So ticken Ärzt:innen

Der PMCA (Pharma Marketing Club Austria) widmete sich am 17. Oktober 2022 in seinem Wissensformat „Mythen vs. Fakten“ der Frage, ob junge HCPs anders mit Pharmafirmen kommunizieren (wollen) als ihre älteren Kolleg:innen. Spectra Marktforschung befragte hierzu 120 HCPs (Allgemeinmediziner:innen, niedergelassene Fachärzt:innen sowie Krankenhaus-fachärzt:innen), repräsentativ nach Alter und Geschlecht. Dr.in Gudrun Auinger, ­Senior Research Director und Partnerin bei Spectra, präsentierte bei der Online-­Veranstaltung die Ergebnisse.

Auch ältere Ärzt:innen sind teilweise digital affin!

Hinsichtlich ihrer Digitalaffinität wurden die Teilnehmenden in 3 Gruppen eingeteilt:

  • EARLY ADOPTERS: nutzen digitale Kommunikationsmöglichkeiten im Beruf, so oft es geht, und möchten diese Art der Kommunikation keinesfalls missen.
  • LATE MAJORITY: sind in mehreren digitalen Kommunikationskanälen vertreten, aber eher Empfänger von Nachrichten und weniger aktive Sender.
  • LAGGARDS: sind kein:e Freund:in von ­digitalen Kommunikationsmöglichkeiten und verwenden diese so wenig wie möglich.

Laut Selbsteinschätzung waren 16% aller Befragten EARLY ADOPTERS, 63% LATE MAJORITY und 21% LAGGARDS. Hier zeigt sich das erste überraschende Ergebnis der Studie: Während bei den jungen HCPs zwar sehr viele der LATE MAJORITY angehören (70%), finden sich in dieser Ärztegruppe nur 11% EARLY ADOPTERS und immerhin 19% LAGGARDS. Bei den „Middle age“-Ärzt:innen waren hingegen 22% EARLY ADOPTERS – dafür allerdings nur 55% LATE MAJORITY und 23% LAGGARDS. Bei den älteren HCPs waren immerhin noch 14% EARLY ADOPTERS zu finden, 67% waren LATE MAJORITY. Mit 18% war die Gruppe der LAGGARDS in dieser Gruppe sogar am kleinsten. Daraus kann abgeleitet werden, dass die Digitalaffinität in einem geringeren Maße mit dem Alter korreliert, als dies oftmals vermutet wird.

Prägnante Infos gewünscht

Bei der Frage, wann ein Gespräch mit einer Pharmafirma für die Ärzt:innen ein „wertvolles“ Gespräch sei, landete bei den spontanen Antworten folgender Punkt mit ­Abstand auf Platz 1:

  • Informationen zu neuen Medikamenten / neuen Erkenntnissen / Studiendaten (64%)

Es folgten die Aspekte:

  • kurz, prägnant und klar / wesentliche Informationen auf den Punkt gebracht (35%)
  • produktbezogene Informationen / Verabreichungs-/Abrechnungsmodalitäten (28%)
  • keine spontanen Besuche / Terminvereinbarung / Pünktlichkeit (22%)

Betrachtet man die Antworten nach dem Arbeitssetting – also je nachdem, ob es sich um Allgemeinmediziner:innen, niedergelassene Fachärzt:innen oder Krankenhausfachärzt:innen handelt –, zeigt sich, dass vor allem die Allgemeinmediziner:innen Informationen zu neuen Medikamenten bzw. zu neuen Erkenntnissen/Studiendaten als sehr relevant einstufen.
Auch hinsichtlich der Altersgruppen zeigen sich Besonderheiten: So sind vor allem die jungen HCPs an Informationen zu neuen Medikamenten bzw. zu neuen Erkenntnissen/Studiendaten interessiert. Auch der Wunsch nach kurzen, prägnanten und klaren Informationen ist bei der jungen Ärzteschaft besonders ausgeprägt.

