Corona zieht die Krankenversicherungen tief ins Minus. Der Vorsitzende des Dachverbandes der Sozialversicherungen, Peter Lehner, sieht das System dennoch nicht gefährdet. Der Fusionsprozess helfe den Kassen jetzt, meint er im RELATUS-Interview.
Das Defizit der ÖGK soll wie berichtet heuer coronabedingt auf bis zu eine Milliarde Euro explodieren: die Ausgaben steigen, die Einnahmen sinken durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Die genauen Auswirkungen könne man derzeit noch nicht abschätzen, sagt Peter Lehner, Vorsitzender des Dachverbandes der Sozialversicherungen. Die Beitragseinnahmen würden jedenfalls in einem Maße einbrechen, das bisher undenkbar schein. Ob es für ÖGK eine Unterstützung des Bundes braucht, wie das zuletzt ÖGK-Vize Andreas Huss gefordert hat, traue er Lehner nicht zu sagen. „Das ist von der ÖGK selbst zu bewerten. Meine Unterstützung als oberstem Lobbyist der Sozialversicherung haben sie in jedem Fall.“ Er habe aber großes Vertrauen an die Selbstverwaltung und gehe nicht davon aus, dass Corona das Sozialversicherungssystem an die Grenzen bringt. „Die Menschen erwarten sich eine gute Versorgung und dass die Sozialversicherung funktioniert.“ Und insgesamt halte er das berufsständische Prinzip nach wie vor besser, wie ein Staatliches, das nicht besser, günstiger und treffsicherer wäre. Lehner will aber nicht ausschließen, dass es staatliche Hilfe für die Versicherung gibt, ähnlich wie derzeit ja auch den Unternehmen geholfen werde.
Dass Corona den laufenden Fusionsprozess der Kassen bremst, denkt der Kassenchef nicht. Vielmehr hätten die Fusionen geholfen, jetzt rasche Entscheidungen treffen zu können. „Die Selbstverwaltung ist jetzt ein kleinerer Kreis und hat jede Woche im Dachverband eine Videokonferenz – wir stimmen uns hier ab. Es ist auch im Bereich Vertrauen viel Positives geschehen. Es hat sich gezeigt, dass es leichter managebar ist als bei 21 Kassen. Das ist eine Bestätigung der Strategie – das System ist handlungsfähig und kann schnell reagieren.“ Es sei jetzt darum gegangen zu funktionieren und das habe die gesamte Sozialversicherung gezeigt. „Der Dank geht an alle Beschäftigten – sie haben Tag und Nacht gearbeitet, um die verschiedensten Lösungen zu finden. Die Aufgaben waren dabei teilweise sehr herausfordernd.“ (rüm)