Ein Drittel der Diabetiker:innen bricht die Therapie ab, wie die erste österreichische Studie zur Diabetes-Inzidenz zeigt. Auch starke regionale Unterschiede waren zu sehen.
Die Datenlage zu Diabetes in Österreich war bisher eher mau. Viele Zahlen zu Österreicher:innen mit Typ-2-Diabetes beruhten auf Schätzungen oder Befragungen, einschlägige Studien gab es in diesem Sinne nicht. Ein Forschungsteam der MedUni Wien und des Complexity Science Hub Vienna führte nun erstmals nationale wissenschaftliche Untersuchungen durch. Mit einem besorgniserregenden Ergebnis: Jede:r dritte Diabetes-Patient:in bricht die Therapie ab und verzichtet mindestens ein Jahr lang auf ärztliche Kontrollen und/oder Medikamente. Laut Studie hat diese Gruppe eine höhere Sterblichkeit als jene Diabteriker:innen, die sich regelmäßig behandeln (lassen). „Obwohl weder die Ursache für die Sterblichkeit bei den Angehörigen dieser Untergruppe bekannt ist noch ein kausaler Zusammenhang zwischen abgebrochener Behandlung und Mortalität nachgewiesen ist, können wir aus klinischer Sicht eine Art von Verbindung nicht ausschließen“, betont Studienleiterin Alexandra Kautzky-Willer von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien. Therapietreue könne vor allem bei Diabetes schwere Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenversagen, Erblindung oder Neuropathien verhindern.
Die Untersuchungen zeigten noch weitere Besonderheiten: Die Inzidenzkarte bestätigt das schon in früheren Studien festgestellte Ost-West-Gefälle mit den höchsten Raten in nordöstlichen Bezirken (insbesondere Bruck/Leitha), offenbart aber auch neue Diabetes-Cluster im Westen (Bezirke Imst und Schwaz sowie Innsbruck Stadt). „Diesen neuen Clustern muss genauso viel Beachtung geschenkt werden wie der großen Zahl jener, die die Diabetes-Behandlung abbrechen“, folgert Kautzky-Willer, die sich für weitere Studien einsetzt, um Gründe für die Clusterbildung sowie für den Therapieabbruch zu erforschen.
Für die Studie, welche im Fachjournal „Scientific Reports“ publiziert wurde, erhoben die Forscher:innen die Anzahl an Patient:innen, die zwischen 2012 und 2017 eine medikamentöse (antihyperglykämische) Behandlung erhielten und/oder sich einer ärztlichen Überwachung des Bluttzuckerwerts (HbA1c) unterzogen haben. Der Datensatz stammte vom Dachverband der Sozialversicherungsträger. Insgesamt wurden Daten von 746.184 Patient:innen analysiert, wovon 268.680 Personen die Therapie für mindestens 12 Monate abgebrochen haben und gleichzeitig eine erhöhte Mortalität aufwiesen. Mit 140.960 Zugehörigen waren in dieser Gruppe mehr Frauen als Männer. (kagr)
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