Derzeit genutzte ­Kommunikationskanäle

Derzeit findet – laut Selbsteinschätzung der Ärzt:innen – mehr als die Hälfte (54%) der Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Pharmafirmen bei einem persönlichen Besuch statt. Der Rest verteilt sich auf persönliche E-Mails (12%), E-Mail-Newsletter (11%), Teilnahme an Präsenz-Fortbildungen/Veranstaltungen (10%) bzw. an virtuellen Fortbildungen/Veranstaltungen (6%), klassische Telefonate (5%), Messenger-Nachrichten (1%) und Videotelefonie (1%).Die Krankenhausfachärzt:innen weichen von diesem Durchschnitt etwas ab, da sie mit 44% deutlich weniger Besuch empfangen. Für diese Zielgruppe spielen persönliche E-Mails dafür eine größere Rolle.
Bei der Frage, wie wichtig den Ärzt:innen digitale Kommunikationskanäle für die berufliche Kommunikation mit Pharmaunternehmen sind, wurden persönliche E-Mails von 54% als sehr wichtig/wichtig bewertet. Allerdings zeigen sich speziell bezüglich der persönlichen E-Mails deutliche Unterschiede: So waren nur knapp über 20% der Allgemeinmediziner:innen der Meinung, dass diese sehr wichtig/wichtig sind, bei den niedergelassenen Fachärzt:innen waren es rund 55%, bei den Krankenhausfachärzt:innen ­sogar über 80%.
Auch bei der Differenzierung der Antworten nach Altersgruppen zeigen sich Unterschiede, und zwar wiederum bei den persönlichen E-Mails: Diese werden von rund 65% der jungen HCPs als sehr wichtig/wichtig bewertet, aber nur von rund 55% der über 60-Jährigen und sogar nur von 45% der 46- bis 59-Jährigen. Die Unternehmenswebseiten hingegen sind bei den jungen Ärzt:innen überdurchschnittlich beliebt und werden von knapp 35% als sehr wichtig/wichtig eingestuft.

Gewünschte ­Kommunikationskanäle

Bei der Frage, welche Aufteilung der ­Kommunikationskanäle sich die Ärzt:innen – unabhängig von den etwaigen Corona-­bedingten Kontakt­beschränkungen – wünschen würden, zeigt sich, dass das Wunschbild nicht sehr von der derzeitigen Situation abweicht. Lediglich der Wunsch nach weniger E-Mail-Newslettern und mehr Präsenz-Teilnahme an Veranstaltungen/Fortbildungen wird deutlich.

Fortbildungen und Fachzeitschriften sind Top-Infoquellen

Bei der Frage, welche Formate die Ärzt:innen bevorzugen, um sich für ihren Beruf zu informieren bzw. fortzubilden, landen Kongresse/Fortbildungsveranstaltungen in Präsenz mit 83% klar auf Platz 1, gefolgt von Fachzeitschriften mit 78%, Leitlinien/Guidelines mit 65% und Gesprächen mit Kolleg:innen sowie Webinaren.
Auch hier spielen das Alter und das Arbeitssetting bei den Vorlieben bezüglich der Informations- und Fortbildungsformate eine Rolle.

Veranstaltungen: Inhalt entscheidend für Teilnahme

Ob ein Arzt oder eine Ärztin an einer Fortbildung teilnimmt, hängt sehr stark vom Thema/Inhalt ab (87%). Auch Dauer/Uhrzeit (56%), Ort (49%), Vortragende:r (48%) und Erwerb von DFP-Punkten (48%) sind Kriterien, die für die Entscheidung relevant sind. Eher abgeschlagen folgen das Rahmenprogramm der Veranstaltung (12%) sowie Sponsor:in (3%).
Die Unterschiede zwischen den Altersgruppen fallen bei diesem Themenkomplex deutlicher aus als bei manchen anderen Fragen.
Bei Online-Veranstaltungen lohnt es sich, nicht nur die Live-Teilnahme anzubieten, sondern auch ein On-demand-Video zur Verfügung zu stellen. Denn während 33% am liebsten live teilnehmen, schauen 42% zumindest fallweise die Aufzeichnung.

Fazit von Dr.in Gudrun Auinger, Spectra

Digitalaffinität von Ärzt:innen
  • Die Hypothese, dass Early Adopters häufiger unter den jüngeren Ärzt:innen vertreten sind, kann nicht bestätigt werden.
  • Es ist vielmehr so, dass Jüngere die persönlichen Veranstaltungen schätzen und auch in Zukunft verstärkt wünschen.
  • Jede:r 5. junge Ärztin/Arzt (bis 45 Jahre) schaut sich keine Online-Veranstaltungen an!
Präferierte Informationen/Themen/Inhalte
  • On Top: Infos zu neuen Präparaten und Studiendaten – hohe Relevanz für jüngere Ärzt:innen bis 45 Jahre sowie für Allgemeinmediziner:innen
  • Präferiert: Kurze, prägnante Aufbereitung (auf den Punkt gebracht) – wird betont von Ärzt:innen bis 59 Jahre und Krankenhausärzt:innen
Bevorzugte Kommunikationskanäle
  •  Ärzt:innen wünschen sich, dass F2F-Kontakte auch in Zukunft bestehen bleiben.
  • Persönliche E-Mails werden von Ärzt:innen als wichtigster digitaler Channel bestätigt (besonders von Krankenhausärzt:innen).