“Pharmaunternehmen können einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Gesundheitskompetenz zu erhöhen, indem sie beispielsweise Gesundheitsinformationen für Patient:innen zur Verfügung stellen“, ist Mag.a Dr.in Edith Flaschberger, Health Expert am Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Gesundheitssystem, Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), und fachliche Leiterin der Koordinationsstelle der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK), überzeugt. „In diesen Patienteninformationen gilt es ausgewogen über Chancen und Risiken einer Behandlung aufzuklären. Natürlich ist dabei auf leichte Verständlichkeit zu achten. Zudem wäre es sinnvoll, wenn Pharmaunternehmen Ärzt:innen Unterlagen für ihre Patientengespräche zur Verfügung stellen, die den Patient:innen zur Unterstützung mitgegeben werden können“, so Flaschberger weiter. Auch der Beipackzettel sollte in ihren Augen patientenorientierter gestaltet werden. Sie plädiert für eine leichte Lesbarkeit, sowohl hinsichtlich Optik als auch Inhalt: „Beipackzettel sollten auch für Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz und/oder geringer Lesekompetenz gut verständlich sein!“
Dr. Jürgen Soffried, MPH, Senior Consultant im Fachbereich Public Health am Institut für Gesundheitsförderung und Prävention GmbH (IfGP), Kompetenzzentrum der Sozialversicherung, ist ebenfalls der Meinung, dass Pharmaunternehmen viel zur Stärkung der Gesundheitskompetenz beitragen könnten, und zwar speziell im Teilbereich der Risikokompetenz: „Die Pharmafirmen sehe ich aufgerufen, mit aussagekräftigen Zahlen über Chancen und Risiken zu informieren. Derzeit wird von Pharmaunternehmen gerne die relative Risikoreduktion verwendet, weil große Zahlen beeindrucken. Das ist mathematisch nicht falsch, aber es ist tendenziös. Gut informierte Entscheidungen können besser unterstützt werden mit der absoluten Risikoreduktion, der ‚number needed to treat‘ oder der ‚odds ratio‘“, nennt er ein Beispiel. Bezüglich Studien wünscht er sich, dass alle Studien publiziert werden, nicht nur jene mit für die Hersteller positiven Ergebnissen („publication bias“).„Zudem sollte einfach und transparent nachvollzogen werden können, an wen Forschungsgelder geflossen sind. In Österreich vermisse ich, dass Interessenkonflikte offengelegt werden – das sollte das übliche Prozedere sein“, so Soffried.
Bei den Pharmaunternehmen selbst bestätigt man, dass man sich mit diversen Projekten für eine Stärkung der Gesundheitskompetenz sowie für eine Stärkung der Prävention einsetzt. „Wir bei Takeda setzen beispielsweise Awareness- und Infokampagnen um, die das Wissen in der Bevölkerung über bestimmte Erkrankungen oder über vorbeugende Maßnahmen verbessern sollen. Dabei arbeiten wir partnerschaftlich mit anderen Gesundheitsinstitutionen, z.B. auch Selbsthilfegruppen, zusammen“, berichtet MMag.a Astrid Jankowitsch, Head Public Policy, Communications & Patient Advocacy bei Takeda Pharma und Generalsekretärin des FOPI (Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie). Dabei sei es wichtig, vorab zu erheben, was die Patient:innen tatsächlich bewegt und was sie benötigen, um dann bedarfsorientierte Informationen anbieten zu können.
„Wir sind davon überzeugt, dass es einen multidisziplinären Ansatz braucht, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Dazu gehören aufseiten der Pharmaindustrie das Bereitstellen von Informationen, Aufklärung über Präventionsmaßnahmen wie z.B. Impfungen und das Schaffen von Innovationen“, fasst Mag.a Katharina Klajnert, Head of Market Access & Government Affairs bei GSK Österreich, die Ansatzpunkte, über die GSK die Gesundheitskompetenz stärken will, zusammen. Ähnlich sieht es bei Novartis aus: „Wir betreiben beispielsweise verschiedene Patientenplattformen, um die Menschen umfassend zu informieren und zu unterstützen, und zwar in den Bereichen Kardiologie, Multiple Sklerose und Brustkrebs. Diese Plattformen umfassen Patientenwebseiten und andere Tools, z.B. Podcasts. Damit wollen wir als Unternehmen zum Empowerment der Menschen und zur Stärkung der Health Literacy beitragen“, erklärt Mag.a Sabine Boschetto, Head Country Communications & Patient Engagement bei Novartis Pharma.