehmen geführt, die zudem völlig intransparent abgelaufen sind und der Vertraulichkeit unterliegen. Im neuen Gremium werden nur fachkundige Vertreter:innen aus den Bereichen Humanmedizin und Pharmazie sitzen, das zudem nur Empfehlungen aussprechen kann. Die Letztentscheidung bezüglich der Arzneimittel liegt weiterhin beim behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin. Und das wird auch in der Geschäftsordnung festgeschrieben. Ich glaube, es ist ein gutes Instrument, mit dem alle zufrieden sein werden, wenn wir die Geschäftsordnung so hinbekommen.“