Was bringt 2025 und wie sehen die Forderungen der Apothekerschaft aus? RELATUS PHARM sprach darüber mit Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch Edlmayr.
Wie sehen Ihre wichtigsten Forderungen an eine kommende Bundesregierung aus? Zunächst fordern wir im Namen der mehr als 7.000 Apothekerinnen und Apotheker in Österreich ein klares Bekenntnis der Politik zur Aufrechterhaltung der bestehenden Apothekerstruktur. Nur so können die öffentlichen Apotheken ihren flächendeckenden Versorgungsauftrag jederzeit auf höchstem Niveau erfüllen. Ein zentraler Punkt dabei ist der Apothekenvorbehalt, er garantiert die sichere Arzneimittelversorgung und muss gegen jegliche Aufweichung und die Profitinteressen multinationaler Online-Konzerne verteidigt werden. Um die hohe Qualität der persönlichen Arzneimittelberatung zu garantieren, dürfen rezeptpflichtige Arzneimittel nicht über den Versandhandel vertrieben werden. Das System der Rund-um-die-Uhr-versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln darf nicht durch ärztliche Notabgabestellen für Medikamente, die sogenannten Hausapotheken, gefährdet werden. Vergessen wir nicht: Die Trennung zwischen Arzt- und Apothekerberuf besteht seit dem Mittelalter und hat sich bis heute, nicht zuletzt wegen des „Vier-Augen-Prinzips“ zum Wohle der Patientinnen und Patienten, bestens bewährt.
Diese Forderung aus der Standesvertretung ist naheliegend. Wie sieht es mit anderen Themen aus? Zur Förderung von Vorsorgemaßnahmen und Früherkennung braucht es eine bundesweite Präventionsstrategie mit klaren Verantwortlichkeiten und Finanzierung aus einer Hand. Denn präventive Maßnahmen sowie eine Förderung gesunder Ernährungs- und Lebensweisen reduzieren langfristig Kosten im medizinischen Bereich, wirken der Überlastung entgegen und verbessern die Lebensqualität der Menschen. Jede erfolgreiche Präventionsmaßnahme ist auch eine Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit: Je besser die Gesundheitsförderung, desto geringer die krankheitsbedingten Fehltage. Aufgrund ihrer gleichmäßigen Verteilung in ganz Österreich sind die öffentlichen Apotheken ein entscheidender Schlüssel zur gerechten Harmonisierung präventiver Leistungen. Besondere Bedeutung kommt dabei der Versorgungswirksamkeit und der Wirkungsorientierung im Gesundheitssystem zu. Präventive Maßnahmen, die über die Apotheken angeboten und abgerechnet werden, sind wirksam, treffsicher, nachhaltig und kosteneffizient. Daher unsere Forderung nach einer Präventionsstrategie durch die kommende Regierung.
Wie soll diese aussehen? Wir sollten Apotheken als Erstanlaufstelle für Patient:innen etablieren, mit dem Ziel der effizienteren Begleitung der Patient:innen durch das Gesundheitssystem. Denn dank Wohnortnähe, langen Öffnungszeiten und fachlicher Expertise können Apotheken Patient:innen noch vor dem Eintritt in die medizinische Versorgung mit Ärzt:innen beraten und bei Bedarf gezielt an die richtige medizinische Einrichtung verweisen. So wird die Versorgung für alle optimiert: Ordinationen und Spitäler können sich um die Menschen kümmern, die nicht nur ein gesundheitliches Anliegen oder eine Frage haben, sondern medizinische Versorgung brauchen. Deswegen fordern wir unter anderem eine virtuelle Ordination inklusive „Fast Lane“ für Apotheken im Bedarfsfall – zumindest zu den Randzeiten, also an Freitagnachmittagen und an den Wochenenden, wenn viele stationäre Ordinationen geschlossen sind.
Viele Wirtschaftsfachleute und Politiker:innen kritisieren angesichts der angespannten Budgetsituation Ausgaben im Gesundheitswesen. Steigt der Spardruck und was gibt es für Alternativen? Die aktuelle wirtschaftliche Situation ist für viele Apothekerinnen und Apotheker herausfordernd. Steigende Energie-, Personal- und Kreditkosten bringen die Apotheken in Schwierigkeiten. Sie haben aufgrund des staatlichen Versorgungsauftrags und der Preisvorgaben im Erstattungsbereich kaum Möglichkeiten, auf diese Mehrkosten zu reagieren. Außerdem sind viele apothekerlichen Leistungen entweder gar nicht bezahlt oder großteils unterfinanziert. Unsere Forderung daher: Es braucht eine angemessene und faire Entlohnung. Die Leistungen der Apotheken im Rahmen der Versorgung müssen fair abgegolten werden und dürfen nicht von der Querfinanzierung durch den Privatverkauf abhängig sein. Die Aufrechterhaltung der Versorgung in strukturschwachen Regionen und umsatzschwachen Zeiten, Stichwort Nachtdienste, muss gesondert gesichert und gefördert werden. Im Bereich der Prävention und der Versorgungspfade sollen die Apotheken und andere Gesundheitsberufe eine klare und verbindliche Rolle einnehmen.
Wie lassen sich die Apotheken stärken? Die Apothekerschaft kann wie gesagt einen wichtigen Beitrag leisten, die Gesundheitsversorgung der Menschen spürbar zu verbessern. Die öffentlichen Apotheken sind die niederschwelligste gesundheitliche Anlaufstelle mit persönlicher Betreuung, die es in Österreich gibt. Dank ihrer Wohnortnähe und der fachlichen persönlichen Beratung sind sie der Garant für eine flächendeckende und gerechte Daseinsvorsorge der Menschen. Apotheken sind regionale Resilienz-Einheiten, die im Sinne eines qualitativ hochwertigen, effizienten und solidarischen Gesundheitssystems gestärkt und umfassender eingesetzt werden sollten. Hier schließt sich der Kreis zu unseren Forderungen an die Regierung. (Das Interview führte Martin Rümmele)