Die Pharmaindustrie kritisiert, dass in Österreich neue Therapien teilweise schwerer zugänglich sind als in Deutschland. Pläne der Regierung könnten das verschärfen, so die Sorge.
Der Zugang zu innovativen Therapien ist seit Jahren ein Thema intensiver Diskussionen in Österreich. Das von der Regierung und den Bundesländern geplante Bewertungsboard für teure Medikamente in Spitälern könnte das verschärfen, fürchtet die Pharmabranche. Auch Apotheken könnten betroffen sein, wenn innovative Medikamente aus dem Spitalssektor in den ambulanten Bereich verlagert werden. Jetzt zeigt eine von der Industrie in Auftrag gegebene Studie des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung im niedergelassenen Bereich einen markanten Nachholbedarf gegenüber Deutschland. Neue Therapien sind teilweise deutlich schwerer zugänglich als in unserem Nachbarland. Im Spitalssektor zeigte die Studie hingegen eine durchwegs gute und mit Deutschland vergleichbare Lage. Innovative Medikamente sind in diesem Bereich rasch und umfassend für die Patient:innen verfügbar.
„Diese Situation dürfen wir auf keinen Fall aufs Spiel setzen“, appelliert Leif Moll, Vizepräsident des Forums der forschenden Industrie in Österreich (FOPI) an die politischen Entscheidungsträger:innen in der aktuellen Aufgabe der Umsetzung der Gesetze in die Praxis. „Das neue Instrument des Bewertungsboards kann eine Chance sein, wenn es dazu beiträgt, den Zugang aller Menschen in Österreich zu medizinischer Innovation auf hohem Niveau zu standardisieren und regionale Unterschiede abzubauen.“ Gleichzeitig berge ein solches Instrument aber das Risiko, den aktuell guten Patient:innenzugang zu verschlechtern, gerade im Spitalsbereich, betont Moll.
„Wir begrüßen den österreichweit einheitlichen Einsatz von innovativen Arzneimitteln – unabhängig von Herkunftsbundesland der Patient:innen und vom Ort der Therapie. Es darf aber nicht zu einer Verzögerung durch einen langwierigen, zeitintensiven Evaluierungs-Prozess kommen, und es muss die Therapiefreiheit der Ärzteschaft unangetastet bleiben. Schließlich muss das praktische Wissen klinisch tätiger Expert:innen in den Bewertungsprozess einfließen, was die aktuelle Gesetzeslage leider nicht ausreichend verankert. Denn letztlich haben die Patient:innen in Österreich ein Recht darauf, eine Therapie nach jeweils aktuellem Stand der internationalen Wissenschaft zu erhalten, was den ehestmöglichen Zugang zu neuzugelassenen medizinischen Innovationen eindeutig einschließt.“
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hatte zuletzt darauf verwiesen, dass in der noch zu erstellenden Geschäftsordnung des neuen Gremiums festgeschrieben werden soll, dass die behandelnden Ärzt:innen bei der Therapieentscheidung das letzte Wort haben sollen. (rüm)