Der Chef des Arzneimittelherstellers Boehringer Ingelheim sieht den Pharmastandort Europa bedroht, falls der Patentschutz für forschende Unternehmen in der EU abgeschwächt wird.
„Ich verfolge derzeit mit großer Sorge die Beratungen in der EU über die neue Arzneimittelstrategie“, sagte Hubertus von Baumbach der Deutschen Presse-Agentur. „Da wird intensiv über Einschränkungen des Schutzes geistigen Eigentums diskutiert, um damit vermeintlich den Zugriff auf Medikamente und ihre Verteilung zu erleichtern.“ Sollte dies geschehen, werde die EU für Pharmaunternehmen weiter an Attraktivität verlieren und hier „noch weniger geforscht“, warnte von Baumbach, der auch Präsident des europäischen Dachverbandes forschender Pharmaunternehmen (EFPIA) ist. „Bei weiteren Einschränkungen des Patentschutzes wird es auf lange Sicht keine Innovationen mehr aus Europa geben.“ Das werde auch den Patienten in Europa schaden, sagte er.
Um den Zugang von Patienten zu neuen Arzneien europaweit zu erhalten, sei es besser, das „Prinzip der Solidarität“ in der EU wieder anzuwenden. Die Preise richteten sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in den jeweiligen Ländern, sagte er. „Die reichen Länder müssen helfen, die Innovationen zu finanzieren, damit in Europa dann alle Patienten – auch in den wirtschaftlich schwächeren Staaten – von dem Fortschritt profitieren können.“ Die Pharmaindustrie beschäftige 840.000 Menschen in der EU, davon 125.000 in Forschung und Entwicklung, und erwirtschafte über 100 Milliarden Euro Außenhandelsüberschuss pro Jahr – mehr als etwa die Autoindustrie. „Wenn Europa sich in der Welt und den sich neu bildenden Blöcken strategisch positionieren will, muss es an seine wirtschaftliche Stärke denken und damit auch an die innovative Pharmaindustrie als eine seiner Zukunftsindustrien“, sagte von Baumbach. (APA)