Die in vielen Ländern wieder steigenden Infektionszahlen erfüllen Experten mit Sorge. Die WHO sieht aber noch keine zweite Welle, sondern eine wachsende Sorglosigkeit als Ursache. Auch in Österreich warnt Simulationsexperte Popper davor Schutzmaßnahmen zu vernachlässigen.
Die jüngst wieder steigenden Zahlen an nachgewiesenen Corona-Infektionen in vielen Ländern sind nach Meinung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kein Anzeichen einer zweiten Welle. Vielmehr handle es sich um einen zweiten Höhepunkt der ersten Welle, sagte der WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan. „Was wir jetzt in vielen Ländern erleben, ist ein zweiter Höhepunkt der ersten Welle in vielen Ländern, wo das Virus nicht genug unterdrückt worden ist, um eine Übertragung der Krankheit zu verhindern“, sagte Ryan. Um so mehr müssten Maßnahmen wie Handhygiene, Abstand halten und Isolation von Infizierten und ihren Kontakten konsequent weiter angewendet werden. „Sonst könnten wir eine Situation bekommen, wo das Infektionsniveau anhaltend höher ist als wir es wirklich wollen.“
Die Zahl der globalen Neuinfektionen ist nach Angaben der WHO auf ein Rekordhoch gestiegen. Mit 212.326 liege die Zahl so hoch wie nie zuvor an einem Tag, teilt die Organisation mit. In Europa gab es demnach zuletzt knapp 20.000 neue Fälle. Insgesamt liegt die Zahl der Infizierten nach WHO-Zählung damit weltweit bei rund 10,9 Millionen. Die Zahl der Toten steigt um 5.134 auf 523.011.
Die nächsten Wochen seien entscheidend für den weiteren Verlauf der Corona-Epidemie in Österreich, sagte Simulationsexperte Niki Popper zur APA. Die große Frage sei, wie gut und schnell Testen, Tracing und Containment funktioniere. „Wenn wir die lokalen Wiederanstiege nicht in den Griff bekommen, ist es nicht unwahrscheinlich, schon im Sommer ein Problem mit steigenden Fallzahlen zu bekommen.“ Sorgen bereiten den Simulationsexperten von der Technischen Universität Wien lokale Herde wie in Salzburg oder Oberösterreich. „Dass Fälle wie in Oberösterreich gefunden werden, ist nicht negativ, sondern zeigt, dass getestet wird. Wir werden uns an solche Cluster gewöhnen müssen. Was wir aber nicht wissen ist, wie schnell und wie konsequent das Containment regional in den Bundesländern funktioniert“, sagt Popper. Ein täglicher Anstieg an Neuinfektionen im knapp dreistelligen Bereich sei grundsätzlich nicht so drastisch zu sehen. Wenn das so bliebe, würde es beweisen, dass das Containment funktioniere. Es stelle sich nun aber „die Frage, ob sich das Wachstum weiter beschleunigt“. Ob man das jetzt „Zweite Welle“ nenne oder wie die WHO als „Wiederaufflackern“ sei sekundär. „Das Virus hat die nette Eigenschaft, dass das Containment sehr gut funktioniert. Aber man muss es – so die Simulationsergebnisse – halt gut machen“, sagt der Experte. Entscheidend seien schnelle Tests und die Nachverfolgung von Kontakten sowie das konsequente Containment, also bei einem positiven Testergebnis die Isolierung des Umfelds in sehr kurzer Zeit. (red/APA)