Die Abhängigkeit von Arzneimitteln aus Asien sei mittel- und langfristig eine große Gefahr, sagt der Präsident des Apothekerverbandes Jürgen Rehak. Er fordert einen „Wiederaufbau“ der Pharma-Produktion in Europa.
„Eines macht uns die Krise im Gesundheitsbereich besonders deutlich: die Gesundheitssysteme in Europa sind in einem alarmierenden Maß von Asien abhängig! Und da spreche ich nicht nur für die Apothekerschaft, die sich mit der Herausforderung konfrontiert sieht, dass wichtige Arzneimittel drohen aus zu gehen. Auch Schutzmasken und Handschuhe sind von den Engpässen betroffen“, warnt Rehak. So seien etwa Engpässe im Bereich der Schmerzmittel auch in Zukunft zu erwarten, weil das Produktionsland Indien nun Exportverbote für 26 Arzneistoffe, darunter Paracetamol verhängte.
Die Ursachen für Lieferengpässe bei Arzneimitteln seien zwar mehrdimensional, einer der wichtigsten Gründe liege aber in der verlagerten Produktion. „In unserer globalisierten Welt wird der Großteil der Medikamente an wenigen Standorten in China und Indien produziert, die inzwischen schon eine Beinahe-Monopol-Stellung eingenommen haben.“ Treten daher in einem Land Produktionsprobleme oder gar Lieferstopps auf, wirken sie sich weltweit aus – das spüre man auch in Österreich. Hinzu komme, dass Österreich im Arzneimittelsektor ein Niedrigpreisland ist und ein dementsprechend wenig attraktiver Absatzmarkt. „Großhandel und Apotheken sind daher mit anfälligen und sensiblen Lieferketten, einer Zentralisierung der Produktion und steigenden Verfügbarkeitsproblemen durch Preissenkungen bei den Medikamenten konfrontiert.“ Für Rehak ist deshalb klar: „Um Lieferengpässen entgegenzuwirken, müssen wir auf einen Wiederaufbau der Arzneimittel-Produktion in Europa setzen, um die Abhängigkeit mittel- und langfristig zu reduzieren. Das ist eine gesamteuropäische Aufgabe und es ist unsere einzige Chance.“ Der Österreichische Apothekerverband appelliert deshalb an die Bundesregierung sowie die großen Pharmafirmen, sich bewusst zu machen, dass man sich hier einer Gefahr aussetzt. Denn nicht nur Schmerzmittel werden in Österreich knapp, auch Antibiotika kommen fast ausschließlich aus Asien und können im schlimmsten Fall – wie das Exportverbot von 26 Arzneistoffen aus Indien beweist – mit Ausfuhrverboten belegt werden. „Diese selbstverschuldete Verletzlichkeit der österreichischen und europäischen Gesundheitsversorgung muss strategisch und konsequent repariert werden“, fordert der Verbandspräsident. (red)