Nach der Corona-Pandemie will die EU-Kommission Lücken in der europäischen Arzneimittelversorgung schließen. Gleichzeitig sollen neue Medikamente möglichst für alle Bürger zugänglich und erschwinglich bleiben. Das sind die Ziele einer umfassenden Pharma-Strategie, die die Kommission nun vorlegte.
Zu Beginn der Pandemie war deutlich geworden, wie abhängig Europa vom Import von Arzneien und Grundstoffen aus Asien ist. Zeitweise wurde vor Verschärfung von Engpässen in den Apotheken gewarnt. Die Kommission will deshalb die Pharmagesetzgebung überholen. Die Arzneimittelbehörde EMA soll künftig Engpässe frühzeitig aufdecken und gegensteuern. Die Pharma-Strategie schlägt aber einen viel weiteren Bogen. So regt die Kommission eine engere Zusammenarbeit der EU-Staaten bei Regeln für Preisfindung, Bezahlung und Beschaffung von Arzneien an. Die Kommission zielt darauf ab, Bereiche in den Lieferketten von Medikamenten und Wirkstoffen zu identifizieren, die besonders krisenanfällig sind und dort eine europaweite Transparenz bezüglich der Produktion und der Bestände zu etablieren.
Ziel sind zudem bezahlbare Preise und Kosteneffizienz, wie die Behörde mitteilte. Für mehr als 50 Prozent der Haushalte in der EU seien die Kosten für Medikamente eine finanzielle Belastung oder sogar eine hohe Belastung. Teil der Strategie ist weiters eine umweltfreundlichere Entwicklung, Produktion und Entsorgung von Arzneien. Auch dafür sollen nötigenfalls Regeln geändert werden, auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) begrüßte die Pläne der Kommission. Es sei eine „große Chance, die Rahmenbedingungen für die Pharmaindustrie in Österreich und Europa weiterzuentwickeln“, hieß es in einer Aussendung. „Insbesondere Maßnahmen zur Stärkung von Forschung und Innovation werden sich positiv auf die Verfügbarkeit wichtiger Therapien auswirken“, sagte Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO.
Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG, weist auf die Bedeutung des Themas Patentschutz, denn dieser sei ein wichtiger Anreiz für jedwede Forschungstätigkeit. „Werden hier Maßnahmen gesetzt, die diesen bisher starken Patentschutz aufweichen, wird sich das negativ auf die Forschungstätigkeit innerhalb Europas auswirken. Dabei zeigt uns gerade die jetzige Situation, wie enorm wertvoll Forschung per se ist, aber auch, dass diese Forschung in Europa passiert“, erklärte Herzog. Man begrüße aber jedenfalls Bemühungen in Richtung schnellere, harmonisierte und vereinfachte Prozesse zur Beurteilung und Zulassung von neuen Medikamenten – bei allen bestehenden Sicherheitsauflagen. „Denn das ist ein Weg, um diesen auch rasch den Patientinnen und Patienten zur Verfügung zu stellen“, sagte Herzog. (red)