Die Pleite der Commerzialbank Mattersburg trifft auch die NÖ-Ärztekammer. Sie hatte dort rund zwei Millionen Euro veranlagt, bestätigt Ärztekammer-Präsident Dr. Christoph Reisner im RELATUS-Interview.
Die Ärztekammer für Niederösterreich ist von der Insolvenz der Commerzialbank Mattersburg betroffen. „Um drohende Negativzinsen für überschüssige Liquidität zu vermeiden und gleichzeitig das Risiko zu streuen, gab es unter anderem auch zur Commerzialbank Mattersburg eine Geschäftsbeziehung“, teilt die Kammer mit. Durch die plötzliche Schließung konnte auf kurzfristig veranlagte Termingelder nicht mehr zugegriffen werden, bestätigt Kammerpräsident Christoph Reisner im RELATUS-Interview. Aktuell würden alle rechtlichen Möglichkeiten zur Minimierung des Ausfalls geprüft. Reisner beziffert das veranlagte Volumen bei der Bank auf rund zwei Millionen Euro.
Die Ärztekammer habe seit 2017 immer wieder kurzfristig Gelder für zwei bis drei Monate bei der burgenländischen Bank veranlagt, erzählt Reisner. Dabei habe es nie Probleme gegeben. Wie die Geschäftsbeziehung ursprünglich zustande kam, kann Reisner nicht mehr sagen. „Das war von den Bilanzzahlen eine positiv hervorstechende Bank mit einer positiven Eigenkapitalquote. Wir haben kurzfristige Gelder immer auf verschiedenen Banken aufgeteilt, um das Risiko zu streuen.“ Die zwei Millionen würden etwa einem Viertel der so veranlagten Gelder entsprechen. Bei welchen und bei wie vielen anderen Banken die restlichen Gelder liegen, konnte Reisner am Wochenende nicht sagen – das sei unterschiedlich und er habe nicht im Kopf, „wie viel tagesaktuell auf andere Banken verteilt ist.“ Die Commerzialbank Mattersburg habe jedenfalls einen sicheren Anschein erweckt. Dass die Bank geschlossen wird, habe man erst aus den Medien erfahren – „da waren die Konten schon gesperrt.“
Die Finanzmarktaufsicht FMA hat die Bank nach einem Bilanzfälschungsvorwurf in der Nacht zum 15. Juli zugedreht. Der langjährige Bankchef Martin Pucher – er war zudem Präsident des inzwischen ebenfalls insolventen Fußballvereins SV Mattersburg – hat sich auch selber angezeigt, bevor er als Bankvorsitzender abtrat. Laut ersten Befragungsprotokollen von Pucher und seiner Co-Vorständin hätten die beiden gemeinsam über Jahrzehnte hinweg die Bilanzen der Commerzialbank gefälscht. Es gilt die Unschuldsvermutung. Mehr als die Hälfte der Bilanzsumme von etwas mehr als 800 Millionen Euro soll erfunden sein, letzte Schätzungen nennen einen Schaden von bis zu 690 Millionen Euro. Mittlerweile ist die Bank – die 1995 nach einem Streit um die Revision aus der Raiffeisengruppe ausscheiden musste – in Konkurs, auch die Schließung wurde offiziell angeordnet. Für die Auszahlung von Guthaben betroffener Sparer ist sofort mit der Banksperre die Einlagensicherung eingesprungen, bis zu 100.000 Euro pro Kunde sind dabei abgedeckt. Wer mehr Geld eingelegt hat, darunter auch zahlreiche Unternehmen, dürfte wohl nichts mehr davon sehen.
Reisner hofft noch darauf, dass Aufsichtsorgane oder der Bund beziehungsweise das Land Burgenland haftbar gemacht werden können. Immerhin sind die Probleme jahrelang niemandem aufgefallen. „Die Entwicklung wird zeigen, ob jemand haftbar gemacht werden kann. Das ist aber nicht kurzfristig zu klären. Ich gehe davon aus, dass das länger dauern wird“, sagt der NÖ-Ärztekammerpräsident. Der operative Betrieb der Ärztekammer sei jedenfalls nicht betroffen. Auch die beschlossene Umlagenbefreiung für das letzte Quartal 2020 könne plangemäß umgesetzt und finanziert werden. Die veranlagte Summe mache umgerechnet rund 250 Euro pro Ärztekammer-Mitglied aus. Die Mittel wären eigentlich ein Überschuß und würden am Jahresende in die Rücklagen fließen, erklärt Reisner. Wie hoch die Rücklagen der Kammer insgesamt sind und wo und wie sie veranlagt sind, will Reisner nicht öffentlich sagen. Der Wohlfahrtsfonds sei jedenfalls nicht betroffen. „Da der Wohlfahrtsfonds eine von der Ärztekammer finanziell getrennte Organisation ist und Gelder für die Pensionsvorsorge auch nicht bei der Commerzialbank Mattersburg veranlagt waren, ist der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer in keinster Weise betroffen“, teilt die Kammer offiziell mit. (rüm)