Furcht kann uns zur Flucht oder zum Kampf motivieren, schreibt Nicole Gerfertz-Schiefer in ihrem Beitrag, in dem sie ausführlich die Möglichkeiten und Mittel von Awareness-Kampagnen darstellt und eine Reihe von Kommunikationsexperten dazu befragt hat (ab Seite 16). Awareness-Kampagnen wollen Aufmerksamkeit erreichen, Bewusstsein (!) für ein Thema erzeugen und betroffen machen. Und sie zielen darauf ab, Einstellungen – und letztlich Verhalten – zu ändern. Das kann über Aufklärung, positiv besetzte Botschaften und Aufforderungsappelle erfolgen, aber auch durch Furch tappelle. Gastautor Martin Ohlwein, der die Wirkung von Furchtappellen beleuchtet, rät jedoch, Furchtappelle nur sehr wohldosiert einzusetzen (Seite 10). Sonst macht der Adressat „zu“ und schützt sich nicht nur vor der eigenen Betroffenheit, sondern auch gleich vor der kommunizierten Botschaft.
Das gilt wohl nicht nur für persönliche, emotional besetzte Themen, wie die individuelle Gesundheit, das gilt meiner Meinung nach mindestens genauso auch für gesellschaftspolitische und gesundheitspolitische Themen, bei denen oft mit Angst gespielt und Chaos prophezeit wird.
Ganz ehrlich – ich bin jetzt mehr als 20 Jahre im Medizinjournalismus. Wie oft ist dieses Gesundheitssystem in den letzten Jahren zusammengebrochen, wie oft wurde es totgejammert, wie oft wurde der endgültige Kollaps an die Wand gemalt. Irgendwann greift das nicht mehr und erreicht vermutlich auch niemanden mehr – auch bei diesen Hiobsbotschaften machen viele Adressaten nur noch „zu“. Die einen resignieren, weil sie es tagtäglich ohnehin so erleben, andere bagatellisieren es und die Politik bekämpft meist die Botschaft statt den Missstand.
Ja, das Gesundheitssystem ist im Umbruch, Herausforderungen gibt es genug, der Ärztemangel, insbesondere der eklatante Hausärztemangel, ist eine davon. Mit Angstmacherei und Untergangsstimmung wird es aber vermutlich auch nicht besser. Sie verstellen den Blick für all das, was geleistet wird, und für viele neue Ideen, die umgesetzt werden. Und sie verhindern den Austausch zwischen den Beteiligten.
„Es geht darum, Betroffene zu Beteiligten und Beteiligte zu Betroffenen zu machen“, sagt der Kommunikationswissenschafter Thomas Alfred Bauer im erwähnten Awareness-Beitrag (Seite 18). Das wünsche ich mir auch bei all den Fragen zur Gesundheitsversorgung und Gesundheitspolitik. Und dazu wollen wir mit unseren Medien einen Beitrag leisten. Nach knapp 15 Jahren bei MedMedia und als Chefredakteurin einer interdisziplinären Krankenhauszeitschrift sowie mehrerer Fachmedien habe ich vor Kurzem die Redaktionsleitung von Ärzte Krone und Apotheker Krone übernommen und freue mich riesig über die neuen Möglichkeiten der vernetzten Kommunikation.
Gesundheit ist etwas Integrales, Gesundheitspolitik detto. In unseren Medien Ärzte Krone und Apotheker Krone können wir Fakten und Hintergrundwissen erarbeiten, mit Ärzten für Ärzte, mit Apothekern für Apotheker, aber auch wechselseitig und gemeinsam, über die eingefahrenen Berufsgrenzen hinweg, mit politischen Stakeholdern und mit Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser der Industrie. In unseren Medien wollen wir Raum geben, um Lösungen aufzuzeigen – über Schnittstellen hinweg, um Bewusstsein und wechselseitiges Verständnis zu ermöglichen und um Ideen wachsen zu lassen.
Gegen die Furcht, für den Mut.